Wie MC Smook den Verschwörungs-YouTuber „Trau keinem Promi“ hinters Licht geführt hat

Wenn man unbedingt an etwas glauben will, dann findet man dafür auch vermeintliche Beweise – und nimmt alles für bare Münze, was einen in seinem Dogma bestätigt. Das gilt besonders für Verschwörungstheorien, wie gerade eben ein Rapper eindrucksvoll bewiesen hat. MC Smook hat den YouTube-Verschwörungstheoretiker Tilman Knechtel alias Trau keinem Promi ordentlich hops genommen.

Wer mit dem Treiben von TKP, wie wir Experten ihn pfiffig nennen, nicht vertraut ist, sollte sich diesen Artikel von 2015 durchlesen. Seither hat sich zwar einiges getan, insbesondere in Sachen Pietätlosigkeit hat er einige Schippen drauf gelegt, die Beschreibung ist aber nach wie vor aktuell.

Was also ist passiert?

Daniel Küblböck ist aller Wahrscheinlichkeit nach gestorben. Am 9. September soll er während einer Kreuzfahrt von Bord des Schiffes gesprungen sein. Die Suche nach ihm wurde mittlerweile eingestellt. So tragisch das alles ist, so verdächtig findet Trau keinem Promi diese Umstände. „Indizien“, wie etwa der Umstand, dass auch der in Chemnitz Ermordete mit Vornamen Daniel hieß und dass Küblböck zu diesem Zeitpunkt 33 Jahre alt war, was eine wichtige Zahl für die Freimaurer darstellen soll (welche eigentlich nicht?), lassen für Knechtel nur einen Schluss zu: Neben  – möglicherweise sogar berechtigen – Zweifeln an einem Suizid Küblböcks kommt TKP in seinem Video zu dem Schluss, dass der Verstorbene eine Art Sexsklave für die herrschenden Eliten gewesen sein muss. Wow.

Was das mit MC Smook zu tun hat? Eigentlich nichts, aber der Knechtel stellt ja so gerne Verbindungen her. Und der Smook verarscht ja so gerne Leute. Also hat der Rapper einige seiner Fans darauf angesetzt, dem YouTuber die (reale) Information zuzuspielen, dass Smooks neuer Song „Suicide“ nur zwei Tage vor Küblböcks Verschwinden erschienen ist. Ein gefundenes Fressen für den Verschwörungstheoretiker, der doch allzu gerne nach Symboliken und Omen in Rapsongs sucht, die derlei Geschehnisse bereits vorher in Chiffren ankündigen. Dazu dichtete Smook noch die Behauptung, dass er bei Universal Records unter Vertrag sei, dem Label, das Knechtels Narrativ nach im Bunde mit den Illuminaten und anderen Herrschern der Welt ist – und zack, wird der liebe Tilman hellhörig. Schließlich wird sogar die 666 im Song erwähnt.

Im Video zu Küblböck ist das zwar nur eine vage Randnotiz, aber Smook gießt rasch noch Öl ins Feuer. Ein langer Facebook-Post entfaltet seine volle Wirkung. Das Ex-GUDG-Member verkündet in ernstem Ton, sich von seinem Label getrennt zu haben, da ihm „bei allem zu unwohl wurde“. Dass er seine Musik in Wahrheit komplett in Eigenregie veröffentlicht, verschweigt er. Stattdessen behauptet er, sein Management habe ihn gedrängt, den Song genau am 7. September zu veröffentlichen. Das ist nicht nur ein satanischer Feiertag (warum auch immer…), an genau diesem Tag verstarb auch Mac Miller an Drogenmissbrauch – exakt wie von Smook im Song beschrieben. Das sind tatsächlich verdammt schräge Zufälle – aber eben auch nicht mehr als genau das: Zufälle.

Naivität on a Zillion

Der Post ist tatsächlich recht authentisch gestaltet, Knechtel hätte aber nur einen kleinen Factcheck vornehmen müssen, um den Braten zu riechen. Stattdessen schluckt er den Köder gierig und fragt MC Smook für ein Interview an. Offenbar wollte er es einfach glauben.

Dieses Interview ist zwar mittlerweile offline, es gibt aber einen Reupload. Trau keinem Promi hat das Video nach wenigen Tagen von seinem Kanal entfernt – wohl weil ihn unzählige Zuschauer darauf hingewiesen haben, dass Smook ihn nach Strich und Faden durch den Kakao zieht. Selbst ein großer Teil der Anhänger, die Knechtel jedes Wort aus der Hand fressen und mit Smooks Schaffen nicht vertraut sind, hat die dreiste Verarsche direkt gewittert – nur TKP selbst nicht. Zwar sichert er sich mit kleineren Relativierungen im Konjunktiv ab („Ich hoffe einfach mal, das war jetzt nicht nur um mich zu triggern. Sollte sich herausstellen, dass das ganze doch erfunden ist, werde ich es wieder löschen und die Sache hat sich erledigt.“), aber dennoch saugt Knechtel die wüsten Erzählungen auf wie ein Schwamm und fühlt sich von Smook in seinem Wahnsinn bestätigt.

Dabei ist es so offensichtlich. Alleine dass Smook ihn während der Begrüßung mit der vollständigen URL seines YouTube-Kanals anspricht, hätte schon ausreichen müssen. Aber Knechtel will eben nichts lieber als endlich von einem Insider aus erster Hand zu hören, dass er mit allem recht hatte. Die halbherzigen Versuche, dem Gast auf den Zahn zu fühlen, sind auch nicht mehr als ein Alibi. Kannst du beweisen, dass du bei Universal bist? Nein? Ach, dein Manager kommt von dort und ihr wollt es immer noch nach DiY aussehen lassen? Ja gut, gekauft.

Zigarren & Buttplugs

Smooks Erzählungen von bei Dämmerlicht Zigarre rauchenden Managern, die Rapper zwingen, mit Buttplug im Anus zu performen, werden immer absurder. Knechtel schöpft keinen Verdacht. Selbst als Smook sich in Logikfehler seiner eigenen Geschichte verstrickt, lässt der YouTuber sich ohne weiteres abspeisen.

„Ich dachte mir schon, dass das mit dem Buttplug und der Shishabar-Playlist übertrieben ist. Aber wenn er es rein nimmt, zeigt das, wie weit man gehen kann und dass er alles glaubt. Das macht es zu einer guten Satire. Wäre es aufgeflogen, dann wär’s auch okay gewesen.“ erzählt MC Smook mir auf meine Nachfrage hin.

Damit hat er recht. Das Interview zeigt tatsächlich, dass Trau keinem Promi alles glaubt, was ihm gerade in den Kram passt – dabei ist der größte und wichtigste Appell, den er an seine Zuschauer richtet, zu hinterfragen.

Der Typ, der renommierten Medienhäusern und Nachrichtenagenturen kein Wort glaubt, der alles genau durchleuchten und verstehen will, nimmt jedes Wort für bare Münze, das ihm einer der zynischsten und ironischsten Rapper Deutschlands erzählt. Einfach, weil es ihm in die Karten spielt. Plötzlich wird nichts mehr hinterfragt oder recherchiert. Der Kerl macht quasi nichts anderes als Leute zu verarschen, zu triggern und aus der Reserve zu locken. Dem glaubt TKP ohne mit der Wimper zu zucken den wahnwitzigsten Bullshit. Ich habe ungelogen Tränen gelacht.

Dabei spricht das neben dem humoristischen Wert tatsächlich Bände über Knechtel und Konsorten. Smook resümiert die Geschichte folgendermaßen: „Im Endeffekt denke ich mir, das war eine lustige Aktion. Ich hoffe, dass er es mir nicht so übel nehmen wird. Aber eine Woche Fegefeuer ist jetzt für mich reserviert, weil man eigentlich keine Menschen hintergehen sollte. Ich denke, ich konnte trotzdem ein Zeichen setzen, dass man diesem Schwachsinn nicht glauben sollte.“ Das Fegefeuer erwartet dich nicht, lieber Smook.

Knechtel ist nicht so harmlos wie er tut.

Wenn das nur irgendein armer Kerl wäre, der sich in diesem Truther-Grind verloren hat und jetzt paranoid hinter allem einen doppelten Boden vermutet, würde ich auch nicht auf ihm herumhacken. Aber das ist er nicht. Tilman Knechtel äußert sich immer wieder massiv antisemitisch, homo-, trans- und islamophob, greift gnadenlos Personen des öffentlichen Lebens mit haltlosen Unterstellungen an und trampelt rücksichtslos auf dem Erbe von Verstorbenen herum. Wie weit TKP in seinen Videos stellenweise geht, war selbst Smook nicht in vollem Ausmaß bewusst. Als ich ihm davon berichte, reagiert er belustigt und erschüttert zugleich. „Das bestärkt mich wieder in der Sache. Ich hatte realrap kurz ein schlechtes Gewissen. Ich dachte halt: Boah, jetzt legst du den armen Typen rein. Der hat so ’ne weiche Stimme und macht bestimmt nur YouTube in seinem Keller. Aber gut jetzt bin ich beruhigt!“

Ja, Smook. Sei beruhigt. Du hast dir nichts vorzuwerfen. Alles, was du getan hast, ist zu entlarven, wie Verschwörungstheoretiker vorgehen. Alles, was ins eigene Narrativ passt, wird naiv und vorbehaltlos als wahr angenommen, selbst wenn die Quelle nur das Wort eines Typen ist, der jahrelang mit Money Boy rumhing und keine seiner Aussagen beweisen kann. Natürlich kann er das nicht, schließlich sind sie frei erfunden. Dass Ereignisse wie dieses eben doch reine Zufälle sind, auch wenn Smook die 666 erwähnt und den Song an einem satanischen Feiertag veröffentlicht, zeigt sich hier auch eindrucksvoll. Denn selbst wenn Knechtels Theorien wahr sein sollten: Bei MC Smook haben eben keine Hintermänner oder Labels ihre Finger im Spiel, die ihm Symbolik oder Daten vorschreiben.

Dieses Interview ist auf jeden Fall das großartigste und unterhaltsamste, was seit langer Zeit passiert ist. Nebenbei sollte es TKP und seine Fans dringend zum Nachdenken anregen.