Wo fängt man an über einen Rapper zu schreiben, bei dem allein auf discogs.com schon 65 Alben/Mixtapes aufgelistet werden und diese Aufzählung zu großer Wahrscheinlichkeit noch nicht einmal alle Releases umfasst. Ein Mann, der in Atlanta so ziemlich jeden erfolgreichen Rapper, von Young Thug über Peewee Longway bis Migos, herausgebracht hat. Es muss nichts mehr gesagt werden über den extrem großen Einfluss, den Gucci Mane aka Guwop auf die heutige Generation Rapper und Rapliebhaber hatte und noch immer hat. So ziemlich alles wurde geschrieben über seinen Style zu rappen, seine unverkennbaren Adlibs und seine Fähigkeit nicht Radric Delantic Davis, sondern Gucci Mane darzustellen und trotzdem er selbst zu bleiben. Nicht zu vergessen seine unzähligen Stunts, die ihn immer wieder in prekäre Situationen und des Öfteren auch in den Knast gebracht haben.
Ob und wie man das verurteilt bleibt jedem selbst überlassen (wobei wir es eindeutig bevorzugen würden, wenn er keine Frauen mehr aus fahrenden Autos schmeißen würde). Es hat aber in jedem Fall zu einer Steigerung seines Bekanntheitsgrades und zum heutigen Kult um Gucci Mane geführt. Man hat seine schon fast routinierten Gefängnisaufenthalte als etwas typisch Gucci-mäßiges hingenommen. Ihn dafür gefeiert, dass er es immer trill gehalten hat, dass er lebt, was er rappt und vice versa. Saß Guwop im Knast wurden die Streets mit seinen Tapes und Gratisalben überflutet. Wurde er entlassen konnte man sich sicher sein, dass er bald wieder eingebuchtet wird. Doch bis dahin war er Tag und Nacht fleißig im Studio, um ohne Ende zu recorden. Dieser Kreislauf war bis zum letzten Besuch hinter Gittern die bewährte Gucci Mane Formel und viele Leute dachten, dass das ewig so weitergehen würde.
Überraschender Wandel
Aber dann kam doch alles anders. Das obige Interview von Charlamagne, dem bekannten Radiomoderator von The Breakfast Club auf Power 105.1, stammt noch aus dem Jahr 2014. Zeitsprung, 26. Mai, 2016: Gucci Mane wird nach einer drei-jährigen Haftstrafe aus dem Maximum Security Prison in Indiana entlassen und von seiner Langzeitfreundin Keyshia Ka’oir abgeholt. Und schon die ersten Snaps zeigen, dass sich da einiges getan hat beim Trap God. Leute haben sich gefragt wo zum Teufel der weltberühmte Gucci Belly geblieben ist. Neben seinem zweiten Trademark, der tätowierten Eistüte im Gesicht, steht der Bauch für die Marke Gucci Mane und den Wohlstand, den er erreicht hat. Laut seiner Freundin sind bei ihrem Mann aber jetzt nur noch „Prison Boxes“ am Start.
In den ersten Bildern und Videos auf Instagram und Snapchat wird klar, dass Guwop sich im Knast nicht hat lumpen lassen an seiner Gesundheit zu arbeiten. Das Gesicht mit den prallen Backen ist geschrumpft, nirgendwo ist auch nur ansatzweise Fett zu erkennen. Schnell sind sich viele Fans einig, dass das nicht wirklich Gucci Mane sein kann und behaupten die Bilder zeigen nur einen Klon. Hallo Verschwörungstheorien! Das wirklich erstaunliche aber ist, wie Gucci sich präsentiert und was er von sich gibt. Scheinbar hat mit seiner optischen Veränderung auch ein Umdenken stattgefunden.
Beständig ist nur der Wandel
Hier ein älteres Video aus der Come Up DVD Reihe, dass Gucci vor ein paar Jahren im Studio zeigt. Vorsichtig ausgedrückt, etwas neben der Spur. Ein typischer Gucci Mane-Moment.
Und im Vergleich dazu das erste große Interview nach Knast und Hausarrest.
Eine komplett umgekrempelte Person. Sein Down South Drawl, die typische Art zu sprechen im Süden der USA, ist um einiges verständlicher geworden, man kann nun wirklich verstehen, was er von sich gibt. Seine Körperhaltung könnte einem schon fast schüchtern vorkommen. Keine Drogen mehr! Keinen Alkohol mehr! Wieso sollte er auch, er hat ja seine bezaubernde Frau. Das sind Aussagen, die Rapper eigentlich eher selten tätigen. Aus Gucci Manes goldbegrilltem Mund wären sie früher undenkbar gewesen.
Wie lässt sich also erklären, dass aus dem in Drogen und Waffen vernarrten Gucci Mane, der Sport treibende, Ich-tu-nur-noch-was-richtig-ist-Gucci Mane geworden ist. In den seltensten Fällen bleiben Menschen über mehrere Jahre die komplett gleiche Person, aber hier sieht man einen Menschen, der die Zeit hatte um gründlich über sich und sein Leben nachzudenken und es auch getan hat. Viele Rapper sind schon im Knast gelandet und wenige sind so rundum erneuert wieder rausgekommen. Menschen können sich verändern, aber Gucci war mehrmals im Gefängnis und war danach der gleiche Gucci Mane wie davor.
Was ist da passiert?
Ein paar Vermutungen warum Gucci es bis zum letzten Knastaufenthalt nicht geschafft hat sich zu verändern. Auch ein Gucci Mane ist nicht immun für die Erwartungen der Außenwelt, die an seine Person gestellt werden. Fans haben ihn für seine Eskapaden und seinen Lifestyle gefeiert. Ohne diesen wäre seine Musik nicht so populär geworden wie sie es heute ist. Hätte er schon vorher daran gedacht, sich so stark zu verändern, hätte das mit Sicherheit dazu gehört, dass er alte Fans verloren hätte. Vielleicht war Guccis Ego auch einfach zu groß, als dass er sich Fehler hätte eingestehen können. Das im Mix mit seinem Drogenkonsum mag zu einer Ignoranz geführt haben, die Veränderung schlicht und einfach nicht zuließ. Eine andere Vermutung wäre, dass Guwop es ohne Wissen der Öffentlichkeit schon einmal versucht hat gesünder zu leben, es aber nicht geschafft hat und nur der Aufenthalt im Gefängnis ihm die nötige Ruhe gegeben hat, um es durch zuziehen.
Vielleicht ist es auch einfach der Tatsache zu verdanken, dass er seine Zeit dieses Mal nicht im normalen Knast, sondern im Maximum Security Prison mit Serienmördern und ähnlichen Konsorten verbringen musste. Kein Ort also, an dem irgendjemand seine Strafe absitzen will. Ein Ort, der anscheinend gezeigt hat, dass auch an einem der ignorantesten Rapper im Game das Leben nicht einfach vorbeizieht ohne Eindrücke zu hinterlassen. Vielleicht war auch einfach genügend Zeit notwendig, um die Reifeprozesse in seinem Kopf wirken zu lassen.
Man wird nie genau herausfinden was in Gucci Manes Kopf wirklich vor sich ging, wichtig ist, dass er es geschafft hat sein Leben in eine psychologisch und physiologisch gesündere Richtung zu lenken. Ohne hier groß die Moralkeule zu schwingen kann Guccis Veränderung der Generation, auf die er so einen großen Einfluss hat, zeigen, was möglich ist. Ganz ohne Klone und Doppelgänger.
PS: Gucci scheint es jetzt gut zu gehen und das ist doch das Wichtigste. Und natürlich, dass er die neue Gucci Kollektion abfeiert. Der Name ist Programm. BURR.