Skinnys Abrechnung #10: Album-Verschiebungen

Hier verschiebt sich ein Album-Release um eine Woche, da um einen Monat und dort um einen ungewissen Zeitraum. Das mit den Verschiebungen ist so eine Sache. Oft kann man sagen: „Shit happens, kann eigentlich keiner wirklich was für.„. Oft kann man aber auch sagen: „Warum kündigt ihr dämlichen Volltrottel schon fest euer Album an, wenn es noch nicht mal ansatzweise fertig ist?„. Die Dudes und Dudines bestellen dann alle fleißig vor und freuen sich auf das Album, um zwei Wochen vorm angekündigten Termin eine überraschende und nicht minder enttäuschende Verschiebung in die Fresse zu bekommen.

Das ist doch scheiße, wenn man sich auf ein Album freut und dann nur wegen geschäftlichen Interessen zurückstecken muss. Einfach weil beschlossen wurde, ein halbfertiges Album, das noch nicht einmal einen Termin beim Mastering-Engineer hat, schon großspurig anzukündigen – am besten wird das Releasedate in zwei Teilen bekannt gegeben oder die Bekanntgabe vorab angekündigt – um aus einer möglichst langen Promophase schöpfen zu können. Industry at it’s best. Irgendein nices Datum picken – wird schon fertig werden. Wird schon gut werden. Wird’s dann natürlich nicht immer – selbst wenn das Album zeitig fertig ist, irgendwas geht trotzdem schief. Häufig gibt es Probleme mit den Ltd. Deluxe Boxen, die ich ohnehin so liebe. Irgendeine der tollen Dreingaben wurde fehlerhaft geliefert oder in zu geringer Auflage produziert – wie kürzlich bei Ruffiction geschehen.

Da sind dann zu wenig Flaggen da, oder die Autogrammkarten sind fehlerhaft, die Papp-Box selbst hat das falsche Format, oder, oder, oder… Alles schon passiert. Gerade in diesen Fällen frage ich mich: Warum veröffentlicht man das Album nicht trotzdem? Mit der Musik ist doch alles okay! Lasst den Box-Käufern einfach einen Downloadlink zukommen, die Box kommt dann halt Später. Würde sie ja sowieso – ist natürlich trotzdem schade für die Trottel die sich auf so eine Box gefreut haben – aber wenigstens müssen dann nicht alle baumeln und die Musik haben sie doch trotzdem. Auf die kommt es nämlich an, verdammt nochmal! Nicht auf den Schnickschnack in der Box. Auf den kann man warten.

Natürlich sind nicht die Künstler selbst daran schuld, wenn sich ein Album aus geschäftlichen Gründen verschiebt. Da stehen immer diverse Leute und Mechanismen hinter – der Künstler selbst ist Dienstleister. Und wenn ein Künstler beschließt, sein Album aus künstlerischen Gründen zu verschieben, um kein halbgares Produkt auf den Markt zu schmeißen, dann habe ich großen Respekt davor und würde im Traum keine Kolumne schreiben. Aber das ist eben selten der Fall, weil Künstler, die einem selbst gesetzten Standard gerecht zu werden versuchen, die kündigen ihr Album nicht schon ein Jahr bevor auch nur die halbgare Version fertig ist an, um es immer wieder und wieder zu verschieben.

Ich stoße mich einfach daran, dass diese ständigen Albumverschiebungen irgendwie stellvertretend für vieles stehen, was in der deutschen Rap-Landschaft schief läuft. Ich meine nicht für Beef und all diese Sachen, die ich hasse. Nein, ich meine für den verlorenen Fokus auf das Wesentliche. Mit dem Wachstum dieses Genres wuchs natürlich auch das darin steckende Kapital und dementsprechend die industriellen Mechanismen dahinter. Und die sind eben auf Alben raus schleudern, Promophasen, Deadlines und Boxen ausgelegt – nicht darauf sich Zeit zu lassen, um ein gutes Album zu machen. Sollte der ein oder andere aber vielleicht mal tun.