Als ich gestern Abend aus Düsseldorf zurück komme und noch mal rasch den Laptop anschmeiße, stoße ich zunächst auf die neuste Parodie von Jan Böhmermann und kurz darauf auf einen vielgeteilten Kommentar vom splash Mag, der sich kritisch damit auseinandersetzte. Dass letzterer dabei ein paar Passagen aus der Abrechnung meines Kollegen Skinny einfach geklaut hat, ist an dieser Stelle nicht mehr interessant – wurde ja inzwischen geklärt.
Interessanter ist die sich anschließende Diskussion. Viele Rapper haben ablehnend auf das Video reagiert und Böhmermann einen respektlosen Umgang mit HipHop vorgeworfen – auch ich selber neige in einer ersten Reaktion dazu, dem Artikel von Yonca Pulur zuzustimmen. Bestimmte Aspekte ihrer Kritik teile ich grundsätzlich, aber trifft es hier wirklich zu?
Also schaue ich mir das Video noch mal an. Mein Eindruck: Finde ich nicht unfassbar komisch, habe schon weit besseres von Böhmermann gesehen. Negativ fällt auf jeden Fall das Imitieren des Kanak-Slangs auf. Tut das ein hellhäutiger Mittelstandsdeutscher, hat es immer einen faden Beigeschmack, einen Hauch von Herablassung und Anmaßung.
Nun ist „Pol1z1stensohn“ aber eine Parodie von Straßenrap – und diese würde ohne eine gewisse Annäherung an den handelsüblichen Duktus kaum funktionieren. Geil ist es trotzdem nicht. Und vor allem nicht besonders lustig.
Was mir aber mindestens genau so sauer aufstößt, ist die Verkrampftheit und der beleidigte Unterton, mit dem viele auf die Satire reagieren. Warum ist es denn so schwer zu ertragen, dass es Parodien gibt? Und vielleicht geht es ja gar nicht nur um Straßenrap. Vielleicht geht es ja auch um Kritik an der Polizei. Oder daran, dass Polizisten ihre Autorität mitunter missbrauchen. Oder dass die beliebte Allmachtsgeste im Straßenrap nichts an den gesellschaftlichen Machtverhältnissen ändert. Oder…
Jan Böhmermanns Satire ist auf keinen Fall mit der dümmlichen Pseudo-Provokation eines Chris „Darf er das?“ Tall gleichzusetzen. Sie wirft weit mehr Fragen auf, statt einfach nur Klischees zu verbraten.
Und das sollte Rap aushalten können. Es braucht keine Wagenburg-Mentalität, wo jeder, der sich über bestimmte Eigenarten lustig macht, gleich zum Ketzer und Ungläubigen erklärt wird. Und dabei ist es vollkommen egal, ob die Satire nun von außerhalb kommt oder intern erfolgt, wie im Falle von Graphizzle Novizzle.
Satire muss auch nicht immer fair und ausgeglichen sein oder „einen wahren Kern“ enthalten. Sie kann und darf alles. Darüber lachen muss keiner, der es nicht lustig findet. Aber auf beleidigt zu schalten und sich darüber zu ärgern ist alles andere als souverän und weist eher auf eigene Selbstzweifel hin. Und die muss Rap sicherlich nicht zu haben.
Eine sehr interessante, niveauvolle Diskussion über das Thema findet übrigens hier statt:
Liebes Splash! MAG, ohne hier länger darauf einzugehen, wie unsouverän es ist, einen Link von der eigenen FB-Seite zu lö…
Posted by Mathias Richel on Thursday, 26 November 2015