Es ist bekanntlich eins der beliebtesten Themen unter Deutschrap-Fans: Die Verkaufszahlen. Kaum eine Diskussion unter den Anhängern miteinander konkurrierender Rapper, bei der nicht das „Aber der hat mehr verkauft als der„-Argument gezückt wird. Abgesehen davon, dass das ein vergleichsweise seltsames Kriterium für die Qualität von Musik ist, bewegt sich der so Argumentierende stets auf sehr dünnem Eis. Denn die Anzahl der tatsächlich verkauften Exemplare eines Albums unterliegt in Deutschland einer strengen Geheimhaltung.
So ist es zu erklären, dass immer wieder gern, ausführlich und letztlich total müßig über den Mythos Verkaufszahlen diskutiert und gestritten wird. Rapper machen immer wieder selbst nicht nachprüfbare Angaben zur Anzahl der von ihnen an den Mann und die Frau gebrachten Alben oder teilen ebenfalls nicht nachprüfbare Angaben Dritter. Einer genauen Nachprüfung halten diese oft nicht stand, stehen zumindest in einem nicht endgültig erklärbaren Widerspruch zu den nicht öffentlich einsehbaren Zahlen, die die GfK Entertainment ermittelt hat.
Diese Markt- und Konsumforschungsgesellschaft hat in Deutschland das Monopol auf die Überwachung fast aller Verkäufe, physisch oder digital. Onlineshops etc. fallen dabei allerdings unter den Tisch. Die relativ exakten Verkaufszahlen kann nur einsehen, wer einen GfK-Zugang hat – der mehrere tausend Euro im Jahr kostet und für den normalen Deutschrap-Hörer somit weitgehend unerschwinglich ist. Also bleibt er bei einem seiner Lieblingsthemen auf pure Spekulation angewiesen, gewürzt mit ein wenig Wahrscheinlichkeit („Wenn KC Rebell mit 60.000 verkauften Alben auf der #1 war, wieviele braucht dann Weekend in einer schwachen Chartwoche für die #3? Und wie kann ich den Faktor „Amazon Box“ in der Gleichung berücksichtigen?„)
Falls sich jemand nun fragt, warum rap.de sich nicht einfach so einen verdammten Account besorgt und dann locker alle Verkaufszahlen mit Screenshot belegt raushaut: Würde nicht funktionieren. Wer einen GfK-Zugang hat, verpflichtet sich gleichzeitig zur Geheimhaltung. So kann die GfK ihre Monopolstellung wahren – und weiterhin gutes Geld für jeden Zugang kassieren.
Eine Änderung der misslichen Lage ist also eher nicht in greifbarer Nähe. Dabei könnte man diesen ganzen ausufernden Diskussionen relativ einfach Einhalt gebieten, indem man die Verkaufszahlen von Alben in Deutschland endlich öffentlich und offiziell bekannt geben würde. In den USA ist das schon lange so üblich. Hier muss kein Drake-Fan mit einem Kendrick Lamar-Freund darüber streiten, wer denn nun mehr verkauft hat. Numbers don’t lie, ist die Devise der Amis. Warum geht das nicht auch bei uns? Wenn es doch auf ein so großes Interesse bei einer bestimmten Gruppe von Rapfans stößt – warum werden dann von der GfK nicht allmontaglich statt der relativ nichtssagenden Chartplatzierungen einfach die nackten Verkaufszahlen auf Facebook verkündet? Dann wäre endlich Ruhe und man könnte wieder über wichtigere Fragen diskutieren, zum Beispiel, warum der eigene Lieblingskünstler trotz (oder gerade wegen) seiner schlechteren Zahlen viel besser ist als irgendein anderer. Und reine Show-Veranstaltungen wie den Echo können wir uns dann auch endlich sparen.