Pro
von Tina
Cloud Rap ist ein sehr umstrittener Begriff. Das hat unter anderem damit zu tun, dass er quasi als Label dient, gewisse Rapper vom „richtigem“ Rap auszuschließen. Höchstwahrscheinlich deshalb, weil Cloud Rap-Artists gerne mit den Regeln von herkömmlichem Rap brechen. Dies betrifft sowohl die Beats als auch die Thematik. Viele Cloud-Rapper beschäftigen sich mit dem Lebensgefühl der Generation Y – irgendwo zwischen melodramatischen Herzschmerz und einer allumfassenden Gleichgültigkeit und Gefühlskälte. Passend zu dieser zerrissenen Haltung sind auch Drogen oft ein Punkt. Die haben zwar schon immer einen gewissen Einfluss auf die Musik gehabt, kehren aber als Motiv und Anknüpfpunkt im Cloud Rap im großen Stil zurück.
Die Kritik an Cloud Rap gründet aber auch darin, dass das Wort vieles umfasst und daher nicht wirklich als konkrete Kategorisierung dienen kann. Es ist ein schwammiger Begriff, der im Endeffekt nichts aussagt.
Das allerdings gilt strenggenommen für so gut wie alle Begriffe. Auf der anderen Seite zeigt sich in anderen Musikgenres wie beispielsweise Metal, dass Subgenres durchaus auch als selbstbewusste Statements funktionieren können, da sie für neues Schaffen stehen und eine gewisse neue Entwicklung auf den Punkt bringen. Um einen neuen Trend zu starten, braucht es immer auch einen Begriff. Warum also sollte das Schlagwort Cloud Rap negativ sein, wenn dadurch doch auch eine kreative neue Bewegung entstehen kann?
Klar haben Medien zur Kategorisierung enorm beigetragen. Durch die Verwendung des Begriffs durch Webseiten und Magazine ist er mittlerweile auch schon außerhalb des Musikjournalismus angekommen. So wurde beispielsweise im TV-Sender Arte oder in der, naja, Bravo darüber berichtet. Und das ist erstmal gut: So können Künstler dieses Genres einer breiteren Masse vorgestellt werden. Und gerade dazu braucht man griffige Bezeichnungen.
Letzten Endes ist Cloud Rap eher ein Trend oder ein Movement und kein echtes, klar abgegrenztes Subgenre von Rap. Vielleicht kann er auch einfach für die Freiheit der Kunst stehen, für eine Bewegung, die sich nicht genau definieren lässt und für alles stehen kann, die aber dennoch einen Namen hat.
Contra
von Sarah
Es gibt aber auch negative Seiten für die Künstler. Sie werden allesamt in einen Topf geworfen, oft ohne Legitimation. So werden beispielsweise laut Wikipedia-Eintrag von Cloud Rap A$AP Rocky und Lil B dazu gezählt. Hört man sich aber nur mal jeweils einen Track von beiden an, kann man diese Kategorisierung nicht mehr ernst nehmen.
Abgesehen davon ist es auch ein schlechtes Omen für Newcomer: wenn man ihren Namen einmal in Verbindung mit Cloud Rap gehört hat, doch Künstler, die man aus diesem vermeintlichen Subgenre bisher gehört hat, nicht mag, geht man automatisch davon aus, dass man diesen Newcomer auch nicht feiern wird. Es gibt aber trotz dieser Schublade keinen einheitlichen Sound derer, die in ihr gefangen sind. Einen Stempel aufgedrückt zu bekommen kann also auch schädlich sein. Gerade in so einer schnelllebigen Gesellschaft, wo sich keine Zeit mehr für eine genauere Prüfung genommen wird.
Nochmal zu der besagten Kritik an den „Cloudrappern“, dass sie ja eigentlich gar keine richtigen Rapper seien. Diese Schublade wird also zur Außenseiter-Schublade und will von engstirnigen Realkeepern gar nicht erst geöffnet werden. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass die Schublade Cloud Rap gar nicht erst zum Rap-Schrank hinzugefügt worden wäre, wenn nicht immer mehr Leute das Trap-Fach begutachtet hätten. Neuerer Sound braucht zumeist Eingewöhnungszeit, oder eben einen Vorreiter, der das Publikum langsam an mehr oder weniger Neues heranführt.
Aber was, wenn es nicht mal den Begriff Trap gegeben hätte? Die Vergangenheit kann man nicht mehr ändern und die Begriffe sind nun mal schon da, aber hätte man einfach nur von „Musik“ gesprochen und einfach nur „Musik“ gemacht, dann hätte man die Zuhörer vielleicht gar nicht erst mit Trap für Cloud Rap bereit machen müssen.
Menschen brauchen angeblich Schubladen, sonst könnten sie mit vielem nichts anfangen. Aber vielleicht ist es gar nicht nötig, dass wir Sachen immer einordnen müssen. Wenn man intensiver über Musik redet, dann macht man das eher mit Leuten, die davon ähnlich Ahnung haben wie man selbst, und wenn jemand einen Künstler nicht kennt oder nicht weiß, was mit „schnellen Hi-Hats“ gemeint ist, dann kann man ihm das ganz einfach zeigen. So würden noch unbekannte Künstler auch nicht untergehen, nur weil sie durch einen Cloud Rap-Stempel in eben jener Schublade gelandet sind.
Schließlich: Modewörter, so wie Cloud Rap eins ist, machen es einem Künstler nur schwerer, auch mal etwas anderes auszuprobieren. Stattdessen lassen sich einige Künstler davon einschränken – selbstverschuldete Unmündigkeit, quasi. Gäbe es diese ganzen Begriffe nicht, wären Künstler wie Zuhörerschaft vielleicht offener und die Musik könnte experimentierfreudiger sein.