Promo-Beef? War gestern. Die neue Strategie: Provozieren um jeden Preis. Natürlich nicht, indem man eine interessante Meinung vertritt. Viel zu anstrengend. Nein, einfach ein paar reaktionäre Sprüche raushauen, wird sich schon jemand drüber aufregen. So geschehen kürzlich bei Al-Gear. Zu dumm, dass seine Witze nicht nur unlustig sind, sondern auch jahrhundertealte gesellschaftliche Tabus und Klischees weiter am Leben erhalten.
Die Hälfte der Weltbevölkerung blutet monatlich für etwa vier bis sechs Tage aus der Vagina. Ein völlig normaler Prozess. Er gehört zu einem Zyklus, der neues Leben erschafft.
Das gleicht eigentlich einem Wunder – allerdings scheint der Düsseldorfer das anders zu sehen. Er bezeichnet alle menstruierenden Frauen als Hurentöchter und fordert, sie zu Hause einzusperren, sobald die Periode einsetzt. Eine Partei, die diese Idee in ihr Parteiprogramm aufnehme, würde er sofort wählen.
„Sollte eine anerkannte Krankheit sein“
„Liebe Frauen da draußen: Bitte redet nicht über eure Tage. Der Satz ‚Ich habe meine Tage‘ ist Gift! Ägh, ekelhaft! Wie kann eine Frau zu einem Mann sagen: ‚Ich kann heute nicht: Ich habe Blut aus der Muschi‘. Und es gibt Fotzen, die gehen raus, da draußen in diese Welt, diese dreckigen Hurentöchter mit ihren Tagen. Eigentlich sollte das eine anerkannte Krankheit sein. […] Einsperren zu Hause, Tschüss.“
Natürlich geht es dem Düsseldorfer vor allem um eins: Aufmerksamkeit. Die Masche ist so billig wie effektiv. Mit seinen Äußerungen spricht der fluchende Periodenhasser ein sensibles Thema an, das bei vielen Frauen Scham auslöst. Scham, die daraus resultiert, dass ein völlig normaler körperlicher Vorgang gesellschaftlich tabuisiert und als etwas Unreines dargestellt wird. Blut in Horror- oder Actionfilmen, welches immer in Verbindung mit Gewalt und Hass dargestellt wird, scheint völlig in Ordnung zu sein. Friedliches Menstruationsblut hingegen nicht.
Frauen wollen nur Geld? Gähn!
Um ganz sicher zu gehen, dass er auf jeden Fall als sexistisch, altmodisch und unaufgeklärt rüberkommt und damit Empörung auslöst, belässt er es nicht bei diesen Aussagen, sondern legt direkt nach: „Okay, Frauen. Um das mal für euch verständlich zu machen: ‚Ich hab meine Tage‘ ist genau so’n ekelhafter Satz, wie wenn Männer sagen: ‚Ich hab kein Geld.’“
Dass Frauen nur an dem Geld von Männern interessiert sind, ist ein sehr standhaftes Klischee. Es stammt aus einer Zeit, in der Frauen von Männern abhängig waren. Eine Zeit, in der sie kein Mitspracherecht, kein eigenes Bankkonto und keine eigenen Einnahmen hatten. Möglicherweise sehnt sich Al-Gear ja nach dieser Zeit zurück.
Irgendwas mit Frauen und Küche
Und um die Sache richtig rund zu machen, legt er direkt mit dem allerlangweiligsten Klischee nach: „Wenn ihr nur halb so viel Energie in die Küche stecken würdet, wie in euer Instagram, um mich hier voll zu labern, dann wär doch alles super, dann hätten wir alle keine Probleme.“ Frauen gehören in die Küche, haha, sehr witzig, noch nie vorher gehört.
Und natürlich geht seine billige Strategie voll auf. Jede Menge Empörung – und sehr viele Kommentare, die selbst homophob, sexistisch und/oder rassistisch ausfallen. So steht in einer Nachricht: „Hoffentlich blutest du mal aus deinem arschgeficktem Anus, du Schwuchtel, in meinem Umfeld gibt es niemanden, der sich vor Tagen ekelt und die sind alle hetero. Wahrscheinlich bist du Schwuchtel einfach nur ein Schwanzlutscher. Du bist ein Hurensohn.“ In einer Anderen wird er als „algerischer Spast“ bezeichnet.
Klar, die sachlichen und fundierten Kritiken, die sicherlich auch per Nachricht bei ihm eingegangen sind, hat er höchstwahrscheinlich mit Absicht nicht veröffentlicht. Seine Intention ist keine sachliche Auseinandersetzung mit einem tabuisierten Thema, sondern die größtmögliche Polarisierung – und damit die größtmögliche Aufmerksamkeit.
Schluss mit dem Scheiß
Unabhängig davon, dass solche Strategien in der heutigen Zeit leider immer aufgehen: Bitte lasst euch niemals eure Stärke, euren Körper oder euren Lebensstil schlecht reden, liebe Frauen. Lasst euch von niemandem sagen, was ihr zu tun oder zu lassen habt oder wofür ihr euch schämen solltet. Schämt euch für nichts, was normal ist und entschuldigt euch für nichts, was nicht eure Schuld ist.
Redet miteinander über die manchmal unangenehm erscheinenden Dinge und sorgt dadurch dafür, dass es euren Töchtern vielleicht nicht mehr unangenehm ist, über diese zu sprechen. Sprecht auch mit Männern über eure Periode, sodass sie mehr über das Thema erfahren. Nur, weil ausschließlich Frauen ihre Tage haben, bedeutet das nicht, dass Männer sich nicht auch für die Vorgänge im Körper der Frauen interessieren können. Gegenseitiges Verständnis kann nur durch Austausch entstehen.
Und bitte, liebe Männer: Stellt Fragen, hört zu und gebt Frauen niemals das Gefühl, dass sie sich für die normalsten Dinge der Welt schämen sollten. Und noch viel wichtiger: Erzählt ihnen nicht, was sie zu tun oder zu lassen haben. Ihr habt nicht das Recht dazu und wir werden euch dieses Recht auch nie wieder zurückgeben. Es gehört uns. Lebt damit.
https://www.instagram.com/p/B3rPU0zIDqS/