Apani B Fly Emcee

Wenn eine Frau rappt, sind meistens alle Ohren extra scharf gespitzt. Ein Sonderstatus, den man leicht zu seinem Vorteil biegen kann. Nicht dass Apani B Fly Emcee das nötig hätte. Sie ist sowieso ein guter MC. Aber mit verstärkter Aufmerksamkeit lässt sich einiges leichter Erreichen, was für die breite MC-Schwemme so nicht funktionieren würde.

"Manchmal sind die Leute so überrascht, eine Frau reimen zu hören. Sie wollen dann hören, was du sagst, weil du eine Frau bist. Ab und zu frage ich mich, ob die Leute wirklich das mögen, was ich sage, oder die Tatsache, dass ich es bin, die das sagt. Weil insbesondere wenn man weg ist und die Leute nicht genau verstehen, was man sagt; wie zur Hölle können sie dann wissen, ob es gut ist."

In Europa verkauft sie allerdings, wie auch ihre Kollegen, mit denen sie gerade auf Tour war, Mr. Complex, Rubix, L-Fudge und DJ Crossfader, mehr Platten als in den USA. Aber selbst wenn die Zuhörer vielleicht nicht alle Lyrics begreifen, verstehen sie doch das Wichtigste, meint
Apani
: "HipHop ist eine visuelle Sache, wie grafische Musik. Die einzige universelle Sprache, die es gibt, ist Mathematik. Und Musik ist essentiell Mathe: Rhythmus, Zeit, Nummern." Apani wohnt im New Yorker Stadtteil Queens, ist 26 Jahre alt und rappt seit Teenagerzeiten. Sie hat in den letzten Jahren ein paar Maxis veröffentlicht, u.a. auf ihrem eigenen Label Q-Boro, und ist zusammen mit DJ Spinna, Mr. Complex und Shabaam Shadeeq Teil der Polyrhythm Addicts. Zudem kann sie auf Gastraps bei AntiPopConsortium, Pharaohe Monch und anderen zurückblicken. Bevor sie Vollzeit-MC wurde, hatte sie eine Radio-Sendung in New York und war Promoterin bei Loud Records. Apani hat einen klaren Plan von dem, was sie machen will. Den kann sie recht umfangreich mit einer Menge ausschweifenden Situationsanalysen in Worte fassen.Und da sie nicht männlich ist, ergibt es sich von selber, dass sie eine weibliche Perspektive mit ins Rapspiel bringt. Diese Position auszudrücken, war bei ihren ersten Liedern auch ihr Hauptanliegen. Aber eigentlich geht es ihr nicht darum.

"Da ich eine Frau bin, kann ich nicht anders als mich selber zu repräsentieren. Ich würde mir selber schaden, wenn ich meine Meinung nicht klarstellen würde. Musik soll sicherlich unterhaltend sein. Aber als Künstler befriedigt es meine Seele nicht, Musik zu machen, die eigentlich nur ’shake your ass to this‘ ist. Für mich ist Musik etwas anderes. Meine Musik ist irgendwie auch meine Therapie, ich muss Sachen, die ich denke oder fühle, aufschreiben." Dabei ist ihr wichtig, dass ihre Musik persönlich und nicht artifiziell ist. Viele MCs könnten ihrer Meinung nach einiges besser machen: "Viele Künstler machen jiggy Musik, aber haben keinen Soul dabei. Sie versuchen einfach, gut auf Tracks zu klingen. Du kannst es nicht fühlen und kriegst keine Gänsehaut davon. Man muß persönlich werden. Das fehlt den meisten Künstlern. Und insbesondere Frauen machen das nicht. Die machen Fantasie-Scheiß. Das, wovon sie denken, das Männer wollen, was sie sein sollen. Das ist voll unreal und falsch. Wir brauchen das ganze Gewand an Emotionen. Entweder sie sind zu ruhig, zu ruff oder zu sexy. Man braucht von allem etwas." Denn Musik sollte trotz mathematischer Struktur nicht zur Formel verkommen: "Man kann leicht die Formel-Musik machen, die Sorte Puffy-Mainstream Musik. Musik, die dazu konzeptioniert ist, die Leute zum Tanzen zu bringen. So könntest du viele Platten verkaufen. Aber wenn Du ein Künstler bist, und das Ganze längerfristig machen möchtest, musst du deine Musik besser kennenlernen. Du musst lernen, wie man Songs formatiert. Wie man die Struktur so verbessert, dass die Leute am Ende deines Verses nicht zu müde sind, um den Hook zu hören. Die Wörter so einfach zu halten, dass die Leute mitkommen, aber gleichzeitig nicht platt oder ignorant zu werden."

Auch über ihre Bühnenpräsenz hat sich Apani einen Plan gemacht:

"Wenn ich auf die Bühne komme, versuche ich, sie zu killen. Gerade wegen den ganzen Typen, die um mich rum sind. Wenn ich da rausgehe versuche ich, den ganzen Ort plattzukrümeln. Wenn man das Mikro nimmt, muss man vom ersten Wort an alle Wörter so rüberbringen, als wenn man an jede einzelne Silbe von dem, was man sagt, fest glaubt. Als ob es das Realste wäre, was es gerade gibt und jeder dir zuhören muss. Weil wenn man den Leuten nicht glaubhaft rüberkommt, werden sie sich fragen, wieso sie gerade dir zuhören sollen. Es gibt eine Million Rapper da draußen." Rap ist auch zielstrebiger Wettkampf: "Viele der Erfahrungen, die ich gemacht habe, resultieren daraus, dass ich das Erlebnis angestrebt habe. Rausgegangen bin und dem hinterhergerannt bin. Zu sehen: ‚Ich will das, ich werde es bekommen, wie kann ich das für mich hinbiegen.’Mein hauptsächliches Ziel ist es, wenn Gelegenheiten nicht auf mich zukommen, muss ich sie für mich selber kreieren. Und egal, ob männlich oder weiblich, wenn du diese Einstellung hast, wirst du weit kommen. Und du musst dran bleiben, es machen, nicht bloß darüber reden."

Weibliche Tricks helfen Apani ab und an dabei, Sachen zu erreichen.

"Ab und zu benutze ich meine Weiblichkeit. Kleine Sachen wie der Ton meiner Stimme, bestimmte Arten von Augenkontakt, Leute anzulächeln, ihnen manchmal einen kleinen Seitenblick geben, das mache ich, die niedliche Nummer. Aber nicht zu dem Punkt, wo ich so tue, als ob ich schwach wäre. Manchmal ist es aber besser, so zu spielen. Insbesondere, wenn du Hilfe brauchst oder etwas wissen willst. Das Größte, was mir jemals geholfen hat, ist Information. Information ist genauso gut wie Geld. Weil Information wird dir Geld beschaffen. Man muss einen bestimmten Vibe rüberbringen. Manchmal bin ich etwas extra-femininer, als ich es normalerweise sein würde. Weil gleichzeitig bin ich mit lauter Typen unterwegs und kann nicht die ganze Zeit straight girly sein. Manchmal muss ich so "What the fuck" sein, weil sie sind halt Typen. Muss halt manchmal einer der Typen sein, aber nicht zu sehr, weil ich will nicht, dass da etwas verwechselt wird. Ich bin eine Frau, aber ich bin kein Sucker. Und ich hänge zwar mit Kerlen ab, aber ich bin keiner. Immer die feine Linie langlaufen." Und so kam sie zum Rappen: "Ich war wahrscheinlich vom ganzen Konzept von Hip Hop inspiriert. Ich habe immer Artikel, Geschichten, Poesie und so geschrieben. Also war es wohl so etwas wie eine natürliche Weiterentwicklung. Ich habe verschiedene Instrumente gelernt, Schlagzeug, Gitarre, Klarinette und so. Eigentlich wollte ich Journalistin werden, ein Schreiber sein. Meine Eltern haben mich immer dazu ermutigt, kreativ zu sein. Sie haben mich in dem, was ich gerne gemacht habe, wie malen oder schreiben, unterstützt. Sie haben mir beigebracht, ein Denker und ein Macher zu sein, das hat mich beeinflusst, ein Künstler zu werden." 

Momentan baut sich Apani ein Studio auf und bastelt an einem Album und an einem Kochbuch.