Mit nur einem einzigen Mixtape hat sich A$AP Rocky an die Spitze einer neuen Bewegung katapultiert. Swag-Rap nannte man das Ganze etwas hilflos. Geschenkt. Fakt ist, dass A$APs Musik sich verschiedenster Einflüsse aus unterschiedlichen geographischen Regionen bedient. Klassisch-trockener New York-Sound? Nicht doch. Hier trifft hustensaftinduzierte Südstaaten-Ignoranz auf Bone Thugs-Geflexe auf Harlem-Reimpatterns.
Dabei ist A$AP nicht der beste Rapper der Welt. Im Gegenteil, der erste Song auf seinem Debütalbum „Long.Live.A$AP“ (was soll eigentlich die alberne Schreibweise?) macht klar, woraus seine Musik ihre Faszination zu etwa zwei Dritteln bezieht: Den Beats. Der Opener ist in dieser Hinsicht ein absolutes Geschoss vor dem Herrn. Wuchtiger Bass, irritierende Fiepsgeräusche und dann – ja, dann kommt plötzlich wie aus dem Nichts ein Chorus um die Ecke, der ein wenig an Coldplay erinnert, allerdings zu den guten, den „Parachutes„-Zeiten. Bleibt die Frage, wer da eigentlich singt – im Internet kursierten Gerüchte, es handele sich um Adam Levine von Maroon 5.
Egal. Jedenfalls ein Bombensong gleich zum Einstieg, allerdings liegt das weniger an der Vocal-Performance des Pretty Flacko. Die ist natürlich guter Standard, nicht mehr, nicht weniger. Seine Reime sitzen, der Vortrag ist zackig, aber was dem Ganzen nicht schaden würde, wäre ein wenig mehr, naja, Substanz. Nicht im Sinne von Politik-Proseminar oder – horribile dictu – Conscious Rap. Nur etwas, das über das übliche „Pussy Money Weed„-Schema hinausgeht. Der – fast – gleichnamige Song „PMW (All I Really Need)“ mit „Hands on the wheel„-Partner Schoolboy Q ist aber, damit da keine Missverständnisse aufkommen, feinstes Material, Spezial Material gewissermaßen.
Ein Song, der das tut, ist immerhin „Pain„. Klaustrophobisch, paranoid, eindringlich flackern hier die Lyrics aus einem herrlich schiefen Beat.
„The future will be televised, haters getting genocide
23 and 43, I’m talkin my Margiela size
My niggas is hella fly, you over accessorize
Dead Alive, it’s in my repertoire, forever ever high„
Kiffen als einziger Ausweg aus einer ansonsten ausweglosen Weltsituation. Kiffen – und Sex. Darauf lässt sich A$APs Universum durchaus reduzieren. Wirklich überraschend ist dafür etwas ganz anderes: Nervensäge Skrillex hat mit „Wild for the night“ einen der stärksten Beats auf dem Album abgeliefert.
Auch der von „Live.Love.A$AP“ bereits bekannte Clams Casino hat wieder zwei über jeden Zweifel erhabene Instrumentals geliefert, „LVL“ und „Hell„, letzterer mit Santigold. Hypnotischer, atmosphärisch dichter Sound steht A$APs verzögertem Flow einfach am besten zu Gesicht. Gerne durchzogen von einer gewissen Melancholie. Was hingegen gar nicht funktionieren will, sind die beiden Possetracks auf dem Album: „Fuckin Problems“ mit Drake, 2Chainz und Kendrick Lamar ist austauschbare Party-Ware von der Stange, ein bisschen Trap, ein bisschen Swag, ein bisschen langweilig. „1 Train“ wiederum mit Joey Bassa$$, YelaWolf, Danny Brown, Action Bronson, Big K.R.I.T. und erneut Kendrick Lamar kommt einfach nicht auf den Punkt. 6 Minuten, die man sich locker hätte sparen können.
Dann hätte man noch mehr Platz gehabt für kleine Meisterwerke wie das elegant schwebende „Phoenix„, das von niemand geringerem als Danger Mouse besorgt wurde oder das abschließende „Suddenly„, das ganz ohne Drums vor sich hinwabert und den passenden Soundtrack zu A$APs kurzem Abriss seiner Lebensgeschichte.
„Busta had the rhymes, Puffy had the Shyne
Bone thugs had Mo Thugs but that was the shit, that made me rhyme
Wassup, what’s on your mind? Hol’ up, I’m feeling fine
Locs got me blind, thuggin’ like I’m Eazy-E up in his prime„
Insgesamt ein starkes Debütalbum, das im Vergleich zum Mixtape aber den einen oder anderen Kompromiss zuviel eingeht. Trotzdem neben Kendrick Lamar zur Zeit das Beste, was es jenseits des großen Teichs an Neuem zu hören gibt.