Mein Artikel zu Sexismus und Gewalt gegen Frauen im Deutschrap („Deutschrap braucht ein #metoo“) hat vielfältige Resonanz ausgelöst. Lassen wir die üblichen Hater-Kommentaren mal beiseite – es gab erfreulicherweise auch einige kritische, aber konstruktive Reaktionen.
Diese möchte ich hier zusammenfassen. Die Diskussion über Sexismus im Deutschrap und den angemessenen Umgang ist noch lange nicht durch. Im Gegenteil – es geht gerade erst richtig los.
„Deutschrap braucht kein #metoo“ (sookee)
„Deutschrap braucht kein #metoo„, eröffnet sookee ihren Beitrag zum Thema. Sie erklärt auch, warum: „Es braucht nicht wieder die Betroffenen, die den Mut und die Kraft aufbringen ihre Erfahrungen öffentlich zu machen, die die Strapazen der öffentlichen Anfeindungen, die Shuldumkehr und die Lächerlichmachung ertragen und gegebenfalls juristishe Prozesse im Shitstorm durchlaufen zu müssen.“
Was sie dagegen fordert: Selbstreflexion, kritische Männlichkeit und die Abkehr von einem Kapitalismus, der „mit Misogynie arbeitet und es „Sex(ism) Sells“ nennt“.
Konkret regt sie an, das Thema auf einer Deutschrap-Konferenz unter Beteiligung aller Medien zu vertiefen. „Empört sein und drauf hinweisen ist fein. Aber daraus eine politishe Praxis ableiten, transparent kommunizieren, Konsequenzen ziehen und dann irgendwann den Neustart als solchen nachvollziehbar machen, das ist der Shit.“
„Wir brauchen ein #MeToo in Deutschland“ (Salwa Houmsi)
Salwa Houmsi betont in ihrem Statement, dass Sexismus nicht nur im Deutschrap ein Problem ist: „Rap ist nicht das Problem, Rap ist Teil des Problems.“
„Sich bei einer deutschen #MeToo Debatte nur auf HipHop zu konzentrieren, finde ich naiv“, erklärt sie weiter. „Täter*innen sind überall im Showbusiness, in der Medienindustrie usw, nicht nur dort, wo Misogynie offensichtlich zelebriert wird.“
Die Forderung, betroffene Frauen sollten ihre negativen Erfahrungen mit Rappern in der Öffentlichkeit teilen, findet sie problematisch – „vor allem, wenn diese Forderung von männlicher Seite kommt. Wir alle wissen, dass das nicht so einfach ist.“
Konkret schlägt sie vor: „Frauen müssen empowered werden. Wir müssen ihnen ZEIGEN, dass wir sie hören, dass wir ihnen glauben und dass wir ihnen helfen.“
„Lasst uns anfangen mit unlocker werden. Jetzt.“ (Chaoze One)
Chaoze One betont ebenfalls, dass es sich nicht um eine reines Rap-Problem handelt. Und fügt hinzu, auch im Rap sei Frauenfeindlichkeit nicht erst seit gestern ein Thema. Misogynie heißt der Istzustand auch im Rap.“
Wichtig ist ihm auch, hervorzuheben, dass es bei dem Thema nicht darum gehe, mit dem Finger auf andere zu zeigen: „Wir tragen alle die Verantwortung – alle die an diesem Business beteiligt sind und alle die wir Geld für Konzerte und Merchandise Artikel ausgeben und damit diese Menschenfeindlichkeit finanzieren.“
Seinen Beitrag beendet er mit einem sehr ehrlichen, selbstkritischen Eingeständnis (dem ich mich anschließen möchte): „Sowieso bin ich in dem Thema keine Ausnahme, ich bin Teil des Problems.“
Seine Forderung – „unlocker werden“ – zielt aus meiner Sicht darauf ab, die Diskussion weiter zu führen. Nicht selbstgerecht, nicht herablassend. Aber eben auch nicht verharmlosend und gleichgültig („locker“), wie bisher so oft.
Drei Beiträge, die Hinweise darauf geben, was passieren muss. Die schlechte Nachricht: Es wird nicht einfach. Die gute Nachricht: Es gibt nix zu verlieren. Denn scheiße ist es eh schon. Kann nur besser werden.