Noch bevor ich den ersten Song höre oder mir die Trackliste durchlese, sehe ich oft zuerst das Cover eines Albums. Zugegeben, manche Rapper tauschen ihre Cover öfter als Sido seine origin-Story, dennoch entscheidet auch das Bild, ob ich auf einen Artikel klicke oder ein Album kaufe – oder eben nicht. Und ein Albumcover ist eine so großartige Sache. Man kann damit seiner Musik ein Gesicht verpassen, ihr eine neue Ebene hinzufügen oder ein Zeitdokument schaffen.
Während viele Alben genau diese Chancen nutzen, gibt es ebenso viele, deren Albumcover langweilig und austauschbar sind. Sie sagen nichts wichtiges über den Rapper oder seine Musik aus. Deswegen sollen die negativen Beispiele auch überhaupt nicht die Person oder ihre Musik kritisieren, sondern lediglich die Gestaltung des Covers.
Nehmen wir als erstes Beispiel Prinz Pi, der als studierter Kommunikationsdesigner seine Artworks selbst oder zumindest mitgestaltet. Von seiner früheren Diskographie verbinde ich jeden Albumtitel sofort mit einem Bild. Grade „Donnerwetter“ und „Neopunk“, dessen Artdesign sogar eine eigene Ausstellung erhielt, zeichnen sich durch ein einheitliches und einzigartiges Design aus, das sich durch das Booklet und auch Videos zieht.
Schaut man sich die letzten Releases des Berliners an, frage ich mich, wo dieses Merkmal geblieben ist. „Rebell ohne Grund“, „Kompass ohne Norden“ und „Im Westen nichts neues“ sind nicht nur für sich langweilige Cover, sie sehen auch noch so gut wie gleich aus. Das ist sicherlich gewollt, jedoch kann ich die Musik gar nicht mehr mit dem Bild verbinden, da dieses austauschbar geworden ist. Der Sprung von kreativen, originellen Cover-Motiven zu generischen Portraits.
Auch viele andere Rapper präsentieren sich schlicht auf ihrem Albumcover. Sie schauen in, wahlweise auch neben die Kamera oder posieren vor ihr. Vielleicht soll es den autobiografischen Aspekt der Musik hervorheben, dass man mit seinem Gesicht zu seiner Musik steht. Da dieser Aspekt jedoch naheliegend ist und daher dieses Motiv schon oft benutzt wurde, erzielt es nicht die gewollte Wirkung und scheint abgegriffen. Besser macht es zum Beispiel Mudi, der zwar das gleiche Motiv wählt, es jedoch durch Familienfotos ergänzt.
Ein anderer Trend ist der mit Öl eingeriebene Oberkörper. Ich sehe, du hast ein McFit-Abo und die Zeit und das Durchhaltevermögen, dir einen stabilen Körper anzutrainieren. Meinen ehrlichen Respekt dafür. Und klar kann man seinen Körper präsentieren, wenn Kraftsport ein wichtiger Inhalt der Musik ist. Aber einfach nur dazustehen und den Arnold Schwarzenegger mimen ist reichlich einfallslos. Vielleicht wollen Rapper sich aber auch nur auf diese Weise für ihre homophoben Texte (natürlich nicht bei allen und ja, „es sind keine Homosexuellen gemeint“ usw.) bei den schwulen Zuhörern entschuldigen und ihnen mit ihrem Adoniskörper noch ein kleines Schmankerl auf den Weg geben.
Nun aber genug der Kritik. Es ist Zeit für ein paar Props, denn die viele Cover deutscher Rapper zeigen, wie man die musikalische Ebene kreativ in eine bildhafte umsetzt. Da wären zum Beispiel Collagen wie bei Pilz‘ „Kamikaze“ und Shindys „Dreams“ oder Zeichnungen wie zu Prezidents „Limbus“, Audio88 und Yassins „Halleluja“ und Kool Savas‘ „Essahdamus“. Aber natürlich können auch Fotos ein tolles Cover abgeben, wie Ali As‘ „Euphoria“ und „High und Hungrig 2“ von von Bonez MC und Gzuz. Vielleicht sollten alle Rapper daran denken, dass ich etwas von ihm sehe, bevor ich ihn höre und dass man, egal ob falsch oder richtig, von einem uninteressanten Cover auch schnell auf uninteressante Musik schließt.