Liebe Hype Awards: Bonez‘ Witze über häusliche Gewalt verdienen keinen Preis

Als der Echo den Bach runterging, hinterließ dEuTsChLaNdS gRößtEr mUsIkPrEiS eine klaffende Leere. Eine Marktlücke, die gestopft werden will. Als Flicken fungiert dEuTsChLaNdS nEuStEr mUsIkPrEiS – die Hype Awards, die sich ausschließlich urbanen Gefilden, sprich dem HipHop-Dunstkreis, widmen.

Die Hype Awards machen ohne Frage vieles besser. Sogar fast alles. Besser als der Echo, der Rap ohnehin immer stiefmütterlich, zuweilen sogar respektlos, behandelt hatte. Geile Sache also, dass wir endlich unsere eigene hochwertige Award-Show haben! Für die Hype Awards entscheiden außerdem nicht nur schnöde Zahlen, wie es beim Echo der Fall war. Hier ist eine 20-köpfige, leider vorwiegend männliche Jury am Drücker, bunt zusammengewürfelt aus Labelmenschen, Radiomoderator*innen, Produzent*innen, Journalist*innen sowie szeneinternen Experten und Expertinnen. Auch unser Mitarbeiter Alex Barbian ist am Start.

Die Juroren haben darüber abgestimmt, welche der Kandidaten aus einem aufgrund von empirischen Daten (Verkäufe, YouTube-Abos, Insta-Follower – solche Sachen, je nach Kategorie) erstellten Pool überhaupt nominiert werden. Je fünf Nominees stellen sich nun in 14 Kategorien dem öffentlichen Voting.

Störende Details

Dass da einige Details störend auffallen, etwa dass für weibliche Artists eine eigene Kategorie ins Leben gerufen würde, statt dass Rapperinnen und Rapper auf Augenhöhe behandelt werden, ist zwar unschön, aber kein Drama. Zumal es vermutlich sonst höchstens Juju in die Abstimmung geschafft hätte. Selbst die Nominierung für den YouTuber Mois, dessen Content und Umfeld bei näherer Betrachtung mehr als grenzwertig sind, ist noch zu verschmerzen. Für die Veranstalter ist es schließlich auch das erste Mal, dass sie eine Award-Show hosten – bei einem Projekt in der Größenordnung kann man Kleinigkeiten verzeihen, zumal Feinjustierungen in den nächsten Jahren immer wieder vorgenommen werden können.

Allerdings gibt keine, absolut keine, Entschuldigung dafür, Bonez MC in der (ohnehin ziemlich unnötigen) Kategorie „Hype Instagram“ zur Wahl zu stellen. In jeder anderen Kategorie hätte er schon nichts mehr zu suchen. Ihn aber auch noch ausgerechnet für seinen Insta-Grind zu nominieren, also für den Kanal, den Bonez dafür genutzt hat, um sich über Opfer häuslicher Gewalt lustig zu machen, ist an Zynismus und Abgestumpftheit kaum zu überbieten. Der Echo ist wegen einer lausigen Punchline den Bach runtergegangen. Und hier will man direkt in der ersten Ausgabe Bonez für seine herausragenden Leistungen im Bereich Witze-übers-Frauenschlagen auszeichnen?

Gleichgültigkeit oder Unwissenheit?

Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Das ist Versagen in jeder einzelnen Instanz. Die Organisatoren hätten Bonez im Vornherein vom Voting ausschließen müssen. Haben sie aber nicht – ob aus Gleichgültigkeit oder aus Unwissenheit, sei mal dahingestellt. Das hätte nicht passieren dürfen.

Im zweiten Schritt hat die Jury versagt – auf ganzer Linie! Jedes einzelne Jury-Mitglied, das allen Ernstes für Bonez abgestimmt hat – und das müssen ja einige gewesen sein – sollte sich schämen. Sollte hier Unwissenheit im Spiel sein, hat man sich definitiv keinen Platz in solch einer Jury verdient. Sollte es Gleichgültigkeit sein, ist man einfach ein Arschloch. Ja, das meine ich genau so, wie ich es schreibe.

Es liegt in eurer Hand!

Jetzt liegt es in letzter Instanz an den Fans. Dass die in ihrer Gesamtheit nicht unbedingt mündig sind, beweisen diverse Kommentarspalten zu diesem Thema. Doch bleibt nun wohl nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass jeder einzelne, der abstimmt, mit seinem Vote verantwortungsvoll umgeht und Bonez ekelhaftes Verhalten abstraft oder zumindest nicht belohnt. Denn Bonez vor tausenden Zuschauern mit einer Echtgold-Kette dafür zu belohnen, dass er Opfer häuslicher Gewalt öffentlich verhöhnt hat, wäre der absolute Super-GAU für die Hype Awards. Das würde das Event zu einer abscheulichen Veranstaltung mit Raum für solch ein Verhalten, für solche Leute, degradieren. Und das muss echt nicht sein.

Abschließend ein paar direkte Worte an euch, liebe Veranstalter und Organisatorinnen der Hype Awards. Falls euch irgendetwas an Werten wie Integrität oder Anstand liegt, disqualifiziert ihr Bonez MC nachträglich von der Abstimmung. Jetzt sofort. Es liegt in eurer Hand – ihr seid schuld, wenn dieser Mann für seinen Spott gegenüber Frauen, denen Gewalt angetan wird, wirklich einen Preis erhält. Euren Preis. Euer Statement.