Ufo361 – Ich bin ein Berliner [Review: Mel vs. Louis]

Reviews aus der Sicht einer einzigen Person waren gestern. In unseren Versus-Reviews bilden wir mehrere verschiedene Meinungen zu ein und demselben Release ab. Heute: Ufo361′ Mixtape „Ich bin ein Berliner“ mit Louis und Mel.

Louis: Auf „Ich bin ein Berliner“ hören wir das Ergebnis von Ufo361′ Stiländerung – und diese steht ihm sehr gut. Dieses Tape ist meiner Meinung nach alles, aber kein Standard Deutsch-Trap. Die wummernden Instrumentals harmonieren wunderbar mit Ufos hoher, teilweise bewusst aufgekratzter Stimme. Dank Individualität in Sachen Raptechnik, Aussprache und Wortwahl gehen diese 14 Songs richtig gut rein. Fehlt dir an dem Tape irgendwas?

Mel: Deinem Statement kann ich grundsätzlich gar nicht widersprechen. Ich feiere den Großteil der Tracks und auch seinen Stilwechsel zu Trap finde ich nice. Was für mich das Mixtape aber etwas langweilig werden lässt ist, dass fast die Hälfte der Tracks bereits schon als Videos veröffentlicht wurden und somit zum Teil totgehört sind. Ausgeglichen wird das durch die durchdachte Anordnung der Songs zwar ganz gut – alte und bereits bekannte Tracks wechseln sich  jeweils ab. Die schon veröffentlichten sechs Songs sind nach meinem Geschmack allerdings schon die besten auf dem Mixtape – der Rest wirkt recht ähnlich. Oder hast du unter den neuen Titeln einen echten Hammer entdeckt – außer das BonezMC Feature „Bleib auf dem Teppich“ ?: „Komm mit Ufo und das gut so /Deine ganze Clique ein Huso / Alles Groupie Hoes, alle zugekokst / 3-6, 1-8-7 du bleibst auf dem Teppich, wir fliegen / Sie wollen uns etwas verbieten und wir treten noch rein, wenn sie liegen.“

Louis: Auf jeden Fall! „Miese Bräute“ zum Beispiel. Die Hook geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Die halbgesungene Bridge, kurz bevor die Drums im Refrain richtig einsetzen – stark gemacht. Ich denke auch, dass das Tape noch besser angekommen wäre, hätte man vorab weniger Songs veröffentlicht. Aber: Das ist Jammern auf hohem Niveau. Im Endeffekt zeigt das nur, dass Ufo ein Händchen für Singles hat und gute Songs von noch besseren unterscheiden kann. Ich hatte eher ein wenig Angst, dass der für Ufo361 typische Humor verloren geht. Hat sich aber nicht bestätigt. Man stößt immer wieder auf die eine oder andere Zeile, die einen zum Schmunzeln bringt. Außerdem macht die neu dazu gewonnene Seriosität einiges her. Der Kreuzberger beweist, dass er nicht immer humorvolle Zeilen rappen muss, um beim Hörer anzukommen. Mir gefällt der auf den Zuhörer schießende Ufo mindestens genauso gut wie der, der dich zum Lachen bringen will. Ein gutes Beispiel dafür ist „Stimmt es“ .

Mel: Jop, „Miese Bräute“ hat Ohrwurmcharakter, genauso wie die Hook von „Schlange“ . Finde auch, dass Gesang gut zu Ufo passt und er das gekonnt umsetzt – wobei mir die Stimme des Protagonisten ohne Autotune allerdings viel besser gefällt als mit. Inhaltlich langweilt es mich persönlich auch, dass die Lyrics zum Großteil nur davon handeln, Drogen zu verherrlichen und Bräute zu bumsen. Ich stehe zwar auf diese Art von Rap, aber Ufo hat bei seinen alten Tracks kreativere Punchlines gebracht. Das Intro „Wann wenn nicht jetzt“ – Der absolute Hammer! Richtig nicer Einstieg: Ufo ballert einen krassen und authentischen Output auf einen geilen Beat raus mit einer Aggressivität und Schnelligkeit, die ich mir persönlich häufiger gewünscht hätte: „Ufo361 nein ich zeig kein‘ Gesicht und von jetzt an verhandle ich professionell / meine Feinde kenn‘ ich, meine Freunde nich‘ / weil sich jeder von denen wie ne Schlange verhält / […] Wer wenn nich‘ ich / sag es tausend mal für alle, die es nicht peilen / nein ich geh nicht mehr weg, bin gekommen um zu bleiben / mein Job ist von jetzt an die Whackness vertreiben.“

Louis: Gut, die einzelnen Songs haben thematisch auf jeden Fall eine Menge Überschneidungen. Aber bei „Harman“ hört man zwischen Zeilen auch eine Menge Sozialkritik und Reue: „361, hier wird der Gejagte zum Jäger/ Kleine Kiddies sind Harman und schnüffeln am Kleber/ Alle auf Drogen doch keiner von denen kriegt hier Hilfe/ Kokain, Heroin, Ecstasy, dazu noch ein paar Pilze.“
Der einzige Wermutstropfen ist ausgerechnet der „Ich bin ein Berliner“ -Remix, der mich überraschenderweise auf ganzer Linie enttäuscht. Das war’s aber auch schon. Dieses Mixtape wird völlig zurecht einen Hype entfachen. Schaut man am Ende des Jahres auf die besten Straßenrap-Releases des Jahres 2016 zurück, wird man um „Ich bin ein Berliner“ nicht herumkommen.

Mel: Weil ich deinem Schlusswort nichts mehr hinzuzufügen habe, sage ich es mit den Worten von Ufo361: „Eigentlich brauch ich nicht mehr viel zu sagen – gib dir das Mixtape