„Uh„, „Yo„, „Sheeesh„, „Braaa Braaa“ . Solche und andere Laute sind seit geraumer Zeit ein fester Bestandteil des Rapgames. Ganz trocken nach Definition sind Adlibs das „Ausschmücken von Melodien mit eigenen Ideen„. Im Rap stehen sie für kurze, prägnante Vocal-Schnipsel, die mehrere Funktionen erfüllen können. Welche Künstler den Trend starteten, ist nur schwer bis gar nicht nachzuvollziehen, klar ist nur, dass die Amis natürlich die ersten waren. Ob Puff Daddy mit seinem „Aha, come on„, Juelz Santanas legendäres „Dipset, ay!“ oder der Birdcall – die Jungs jenseits des großen Teichs setzten auch in dieser Hinsicht die Trends.
Auch hier zu Lande ist das Adlib-Game längst im Repertoire eines jeden erfolgreichen Artists angekommen. Celos „385“ oder Azads „Ahzett“ sind nur zwei Beispiele dafür. Adaption amerikanischer Adlibs wie „Burr“ oder „Scurr“ durften dabei natürlich auch nicht außer Acht gelassen werden.
Ein Vorteil des Adlibs ist der Wiedererkennungswert. Ein originelles Adlib funktioniert wie ein Jingle. Fast jeder Rapfan denkt bei dem Namen Jadakiss an seine hohe Lache, bei Young Jeezy an das langgezogene „Yeah“ oder bei Lil Jon an das aggressive „Okay!“ . Diese kurzen Vocal-Fetzen schaffen eine Identität, man hat sofort den Künstler im Kopf, wenn man das zutreffende Adlib hört.
Wirklich spannend – und wirklich gut – wird es aber erst, wenn man dieses unterstützende Element nicht nur als Catchphrase, sondern als eigenständiges Element verwendet, quasi als Instrument. Adlibs können nämlich noch sehr viel mehr als dem Hörer klar zu machen, welcher Rapper gleich mit seinem Part beginnt. Sie bieten dem Künstler die Möglichkeit, über seinen aufgenommen Vers oder seine Hook zu freestylen und eine zweite Ebene einzufügen. Mit Melodien, Wiederholungen oder der Imitation von verschiedenen Sounds kann man die Aussage oder den Klang einer Zeile verstärken. Adlibs werden meistens im Unterbewusstsein wahrgenommen, machen beim Hören eines Songs aber dennoch oder gerade deswegen einen großen Unterschied.
Ein Paradebeispiel dafür ist Holy Modee mit seiner „R€D¥“ -EP. Der Cosmo Gang-Künstler treibt die Nutzung von Adlibs auf die Spitze, was bei seinem Sound auch hervorragend funktioniert. Die technisch starken Parts auf den trappigen Instrumentalen werden von autotunelastigen Vocals abgerundet. Da sind gesungene Wiederholungen des Endreimes, gesäuselte „Uhhuuhuuu“ -ähnliche Laute oder Ansagen wie „Niemals, Niemals!“ in anderer Tonlage. Was im geschriebenen vielleicht lächerlich klingen mag, funktioniert in der Musik aber komplett.
Ein sehr gutes Beispiel dafür ist der Song „Für immer“ . Modee nutzt die Adlibs im Refrain so, dass sie quasi eine zweite Hauptspur bilden. Sie unterstützen die Vocals in der Hook, während sie gleichzeitig ein Eigenleben entwickeln und den Song um weitere Melodien bereichern. Holy Modee hat es verstanden, mit kleinen Details seinen Sound ein großes Stück besser zu machen, nicht umsonst war er auch für die Adlibs des Mauli-Albums „Spielverderber“ zuständig.
Hier verschenken andere deutsche Rapper (noch) Potenzial. Gut rappen können viele, gute Beats picken auch. Abgrenzen kann man sich heutzutage, wenn nicht durch einen komplett neuen Sound, fast nur noch über ein ausgearbeitetes Image oder eben durch Detailarbeit, wie den Gebrauch von Adlibs oder kreativen Back-Ups. Denn: Nicht nur die Catchphrases selbst schaffen Wiedererkennungswert, auch die Art und Weise, wie Adlibs genutzt werden, können das Profil eines Artists schärfen. In diesem Sinne: Burrr.