Es ist ein nie enden wollendes Thema: die Sampling-Debatte. Ausgerechnet die legendären Kraftwerk streiten seit geraumer Zeit mit dem nicht minder legendären Moses Pelham vor dem Bundesverfassungsgericht, der höchsten juristischen Instanz in Deutschland, um die Verwendung von Samples. Nun geht der Fall vor den Europäischen Gerichtshof. Der Bundesgerichtshof legte heute einen Fragenkatalog vor, durch dessen Beantwortung geklärt werden soll, ob die Verwendung von Samples die Rechte des Urhebers verletzt oder die Kunstfreiheit Sampling abdeckt, sofern ein neues Werk dabei entsteht.
Pelham konnte kürzlich einen Etappensieg einfahren – das Bundesverfassungsgericht kippte das vorhergegangene Urteil des Bundesgerichtshofes, welches zu Ungunsten Pelhams ausfiel. Nun wird der Fall dem europäischen Gerichtshof anvertraut – seit 2002 gelten EU-weit nämlich dieselben Urheberrechtsgesetze.
Gegenstand der Verhandlung ist ein zweisekündiges Sample in Sabrina Setlurs Song „Nur mir“ , den Pelham 1997 produziert hatte. Das Sample war Kraftwerks „Metall auf Metall“ von 1977 entnommen und in einem sehr aufwendigen und kostspieligen Verfahren modifiziert worden.
Trotzdem klagten Kraftwerk 2012 gegen den vermeintlichen Diebstahl – der Bundesgerichtshof verurteilte Pelham daraufhin. Im November 2015 wurde der Fall in einer mündlichen Verhandlung vorm Verfassungsgericht neu aufgerollt, was darauf hindeutet, dass dieses eine Reform dieser Restriktionen in Erwägung zu ziehen scheint.
Die Problemfragen, die im Prozess geklärt werden sollten: Wie hinderlich bzw. einschränkend ist eine derartige Restriktion für die Kunstfreiheit und kreative Prozesse? Und anderseitig: Welchen wirtschaftlichen Schaden trügen die Produzenten der Samplequellen bei einer Lockerung davon? Nun liegt es am Europäischen Gerichtshof, diese zu beantworten.
Die momentane Gesetzeslage erlaubt entsprechend dem Urteil des Bundesgerichtshofes lediglich die „freie Benutzung“ eines Samples, wenn dieses nicht „gleichwertig“ kopiert bzw. nachgespielt werden kann – was dazu führt, dass gerade aufwendige, komplexe Werke wie „Metall auf Metall“ ungeschützt sind, während einfache Werke unter Schutz stehen.
Dass Sampling einer der zentralen Aspekte von HipHop und Rapmusik ist, sollte in dieser Debatte auch berücksichtigt werden. Ebenso aber, dass die Entnahme von Samples nicht der plumpen Ersparnis von Arbeit auf Kosten der Mühen Anderer geschehen sollte. Eine Gesetzgebung nach diesen Kriterien erachteten die Verfassungsrichter aber nun für ungeeignet.
Pelham äußerte sich diesbezüglich: „HipHop ist dann nicht mehr möglich“ . Wenn man bedenkt, wie oft Rapper und HipHop-Produzenten in derartige Fälle verwickelt sind, hat er damit wohl gar nicht Unrecht.