Die Umstände, unter denen „Blockbasta“ von Afrob und Samy Deluxe aka ASD erscheint, sind schon mal sehr sympathisch: Praktisch keine Promophase, keine langatmigen Ankündigungen und Kaufaufforderungen. Der Titel des ersten Streichs hätte fast besser zum zweiten gepasst – „Wer hätte das gedacht?“ Gut, der Stuttgarter und der Hamburger sind natürlich auch keine Jungspunde, sondern alte Hasen, die auf die heute üblichen Faxen locker verzichten können. Die große Frage, die sich angesichts von „Blockbasta“ stellt, ist natürlich: Wie fügen sich die beiden Protagonisten ins heutige Spiel, zwölf Jahr nach dem ersten gemeinsamen Album? Zumal Samys letzte Releases nicht wenige seiner alten Fans enttäuscht hatten.
Um das gleich vorwegzunehmen: Mr. Deluxe ist auf „Blockbasta“ wieder voll in seinem Element. Druckvolle Raps, Doppelreimketten, alles da. Zwar ist der Schockeffekt, denn eine Samy-Punchline vor einigen Jahren noch entwickeln konnte, angesichts der heutigen Standards kaum noch vorhanden. Seltsame WTF-Punchlines wie auf den letzten Releases sucht man aber auch zum Glück vergeblich.
Das Duo Afrob / Samy Deluxe harmoniert nach wie vor durchaus. Während Samy für die einfachen, klaren Gedankengänge und Punchlines zuständig ist, ist Afrob die schwerer zugängliche, komplexere Ergänzung, rauer, roher und mehr um die Ecke gedacht. Das Mic wird auf dem Album brüderlich geteilt, die Parts gehen nahtlos ineinander über und ergänzen sich, nicht so, als ob hier jeder einfach seinen Part einrappt und gut is‘, sondern im Sinne einer echten Teamarbeit:
„(Samy) No love, keine Liebe mehr / die Menschheit kocht Beef auf’m Krisenherd
(Afrob) Militär / (Samy) Maschinengewehre (Afrob) diese Erde (Samy) übersäht mit Kriegsgebieten (Afrob) viel zu viele“ („Überall ist Krieg„) (einziger Einwand: Beef gehört besser auf den Grill)
Die Haltung auf dem Album ist klar erkennbar, ohne dass dauernd Parolen gebrüllt werden. Gegen den (teilweise verdeckten, teilweise gutbürgerlich getarnten) Rassismus von Pegida und Co setzen die beiden ihre „Antihaltung„. Ein konkret politisches Album ist „Blockbasta“ nicht geworden. Ein Statement ist es trotzdem. Es ist die gute, alte HipHop-Attitüde, die hier in jeder Zeile mitschwingt.
„Realtalk: Ich hab keine Schusswaffen
Will mich nicht boxen
Ich will Boxen kaputtmachen“ („Blockbasta„)
„Mittelfinga hoch„, „Ausrasta„, „Mensch gegen Maschine“ – es geht meist zackig nach vorne auf „Blockbasta„. Dabei kommen hier und da auch rockige Gitarren zum Einsatz, was die Angriffslust des Albums unterstreicht. Die Beats sind insgesamt durchweg auf der Höhe der Zeit, meist aber, ohne krass eigene Akzente zu setzen. Das war auf „Wer hätte das gedacht?“ noch bisschen anders, als man sich ausschließlich bei den Amis Beats holte. Wobei mit „Antihaltung„, den Bazzazzian produziert hat, tatsächlich einer der raren Trap-Enwürfe aus Deutschland in gut zu hören ist.
Der letzte Song „Ich seh was“ mit Nena tanzt zum Abschluss etwas aus der Reihe. Sehr ruhig und nachdenklich kommt das Stück daher, der Fuß wurde hörbar vom Gaspedal genommen und der Angiffsmodus durch Reflexion ersetzt. Die Hook der international berühmten Sängerin passt übrigens entgegen meiner Erwartung sehr gut ins Gesamtkonzept, der Song hat mit Pop nichts zu tun.
Mit „Blockbasta“ liefern Afrob und Samy ziemlich genau das, was man realistischerweise wohl erwarten konnte: Ein pures Rap-Album mit ein paar Trap- und Rock-Einflüssen, eine stimmige Action-Platte, die meist steile Pässe nach vorne bevorzugt und auf Technikgefrickel verzichtet. Dass wir inzwischen nicht mehr 2003, sondern 2015 schreiben, hört man dem Album allerdings ein bisschen zu selten an. Es mag verwegen sein, das von Künstlern ständig zu verlangen, aber dem heutigen Spiel fügt das Album wenig entscheidende neue Akzente hinzu. Alle, die den Deutschrap der frühen 2000er-Jahre immer noch für das Maß aller Dinge halten, werden hier voll auf ihre Kosten kommen. Was im Grunde ebenfalls zu erwarten war.