„Olli Banjo – schizogenial?“
Künstler wie Olli Banjo sind sehr selten in HipHop-Deutschland. Mit diesem Namen verbindet das Gedächtnis automatisch eine enorme Bandbreite an Visualisierungen. Da wäre der Schockeffekt von „Zwei Mäc Ripp, Bitte“, dann die Hommage an das weibliche Hinterteil mit „Dein Arsch“, Sozialkritik im Stile von „Deutschland“ und nun das Crossover-Brett „Wie Ein Schuss“. Olli scheint kein Problem zu haben, seine Meinung klar zum Ausdruck zu bringen, was unter anderem Flipstarr und Raptile am eigenen Leib zu spüren bekamen.
Nach seinem Mixtape vom letzten Jahr, „Sparring“, kommt der Wahlkölner nun mit seinem zweiten Studioalbum, das den Namen „Schizogenie“ trägt, und auch hier wird wieder klar, dass eine Kategorisierung Olli Banjos so gut wie unmöglich ist.
An einem sonnigen Montag trafen wir uns mit dem „Schizzogenie“ in Köln, um mehr über seine Gedankenwelt, sein Bild von HipHop in Deutschland, Groupie Love und seine Bindung zu Heavy Metal zu erfahren.
rap.de: Als du im vergangenen Jahr „Sparring“ rausgebracht hast, sollte „Schizogenie“ eigentlich direkt im Anschluss erscheinen. Wieso hat es nun doch knapp ein Jahr gedauert, bis es zur Veröffentlichung gekommen ist?
Ollie Banjo: Es war einfach so, dass wir mehrere Angebote von verschiedenen Majors hatten, die das Ding rausbringen wollten. Wir waren die ganze Zeit in Verhandlungen gewesen und deshalb hat sich die Sache auch knapp um ein Jahr verschoben. Letztendlich konnten wir uns mit niemandem einigen, zum einen, was das Geld angeht und zum anderen hat mir die Philosophie bei vielen nicht gestimmt. Darauf haben wir uns gedacht: „Scheiß drauf! Bevor wir irgendwelche Kompromisse eingehen, machen wir es lieber selber.“ Das war für uns einfach die homogenste Lösung.
rap.de: „Schizzogenie“ wurde ja wieder größtenteils von Roman (Roe Beardie, Anm.d.Verf.) produziert. Wie ist denn seine Aufgabe im Allgemeinen bezüglich des Projektes „Olli Banjo“? Stellt er nur die Beats oder ist er auch weiter integriert?
Ollie Banjo: Er ist auf jeden Fall weiter integriert. Wir sind so ein Band-Ding, das Verhältnis ist genau 50 / 50. Wir sprechen uns ab und entwickeln gemeinsam Ideen und Konzepte fürs Album. Auch die Skits haben wir alle zusammen gemacht. Von A – Z ist das Ding halt Roman & Olli. Wenn er gerade einen Beat gemacht hat, den ich cool finde, dann arbeiten wir daran. Genauso wie er mir auch manchmal sagt, dass ich hier und da was anders machen soll. Das berücksichtige ich dann auch und verändere es, denn ich bin ja nun aus dem Alter raus, wo ich mir nichts sagen lasse und dickköpfig bleibe. Der Typ ist einfach eine Legende. Der hat soviel Erfahrung als Produzent, dass es vermessen und bescheuert wäre, nicht auf so jemanden zu hören. Er ist für mich der deutsche Dre.
rap.de: Der Name „Schizzogenie“ ist ja ziemlich widersprüchlich. Wie kamst du zur Namensfindung?
Ollie Banjo: Zum einen, weil das Album sehr vielseitig ist: Es gibt Battlezeug, es gibt deepe Lyrics und es gibt lustige Sachen. Das mag auf den ein oder anderen Hörer, der sich meine Musik nur oberflächlich gibt, schizophren klingen, wenn ich auf der einen Seite einen Song wie „Nicht Nur `Ne Hoe“, der ums Ficken geht, mache und dann kurz darauf einen kritischen Song gegen A.I.D.S. bringe. Das ist für die komisch. Wer meine Platten kennt, der weiß, wie er das zu verstehen hat. Deswegen „Schizzo“. Viele Leute kamen zu mir und sagten, dass sie mich genial fanden. Das haben wir dann halt aufgeschnappt und „Schizzogenie“ draus gemacht.
rap.de: Auf „Sparring“ hast du dich ja quer durch Deutschland gefeaturet. Dein neues Album zählt nur drei Gäste. Legst du da besonders viel Wert drauf, dass dein Album hauptsächlich aus „Olli Banjo“ besteht?
Ollie Banjo: Genau. Ich will den Leuten möglichst viel von mir zeigen – deswegen gibt’s auf meinen Alben auch wenig Features. Darum habe ich „Sparring“ gemacht, was ja eher als Mixtape fungiert hat.
rap.de: Leute reagieren auf den Namen „Olli Banjo“ sehr verschieden. Einige benutzen im Zusammenhang mit deinem Namen die Begriffe „Psycho“ sowie „Psychorapper“. Ist das für dich eine Beleidigung oder ist das ein Ziel von dir, dass du nicht als nächster 08 / 15 Rapper abgestempelt wirst?
Ollie Banjo: Weder – noch. Mir ist das auch schon oft passiert, dass man mich so betitelt hat. Bei meiner ehemaligen Plattenfirma, der EMI, hat der A&R, der mich gesignt hat, auch schon so ein bisschen Angst gehabt. Der hat, als er mich noch nicht so kannte, nicht gewusst, ob er mich in ein Meeting setzen kann. Einige andere Leute haben auch schon ein wenig Angst. Das ist vollkommener Quatsch. Klar, das wirkt auf jeden Fall so und ich hab bestimmt auch einen an der Klatsche, auf die eine oder andere Art mit Sicherheit, aber ich bin jetzt kein Psychopath oder so etwas.
rap.de: Auf „Sparring“ hattest du ja diese Line: „Brothers Keepers featuren mich nicht, denn ich bin der neue Adolf Hitler“. War Xavier Naidoos Feature auf „Ich Wünsch Mir“ so eine Art Wiedergutmachung?
Ollie Banjo: Ne, mit Xavier zusammenzuarbeiten, war natürlich hammer und ist natürlich eine Riesenehre für mich gewesen. Wir haben uns kennen gelernt bei so einem Viva-Auftritt. Da meinte er zu mir, dass er ein Riesenfan von mir sei, wo ich mir gedacht hab: „Wow! Xavier Naidoo ist so ein Riesending und der ist ein Fan von mir? Is ja krass !“ Und dass wir einen Track zusammen gemacht haben, ist, wie gesagt, eine Ehre. Mit den Brothers Keepers habe ich auch überhaupt kein Problem. Da gibt es Leute, die da mitmachen, die finde ich cool und welche, die ich halt nicht so cool finde. D-Flame find ich zum Beispiel cool. Die haben mich ja jetzt auch gefragt, ob ich bei denen rappen will. Ade hat mal mit mir Kontakt aufgenommen. Ich hab nichts gegen die. Die machen das für eine gute Sache. Ich muss ja keinen Track mit denen machen und kann aber trotzdem sagen, dass sie weiter machen sollen. Ist ja für einen guten Zweck. One Love ! Keine Haterei oder so.
rap.de: Der Song beinhaltet weiterhin die Line: „Ich würd mich gern mal wieder so fühlen wie ein Kind“. Ist denn erwachsen werden so schwer?
Ollie Banjo: Auf jeden Fall. Dieses ganze „Verantwortung übernehmen“ und so. Wobei wir Künstler ja den Vorteil haben, dass wir unsere Jugend verlängern können. Wenn ich mir vorstelle, ich müsste so einen Job machen – was ja auch passieren kann. Stell dir vor, die ganzen Kids ziehen sich meine Platte aus dem Internet und keiner kauft sie mehr. Dann muss ich irgendwann als … was weiß ich arbeiten. Es ist schon so, dass ich mich mal wieder so fühlen wollen würde wie ein Kind – dieser Tunnelblick, dieses Naive, was kommt noch, das ganze Leben ist ein Spielplatz. Das fehlt mir schon so ein bisschen, aber da muss jeder durch.
rap.de: Schränkt es dich in deiner Art ein? Kannst du jetzt Rap-mäßig Sachen nicht mehr machen, die du früher noch machen konntest?
Ollie Banjo: Nein, ich kann schon alles machen. Aber es ist schon so, dass meine Platte auch erwachsener geworden ist. „Schizogenie“ ist auf jeden Fall erwachsener, dunkler und böser geworden. Was jetzt auch nicht heißt, dass erwachsen werden meint, verbittert zu werden. Es ist auf jeden Fall fresh, aber es ist schon so, dass man seine Ansichten ändert und über so Verantwortungsdinger nachdenkt, das passiert schon. Wenn man halt sieht, dass das Umfeld und die Kumpels alle anfangen, Kinder zu kriegen…dann denkst du schon mal über die eine oder andere Zeile nach.
rap.de: „Schönes Kind“ ist ja ein sehr persönlicher Track, in dem du dein Leben Revue passieren lässt und von den Drogenexzessen sowie dem Fehlen deines Vaters berichtest. Du hast ja des Öfteren einen Hang zum Übertreiben, aber der Track ist wohl 100%ig autobiografisch, oder?
Ollie Banjo: Ja, der Track ist 100%ig autobiografisch und das mit den Drogen ist auch wirklich so passiert. Wir haben ja eben mal kurz über das Dorian Gray (ehemalige Techno-Diskothek in Frankfurt, Anm.d.Verf.) gesprochen – da habe ich viel Pillen gefressen und Party gefeiert. Es ist grundsätzlich so, dass meine Lyrics immer mit mir zu tun haben. Auch wenn die noch so fiktiv klingen mögen wie auf „Baseballschläger“, die haben auf jeden Fall mit mir zu tun. Auch wenn der ein oder andere Satz übertrieben ist, ist es immer noch das, was ich erlebt habe.
rap.de: Gut, dass du „Baseballschläger“ angesprochen hast. Ist der Track kurz nach der Trennung von deiner damaligen Freundin entstanden und hat sich das mit dem guten Freund wirklich so ereignet?
Ollie Banjo: Also, sie war nicht mehr mit mir zusammen, hat aber trotzdem was mit einem Kumpel von mir gehabt und das hat sich scheiße angefühlt. Da bin ich dann echt ein bisschen durchgedreht und davon handelt der Song. Das stimmt schon so, wobei ich sie natürlich nicht in den Kofferraum eingesperrt habe, aber das mit dem Baseballschläger … das ist schon ein bisschen so passiert.
rap.de: Auf dem Skit zu „Polizei“ ähneln die Stimme sowie deren Akzent ziemlich stark an die von Adolf Hitler. Wolltest du hiermit zeigen, dass du als Afro-Deutscher aufgrund deines Äußeren von der Polizei anders behandelt wirst?
Ollie Banjo: Da gibt es schon regionale Unterschiede. Hier in Köln wird man da gar nicht anders behandelt, das ist total relaxt. Wenn ich dann aber in Aschaffenburg bin, dann ist das schon wieder ganz anders. Wenn wir auf Tour sind, dann fahren wir halt durch ganz Deutschland und dann merkst du die Unterschiede bei der Polizei, wenn wir dann angehalten werden, und das werden wir ab und zu. Baden-Württemberg ist schlimm und Bayern ist ganz Krise! Da wirst du dann wegen dem Klischee auch anders behandelt. Die differenzieren nicht. Die schauen: „OK, der ist schwarz. Der wird jetzt mal rausgeholt.“ Die denken nicht: „Wie sieht er denn jetzt aus, dieser Schwarze? Ist das ein Typ, der Crack verkaufen könnte oder ist das einfach nur ein Typ, der weite Hosen anhat ?“ Dieser differenzierende Blick fehlt mir einfach bei der Polizei. Da sollten die mal drin geschult werden und deswegen haben die das voll verdient.
rap.de: In deinen Songs konnte man feststellen, dass du keine Probleme damit hast, den Namen „Hitler“ in verschiedene Bezüge miteinzubauen. Jedem sollte klar sein, wie das zu deuten ist. Wie stehst du nun zu den jüngeren Vorfällen, speziell im Falle von Fler und dieser Nazi-Rapgruppe, die in Dresden aufgetaucht ist?
Ollie Banjo: (geschockt) Ich wusste gar nicht, dass es eine Nazi-Rapgruppe gibt. Krass!!! Ich bin geschockt. Wie funktioniert so was? Sehen die so aus wie wir – mit Baggys und so?
rap.de: Weiß ich nicht genau. Ich weiß nur, dass sie Rap als Ausdrucksform für ihr rechtsradikales Gedankengut gewählt haben…
Ollie Banjo: Echt jetzt?! Das ist ja verrückt, Alter! Ja, das Ding ist halt … ich glaub nicht, dass das Zukunft hat! Das Ding ist ja immer, wie sich so was verselbstständigt. Natürlich hat das nichts mit der Kultur HipHop zu tun, denn es ist ja das genaue Gegenteil. Wenn sich so was verselbstständigt und etwas Eigenes bildet, ist das natürlich gefährlich. Also, ich bin geschockt … ich weiß darüber nichts. Krass !
rap.de: HipHop sah sich zunehmend im Kreuzfeuer der Presse sowie auch der Politik. Das Thema „Index“ hat nicht nur eher unbekannte Künstler, sondern auch namhafte wie Kool Savas, Sido und Bushido erwischt. Du nimmst ja auch kein Blatt vor den Mund. Schreibt man seine Texte jetzt etwas anders und hat das Thema im Hinterkopf?
Ollie Banjo: Also, beim Schreiben denkt man da überhaupt nicht drüber nach, da will man einfach nur rappen. Das ist aber schon eine problematische Diskussion, die im Moment stattfindet, die ich auch nicht ganz nachvollziehen kann. Warum passiert das genau jetzt, wo doch die Wahlkämpfe anstehen? Will die SPD das noch in ihren Wahlkampf miteinbauen? Rap hat schon immer das gesagt, was er wollte. Genau die Frau, die jetzt Sido und Aggro verbieten will, kauft ihrem Sohn eine 50 Cent-CD. Das ist diese Doppelmoral. Man soll nur mal hören, was Eminem auf seinen Platten sagt. Das ist einfach total irre witzig und das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.
rap.de: Was hältst du von Zensur im Allgemeinen?
Ollie Banjo: Ich finde, dass die Zensur zu Hause stattfinden sollte. Wenn ein 12jähriger mein Album hört, dann ist das definitiv zu früh, das ist nicht gut für ihn. Ich kann mich jedoch als Künstler überhaupt nicht einschränken.
rap.de: Bei dem Song „So Spezial“ stellst du die Täter als kleine Loser dar, die Opfer ihrer Umwelt sind. Die erste Strophe hört sich meines Erachtens ziemlich danach an, als ob du über George W. Bush sprichst. Weiterhin findet man sozialkritische Zeilen wie „Du kannst einem Vater im Gaza-Streifen nicht seine Ehre wegnehmen“. Was war der Gedanke bei dem Song?
Ollie Banjo: Das Lied dreht sich um den Menschen im Allgemeinen. Wenn ich mir jetzt so diese ganzen Anschläge angucke und speziell London, dann muss man verdammtnochmal auch über Israel nachdenken, dass die Palästinenser dort einfach wie Tiere gehalten und eingesperrt werden. Dann muss man ernsthaft mal darüber nachdenken, was die Israelis für eine Scheiße bauen. Darum geht es auch in dem Track. Es geht um diese ganze Robotergesellschaft, die emotional tot durch die Gegend läuft und sich am Wochenende wie Tarzan von Liane zu Liane hangelt. Da geht’s um den Menschen generell. Wir überlegen auch gerade, ob wir dazu ein Video drehen, weil der Xavier sich das gewünscht hat. Das ist sein Lieblingstrack.
rap.de: Die Medienpräsenz des HipHop in Deutschland hat sich ja im Laufe der Jahre ziemlich gewandelt und nun verschwindet HipHop sehbar aus der deutschen TV-Landschaft. Du hast das ja auf dem Album auch angesprochen. Wie bewertest du diese Entwicklung?
Ollie Banjo: Früher war da halt der Overkill am Start. Es wurde viel zu viel Scheiße gesignt, das kennt man ja. Mittlerweile ist es ja so, dass es sich komischerweise so ein bisschen auseinander entwickelt, die Medien und die Szene bzw. Jugendkultur. Das kann ich absolut nicht nachvollziehen, denn man sieht ja, dass es hier scheißerfolgreich ist, auch wenn es nur ein Label ist. Gleichzeitig werden halt die Shows abgesetzt, was ich überhaupt nicht raffen kann. Da gab es ja noch die ganze Zeit dieses „Bling, Bling“ auf Viva Plus, wo jeden Freitag auch HipHop-Videos liefen. Das gibt es jetzt auch nicht mehr. Das heißt, es gibt nichts mehr. Es gibt noch „Urban“ auf MTV, aber sonst gibt es gar nichts mehr und das macht es neuen Künstlern extrem schwer, überhaupt eine Plattform zu finden, denn letztendlich kriegst du dieses „Mass Appeal“ nur dadurch, dass du im Fernsehen läufst. Du kannst da noch so viele Shows spielen, was natürlich auch sehr wichtig ist, aber letztendlich ist das entscheidende Ding, dass du im Fernsehen läufst und das wird immer schwieriger. Ich kann auch die Politik (der Sender, Anm.d.Verf.) überhaupt nicht nachvollziehen. Das muss mir mal jemand erklären, weil Viva und so behaupten ja, Jugendkultur zu transportieren. Wenn HipHop nichts verkaufen würde oder nicht am Start wäre, dann würde ich das ja raffen.
rap.de: Wie siehst du die Entwicklung von HipHop in Deutschland im Allgemeinen?
Ollie Banjo: Das Ganze wird einfach immer mehr wie in Amerika – auch die Karrieren, die hier entstehen. Das ist immer direkter. Du musst dir jetzt nicht mehr einen Namen erarbeiten, sondern es reicht, wenn du einen Homie hast, der bekannt ist und dich auf die Bühne holt. Du brauchst keine Erfahrung oder Props gesammelt zu haben. Es wird wie in Amerika, was ja auch nicht so schlimm ist. Es geht halt schneller von 0 auf 100, aber es hat auch alles Vor- und Nachteile.
rap.de: Dein eigener Sound ist ja ziemlich speziell und einzigartig. Allgemein scheint der Sound von Deutsch-Rap etwas an Eigenständigkeit verloren zu haben und orientiert sich immer mehr am amerikanischen Vorbild. Wie siehst du das?
Ollie Banjo: Es ist schon teilweise so, aber es gibt auch noch genug Leute, die ihren eigenen Sound haben. Das ist immer so eine Sache. Inspirieren lassen ist cool, keine Frage. Das mache ich auch, das macht jeder. Es ist dann aber wieder ein anderes Ding, wenn ich komplett bite, Floskeln klaue, gleiche Sätze benutze, dieselben Geräusche mache, dieselben Klamotten trage und über meinen Schmuck rappe, obwohl ich keinen habe und mir auch keinen leisten kann. Das ist einfach lächerlich. Ich muss kein 6xXL rosa T-Shirt tragen, nur weil es Cam’ron macht. Das ist für mich einfach oberlächerlich. Das ist einfach das Ding, das mich ein bisschen stört. Letztendlich denk ich mir, dass die doch machen sollen, was sie wollen. Ich bin jetzt auch nicht jemand, der den ganzen Tag rumrennt und hatet, aber … wenn ich das hör, dann krieg ich Lachkrämpfe. Und vor allen Dingen sind die so hässlich und rappen darüber: „Ich hab an jeder Hand 5 Frauen … bla bla bla … kuck mich an, mein Shirt passt zu meinen Schuhen…“ und so Styles. Lächerlich ist das, richtig lächerlich.
rap.de: Eine Zeile auf dem Album lautet: „Hier in Deutschland klingt es so, als ob jeder in Berlin wohnt.“ Wie ist dieses Statement aufzufassen?
Ollie Banjo: Es gibt immer Hypes. Vor ein paar Jahren war es Hamburg, dann Stuttgart und jetzt ist es Berlin. Es wird auch mal wieder anders sein. Im Moment ist es so, dass einfach viele Leute Berlin biten, Savas biten und einfach Lines übernehmen. Das ist halt so ein bisschen langweilig. Man sollte auch echt aufpassen, denn biten ist meiner Meinung nach immer noch Todsünde. Das ist das Peinlichste, was du machen kannst. In Berlin gibt es auch so Leute, die Dipset biten und vorher auch schon Savas gebitet haben. Jetzt das, und dann dies. Das ist super peinlich. Insofern klingt jeder, als ob er in Berlin wohnt…natürlich nicht jeder, aber viele.
rap.de: Man hört ja viele Dissereien in letzter Zeit. Du hattest Beef mit Flipstarr (Creutzfeld & Jakob, Anm.d.Verf.), was sich ja mittlerweile erledigt hat. Auf deinem neuen Album hast du ein paar Seitenhiebe gegen Raptile drauf. Erwartest du da eine Antwort von ihm?
Ollie Banjo: Ganz ehrlich: … ich wollte eigentlich gar nicht mehr drüber reden. Das ist wie beim Fußball spielen. Neunzig Minuten kenne ich keine Freunde und danach können wir uns gerne die Hand geben. Persönlich hab ich ja gar nichts gegen den. Der hat mir ja sogar Props in der Juice gegeben, obwohl ich ihn gedisst hab. Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Ist ein bisschen unangenehm. Das Ding ist, dass ich manche Leute halt nicht digge, unbedingt. Mittlerweile ist es ja wieder anders. Das Album hat sich ja über ein Jahr gezogen und die Sachen sind relativ am Anfang passiert und letztendlich würde ich jetzt nichts mehr über Flipstarr sagen, da es einfach vollkommener Quatsch wäre, so was jetzt zu machen. Jetzt kann man das Ganze mit etwas Abstand betrachten und es ist halt eine lustige Sache, was ich da gemacht habe und wir kacken uns darüber weg, aber viel mehr ist es auch nicht.
rap.de: Auf „Schizogenie“ rufst du den Hörern mit „Es Gibt Kein A.I.D.S.“ die Problematik rund um den HIV-Virus wieder ins Gedächtnis. Findest du, dass dem Thema nicht mehr genug Aufmerksamkeit gewidmet wird?
Ollie Banjo: Das Thema ist auf jeden Fall in den Hintergrund geraten. Anfang der 90er, als ich aufgewachsen bin, als ich 12 – 13 war, da ist man mit dem Thema zugebombt worden. Da ist man mit Angst aufgewachsen, aber die Kids heutzutage denken darüber einfach nicht nach. Für die habe ich den Song gemacht, so dass sie einfach mal ein bisschen nachdenken. Wenn du dir einfach mal die Zahlen anguckst, dass immer mehr Leute unter 25 und heterosexuell sich mit der Scheiße anstecken, dann ist das einfach nur krass. Man sollte da echt mal ein bisschen drüber nachdenken. Dann sind es nicht nur die Fixer und die Schwulen, die diese Krankheit bekommen, sondern jeder, der nicht aufpasst. Von daher wollte ich einfach mal so einen Track machen, weil … ich mach mir da immer diese Paras, selbst wenn ich einen Gummi benutzt habe. Total unnötig. Deshalb habe ich diesen Track gemacht.
rap.de: Thema Groupie Love: Wie sieht’s da bei dir aus? Hast du einen Bezug dazu?
Ollie Banjo: Ja, auf jeden Fall. Das kann man auch nicht abstreiten, dann wäre man ja unehrlich. Das passiert schon, auf Tour oder so. Da gab’s dann ein paar lustige Dinger, die da auf der letzten Tour passiert sind, wo wir mit Reno & Germany unterwegs waren und mit dem Lito (Backup-MC von Olli Banjo, Anm.d.Verf.). Dann sind schon ein paar verrückte Sachen passiert, aber Einzelheiten kann ich natürlich nicht preisgeben. Das geht nicht. Wir waren letztens auf der Rheinkultur und das war so krass. Da sind wir danach aus dem Backstage raus und dann waren da am Zaun so 5 – 6 Mädels gestanden, die waren höchstens 15 – 16, die waren nicht älter. Die haben geschrien und meinten: „Ey, können wir mitkommen? Wir wollen unbedingt Gangbang machen. Wir wollen ficken.“ Ich hab gedacht, dass mir gleich die Ohren abfallen. Ich hab mir gedacht: „Ey, ihr müsst eigentlich schon in eurem Bett sein.“ Das ist schon sehr verrückt, so was zu sehen. Groupies sind durchgeknallt und oft viel zu jung.
rap.de: Jonesmann ist ja auch auf dem Album vertreten (auf „Lass Sie Brenn“, Anm.d.Verf.) und man kann begutachten, dass eure Chemie sehr stimmig scheint. Könnt Ihr euch ein Projekt wie „One“ für euch beide vorstellen?
Ollie Banjo: Mit dem Jones würde ich das auf jeden Fall machen. Ich finde, er ist ein super MC und ich mag den privat auch voll gerne. Ich würde supergerne ein Album mit ihm machen, aber das muss halt einfach auch immer passen. Wenn jemand kommt und sagt: „Ey, das und das machen wir. Wir haben auch ein bisschen Geld.“, dann bin ich sofort im Auto und fahr nach Frankfurt oder umgekehrt. Dann machen wir so ein Ding.
rap.de: „Wie Ein Schuss“ geht nun musikalisch in eine ganz andere Richtung. Hast du auf deinen zukünftigen Alben vor, mehr von diesem Heavy Metal- / Crossover-Zeug zu bringen?+
Ollie Banjo: Also, in Bezug auf das nächste Album weiß ich das noch nicht. Mal gucken, wie sich dieses Album jetzt verkauft, ob ich dann überhaupt noch ein Album mache. Ich werde auf jeden Fall ein Metal-Album machen. Ich spiele ja auch alle Gitarren auf den Tracks selber ein. Ich hab zuhause so ein 8-Spur-Gerät, wo ich die Gitarren draufspiele und dann die Beats zu den Metal-Dingern programmiere, und natürlich auch Gesangslinien und Raps. Ich werde demnächst mit Roman, der das Ding produzieren wird, anfangen und eine Metal-Platte, mit Raps natürlich, aufnehmen. Richtig mit Band und das wird sehr krass werden. Ich habe schon 20 Lieder zuhause in meiner 8-Spur fertig, die ich nur noch im großen Studio aufnehmen und einspielen muss.
rap.de: Woher kam denn die Inspiration, diese Art von Musik zu machen?
Ollie Banjo: Mit neun Jahren habe ich Gitarrenunterricht bekommen und Judas Priest, King Diamond und so Sachen gehört. Ich habe erst mit 12, als ich ins Jugendhaus in Aschaffenburg gekommen bin, mit der HipHop-Kultur zu tun gehabt. Da gab es dann Public Enemy, Eric B. & Rakim, DJ Easy Roc & Rob Base und solche Sachen. Das kam mit zwölf. Vorher war ich voll der Heavy. Deswegen macht das jetzt Sinn.
rap.de: OK, möchtest du zum Abschluss noch ein paar Worte an die Leser von rap.de richten?
Ollie Banjo: Ihr solltet mal in meine neue Platte reinhören und auch in die Deluxe-Version. Da gibt es auf jeden Fall enorm viel Musik fürs Geld, weil ich auch nichts davon halte, zehn Lieder zu machen und das dann zu verkaufen. Wenn die Leute Geld ausgeben, sollen sie ja auch was geboten kriegen. Diese Platte ist die Beste, die ich je gemacht habe, und ich bin sehr stolz drauf. Ihr solltet mal reinhören und … jeder, der sich meine Platte aus dem Netz zieht, soll nicht sagen, er ist mein Fan, denn dann ist er mein Feind. Das will ich nur zu diesen ganzen Internet-Ziehereien sagen. Ansonsten checkt www.ollibanjo.de – und für mein Video „Wie Ein Schuss“ auf TRL voten!