Ich: "can we do the interview right now?" Er: "I´m trying to breathe, man!" Dann eben nicht… Später, unter freiem Himmel, wurde schließlich alles gut, als Mr. Bambaata mir Rede und Antwort stand und Einblicke in sein Zulu-Universum gewährte. Er war gerade für einige Auftritte während der Loveparade nach Deutschland gekommen. …HipHop-Roots auf der Loveparade?… Zugegeben, es wirkt auf den ersten Blick ein wenig irritierend, wenn ein Oldschool-Gott auf einem Loveparade-Wagen mitfährt (MCend!) und sich freiwillig zwischen lauter hysterischen Ravern herumtreibt. Wenn man aber die Roots des Africa Bambaata unter die Lupe nimmt, erscheint es dann schon erklärlich (oder sollte man sagen: verzeihlich?). Bambaataa war einer der Hauptakteure in den wilden Tagen der späten 70er. Blockparties in NYC – das hieß: Ein DJ, eine mächtige PA und eine begeisterte Crowd (unübersehbare Parallelen zu den "Raves" in England Anfang der 90er, oder?). Hier wurde HipHop geboren, und für immer geprägt. Man stelle sich den heiligen Moment vor, als der erste MC "everybody say ho-o" gerufen hat (Gänsehaut…)! Neben Cool DJ Herc und Grandmaster Flash war Bambaataa einer derer, die begannen, HipHop-Musik aufzulegen. Damals gab es einfach noch nicht die Flut an Veröffentlichungen dieses Genres, die es heute gibt. Somit mußten die DJs auch Musik anderer Stilrichtungen benutzen. Dadurch war die Phantasie und der Forschergeist der DJs gefordert, und Bambaataa war einer der kreativsten – er legte Musik aus aller Herren Länder auf, scheißegal was oder von wem – Hauptsache Groove. …die erste HipHop-Platte brachte gleich die ersten Probleme… Die erste Platte, die die Musik der Parties auf Vinyl verewigte, war 1979 der Track "Rapper’s Delight" der Sugar Hill Gang. Die Single verkaufte sich weltweit 10 Millionen mal und machte zum erstenmal (und zwar massiv) außerhalb New Yorks auf HipHop aufmerksam. Tatsache war, daß die Jungs nicht aus der Szene kamen, und somit direkt mit der ersten HipHop-Platte das erste Respektproblem da war (gleichzeitig gab es das erste Sampleclearance- Problem, da das Instrumental auf dem Song "Good Times" von Chic basierte). Die Realness-Frage stellte sich für Bambaataa nie. Ende der sechziger Jahre herrschte in New York die Gang-Ära und bis 1975 war Bambaataa Mitglied der Black Spades. Aus dieser Lebensphase trat er dann glücklicheweise unverletzt aber dafür um so weiser hervor. Unser Abschiedsgeschenk hat leider nicht gepaßt… (XL!) Die Erfahrungen auf der Straße waren sicher ein Grund für ihn, die Universal Zulu Nation (UZN) zu gründen. Aufgewachsen in den 60ern bekam er außer seinen Gang-Erfahrungen eine Menge von den in den USA herrschenden Rassen-Diskriminierungen mit, und diese Erfahrungen finden sich in den Grundregeln der UZN wieder. Das Programm dieser von ihm gegründeten Organisation stellt sich gegen jede Form des religiös oder rassistisch motivierten Extremismus und läßt sich auf alle Fälle mit einem dicken "Ja" unterschreiben.
…ein Kraftwerk-Sample auf der ersten Single… Diese Toleranz und Weltoffenheit war es auch, die ihm einen riesigen Pool an Samplingmaterial eröffnete – z.B. "Autobahn" von Kraftwerk, die musikalische Basis für seine erste Veröffentlichung "Planet Rock" ´82. Dieser Techno-Funk-Track mit seinem fetten 808-Beat und den Rappern der Soulsonic-Force war seiner Zeit weit voraus und praktisch der Vorläufer des Miami Bass. "Leute, die Ihren Stil für die einzig erlaubte Form des HipHop halten, sind ignorant. Sie kennen nicht die wahren Formen des HipHop. Du hast alle Formen des HipHops. Du mußt HipHop für das nehmen, was es ist. Du hast die harten Beats, du hast den Gangsta Rap, du hast deinen Elektro Funk, der vom Party Rock abstammt, es gibt den Miami Bass, und es gibt den GoGo aus DC. Teddy Riley hörte den GoGo auf meinen Bronx River Parties und schuf den New Jack Swing." Diese Grundhaltung, die Bambaataa schon Ende der 70er zeigte, war auch für die beginnende kreative Nutzung der Sampling-Technik mitverantwortlich. Er war der erste, der Musik von außerhalb des amerikanischen Kulturkreises benutzte – im Augenblick (Elektrofunk-Revival!) läuft´s eher andersherum: "Dieser U96-Typ hat meinen `Looking For That Perfect Beat´-Groove geklaut. Das wird teuer für ihn…" Eine Frage des Geldes – nicht aber der Ehre. In Bambaata´s Universum ist Platz für Alle und Jeden. "Ich höre `ne Menge alte Sachen wie Ice Cube und so. Dann neuen Shit, DMX. Ich steh´ aber auch auf lustiges Zeug – Will Smith und so." Ist ja schon ´ne Menge. Und natürlich Elektro-Stuff: "Ich steh´ total auf Prodigy!" Oops! Aber hey, warum denn so engstirnig? Hier steht einer der Väter des HipHop und seine nächste Platte macht er mit Westbam! Das sollte uns wohl alle ein bißchen Coolness lehren, in Sachen "wahrer Glauben" und so. Und irgendwie ist mir ´ne Technoscheibe vom alten Zulu sympathischer als ´ne Platte von C-Block, die "Keep It Real" heißt.