Ende Juli veröffentlicht Lisi mit „Eine Wie Keine“ ihr zweites Album über Four Music. Der im Vorfeld des Releases ausgelöste Buzz ist bereits beachtlich und der labelseitig betriebene Aufwand lässt erkennen, dass man der Lady aus Berlin bei Four hohe Priorität einräumt. Mit dem Signing von Lisi hat man das Artist-Roster letztes Jahr um einen Künstlerin erweitert, die so nah am aktuellen Bild von HipHop in Deutschland ist, wie bei Four schon lange niemand mehr. Die Beats des Longplayers stammen aus sehr unterschiedlichen Federn, darunter die Jungs von Bock Auf ´n Beat, DJ Rocky und mit großem Anteil auch Sebastian Wohlgemuth. Unter den Vokalgästen sticht vor allem Afrob hervor, der für Lisi bei der Produktion quasi die Stellung eines Mentors einnahm.
rap.de: „Eine Wie Keine“ ist dein zweites Album nach einer Pause von mehreren Jahren. Wann hast Du Dich entschieden, die Sache wieder anzugehen und wie verlief die Produktion?
Lisi: Die Entscheidung für das Album fiel vor gut einem Jahr. Das Demo dafür habe ich allerdings erst im Herbst aufgenommen – darauf waren fünf oder sechs Tracks. Das Album ist dann letztlich in drei Sessions entstanden, die alle ungefähr vier Wochen lang waren, während derer ich geschrieben und aufgenommnen habe. Die reine Arbeitszeit war also recht kurz. Das Demo entstand dabei schon in erster Linie für Four Music, weil die Lust auf ein Album von mir zu haben schienen, und sie mir auch angeboten hatten, das Demo im Studio 4 zu machen.
rap.de: Deine Geschichte als Female-MC begann ja bereits vor sechs Jahren auf dem Label Raw Zone, auf dem Du zuerst eine EP und dann Dein Debüt-Album veröffentlicht hast. Weshalb hast Du das Label damals verlassen?
Lisi: Es ist einfach nicht so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich war damals ja der erste Künstler auf Raw Zone, die gerade neu angefangen hatten, und sollte das Zugpferd sein. Später kamen noch Rhymez und Prok und als ich schon weg war auch noch Hecklah und Koch. Es gab damals ja noch weniger Rapperinnen als heute und ich hatte einfach gehofft, dass da etwas mehr geht. Das trat aber nicht ein, was ziemlich frustrierend war. Also habe ich mich vom Label und meinem Management getrennt, so dass ich anschließend erst mal alleine stand.
rap.de: Wie ging es danach weiter?
Lisi: Ich habe schon weiterhin Musik gemacht und auf Beats geschrieben, weil ich das einfach brauche. Nach dem Album habe ich aber vor allem erst Mal meine Schule beendet. Ich hatte damals insgesamt vier Anläufe in der elften Klasse, weil ich immer geschwänzt habe. Also musste ich da erst Mal regelmäßig auftauchen.
rap.de: Hast Du die Schule dann durchgezogen?
Lisi: Ja, ich habe Fachabitur auf der Anna Freud-Schule für Sozialwesen gemacht. Ich wollte danach eigentlich auch eine Zeit lang Psychologie studieren. Mich interessiert das und irgendwie scheine ich auch schon immer psychisch kranke Leute angezogen zu haben, für die ich dann auch den Therapeuten gespielt habe. Leider gibt es aber nur eine einzige Fachhochschule in ganz Deutschland, auf der man Psychologie mit Fachabitur studieren kann, und die ist zu weit weg. Da ich mich von Berlin nicht trennen kann, kam das nicht wirklich in Frage. Ich habe dann allerdings später auch wieder angefangen aufzunehmen – zuerst mit Derezon, dann auch mit Rodney, der früher DJ bei den Aphrodelics war.
rap.de: Wann war das und was ist aus den Songs geworden? Auf dem Album sind sie ja nicht gelandet.
Lisi: Ich habe 2003 wieder angefangen. Viele der Songs, die in der Zeit entstanden sind, waren aber einfach nicht verwertbar. Ich hatte so viele verschiedene Gefühle und hatte so viele Erfahrungen gemacht, die ich verarbeiten wollte, dass viele meiner Texte etwas wirr wurden, weil ich sie einfach überladen habe. Außer mit Derezon habe ich auch mit Rocky gearbeitet, aber das hat sich wegen verschiedener Interessen und aus Zeitgründen wieder aufgelöst. Außer „Ich Sterb Für Dich“, den ich Ende 2004 noch mit Rocky aufgenommen habe, ist von dem damals entstandenen Material jetzt auch tatsächlich nichts auf dem Album.
rap.de: Du hast eben schon erwähnt, dass du aus Berlin nicht weg willst. Einen der Songs des neuen Albums hast Du ja auch nach Deiner Heimatstadt benannt. Was bedeutet Berlin für Dich?
Lisi: Zunächst mal bin ich in Berlin geboren, hier aufgewachsen und auch nie aus Berlin weggezogen. Ich bin in Lankwitz und Marienfelde groß geworden, meine Schule war in Steglitz. Außerdem war ich auch ein bisschen in Schöneberg unterwegs, weil ich dort sechs Jahre Leichtathletik gemacht habe. Und gerade was HipHop angeht, hat sich für Berlin ja eine Menge geändert. Früher war es fast ein Makel aus Berlin zu kommen, weil da nichts ging. Heute ist Berlin die HipHop-Metropole, und so gesehen ist die Entwicklung der Stadt auch in der Hinsicht absolut positiv. Für mich ist Berlin aber definitiv mehr als nur die Berliner Rapszene, und das merkt man in meinem Song „Berlin“ sicher auch.
rap.de: Du bist über Afrob zu Four gekommen, der bei Deinem Album auch als Executive Producer fungierte. Wie habt Ihr Euch kennen gelernt?
Lisi: Wir sind in Berlin bei den „Highnachten“-Veranstaltungen immer beide aufgetreten und haben uns da öfter gesehen. Er kam nach einer Show mal vorbei und hat mir Props gegeben. Ein halbes Jahr später hat er dann auch angerufen und fragte, ob ich Lust hätte, einen Song mit ihm zu machen. Leider hatte ich damals aber keine Zeit, weil ich gerade zu sehr mit meiner eigenen Platte beschäftigt war. Für sein Album „Hammer“ hat er dann ja aber mit Rocky zusammen gearbeitet, mit dem ich auch zu tun hatte, und so kamen dann die beiden gemeinsamen Songs für „Hammer“ zustande.
rap.de: Wie lief die Zusammenarbeit zwischen Dir und Afrob bei Deinem Album ab?
Lisi: Wir haben ein paar Songs gemeinsam geschrieben, aber er hat dem Album auch ein wenig den roten Faden gegeben. Immer wenn er in Berlin war, habe ich ihn besucht und ihm meine neuen Texte vorgerappt. Ich wollte einfach seine Meinung und sein Feedback hören – Afrob war mein Ansprechpartner in allen musikalischen Fragen. Manche Leute haben eben eine Posse oder sind in einer Gruppe, in der es noch andere Rapper gibt. Dafür war Afrob mein Ersatz. Es hat sich schon bei den Arbeiten an „Hammer“ gezeigt, dass wir gut zusammen schreiben. Er hat meistens sofort verstanden, was ich sagen möchte oder in welchen Flow ich etwas rappen will. Wir sind auf einer Wellenlänge, und deshalb war es war cool, mit ihm auch bei meinem Album über die Songs reden zu können.
rap.de: Hat der Song „Payback“ einen realen Hintergrund?
Lisi: Der Song beruht auf mehreren Erfahrungen, die ich mit verschiedenen Leuten gemacht habe, mit denen ich eng befreundet war, und von denen ich verarscht wurde. Payback ist so ein Girl-Fight-Song, so wie bei Kill Bill. Der Song beruht auf jeden Fall auf konkreten Erfahrungen, wobei es aber in erster Linie eher um Erfahrungen mit Frauen als mit Typen geht.
rap.de: Du sprachst gerade Kill Bill an. Das Artwork Deines Albums wirkt generell etwas Tarantino beeinflusst…
Lisi: Ich finde eigentlich alle Tarantino-Filme geil, mag aber Jackie Brown besonders, weil Pam Grier in dem Film so cool ist. Jackie Brown ist auf jeden Fall auch der Tarantino, den ich am häufigsten gesehen habe.
rap.de: Wo sind die Bilder für das Booklet denn entstanden?
Lisi: An verschiedenen Orten. Die Bilder mit den Glühbirnen im Hintergrund sind z.B. im Club des Spindler & Klatt entstanden, wo ich nebenbei auch arbeite. Die Fotos mit dem lilafarbenen Hintergrund haben wir dafür in der Carecas-Bar gemacht. Andere Fotos stammen aus dem Video von „Es Geht Hoch“.
rap.de: Einer der Songs auf Deinem neuen Album heißt „Juicy“ und soll ja auch eine Hommage an Biggie Smalls sein. Was hat es damit auf sich?
Lisi: Biggie ist einfach einer meiner Lieblingsrapper und „Juicy“ war für mich immer sein geilster Song überhaupt. Schon wie der anfängt – ausverkaufte Sitzplätze, um mich sprechen zu hören, Salt ´n Peppa an der Wand… Man kann sich das eben alles sehr gut vorstellen. Mein Text fängt ja nun auch mit „Es waren Träumereien…“ an, die nächste Strophe dann mit „Super Nintendo Playstation hat ich nicht…“.
rap.de: Du featurst auf der Single „Interessiert Mich Nicht“ She-Raw. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?
Lisi: She Raw habe ich über Harris´ Frau Bintia kennen gelernt, die mir von ihr immer vorgeschwärmt hat. Wir waren dann mal zu dritt aus und das war sehr entspannt. Danach haben wir uns mal getroffen und sie hat mir ihre Sachen vorgespielt. Den Song, der nun auf dem Album ist, haben wir dann großteils bei mir zu hause geschrieben, der Refrain entstand im Studio.