Sprachstudie analysiert „JBG 3“ von Kollegah und Farid Bang

„JBG 3“ von Kollegah und Farid Bang sorgte zu Beginn des Jahres für heftige Diskussionen. Nun haben sich zwei Sprachforscher wissenschaftlich mit dem Album auseinandergesetzt – und kommt zum Ergebnis, dass den Texten kein struktureller Antisemitismus nachzuweisen sei.

Gründliche Analyse der Texte

Besonders eine Line wurde immer wieder kritisiert: „Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“. Viele hatten Kolle und Farid aufgrund dieser Zeile Antisemitismus vorgeworfen.

Der Frage, inwiefern Antisemitismus in den Texten auf „JBG 3“ eine Rolle spielt, sind nun Sven Bloching und Jöran Landschoff nachgegangen. Dazu haben sie die Texte des Albums ausgewertet. Das Ergebnis ihrer Studie, die den Titel „Diffamierungen, Humor und Männlichkeitskonstruktionen“ trägt, wurde im Sprachreport 4/2018 veröffentlicht.

„Kein systematischer Antisemitismus“

Zur umstrittenen Zeile stellen sie fest: „Im Kontext dieser Analyse liegt die Vermutung eines systematischen Antisemitismus allerdings fern, da sich diese zwei Zeilen als drastische Tabubrüche lesen und der Auschwitz-Vergleich sich in die Kategorie der Diffamierung von Opfern historischer Ereignisse generell, die Holocaust-Zeile als der Versuch der Darstellung einer maximal grausamen Gewaltanwendung einordnen lassen.“

„Drastische Tabubrüche“

Auch insgesamt finden die Autoren der Studie keinen Beleg für antisemitische Einstellungen in den Texten des Albums.

„Legt man der Beantwortung der Frage nach der antisemitischen Einstellung der beiden Rapper Farid Bang und Kollegah nur die Texte dieses Albums zugrunde, müssten die Autoren diese als linguistisch nicht eindeutig belegbar zurückweisen. Strukturell stehen die beiden Textzeilen als Außenseiter neben erkennbaren Strukturen von Gewaltverherrlichung, Subordination der Frau und Diffamierung anderer Musiker sowie Maskulinismus, während für einen strukturellen Antisemitismus weitere Hinweise fehlen, wie die quantitative Analyse verdeutlicht“

Bei der Auswertung der Texte gingen die Forscher quantitativ vor, das heißt, sie zählen akribisch auf, welche Personengruppen auf „JBG 3“ wie oft beleidigt oder herabgewürdigt werden.

Frauen und Rapper am meisten betroffen

Mit Abstand die meisten Disses bekommen dabei andere Rapper ab (51%). Frauen belegen Platz 2 (23%), dahinter folgen mit 9% Gewaltopfer und ethnische Minderheiten.

Vor dem Hintergrund ausführlicher sprachwissenschaftlicher Erläuterungen zum kulturwissenschaftlichen Hintergrund des auf dem Album verwendeten Humors stellen die Forscher also fest, dass Maskulinismus, Sexismus, Gewaltverherrlichung und eine allgemeine Abwertung von gesellschaftlich Schwächeren das Album prägen – jedoch kein Antisemitismus nachweisbar ist.

Die Forscher beziehen sich dabei ausschließlich auf die Texte des betreffenden Albums – andere Songtexte oder Interviewaussagen wurden nicht untersucht.

Alle Ergebnisse der Studie findest du hier