Glaubt man bestimmten Medien, dann kam es am vergangenen Samstag in München zu einer riesigen Eskalation nie gekannten Ausmaßes: „Es ist passiert!“ tönte ein bestimmtes Rapmedium mit recht hoher Reichweite, und man konnte das weggelassene „endlich“ geradezu hören:
„Nachdem es bereits vor Monaten die Ankündigung gab, dass der Beef zwischen Kollegah und dem EGJ-Camp auf dem heutigen Festival in München geklärt werden würde, ist es anscheinend eskaliert!“
Inzwischen ist vor allem eins klar: Egal, was da nun am Samstag genau passiert ist, eskaliert ist vor allem mal wieder eins. Und das ist die Berichterstattung über Deutschrap.
Sensationsgeilheit ist noch ein mildes Wort, um zu beschreiben, was da Samstag Abend los war. Nicht auf dem „HipHop bewegt“-Festival in München, wo sich Kollegah mehreren Handy-Videos zufolge mit Arafat Abou-Chaker unterhielt.
Worüber die beiden gesprochen haben, ist nur ihnen und ihren Begleitern bekannt. Es ist auch davon auszugehen, dass es sonst niemanden etwas angeht – gerade weil die Stimmung zwischen den beiden durchaus angespannt zu sein schien.
Das aber interessiert Teile der Rapmedien einen Scheißdreck. Nachdem es vor einigen Wochen im Netz gegenseitigen Sticheleien zwischen EGJ einerseits und Kollegah andererseits gegeben hatte, war nun scheinbar – endlich! – die herbeigesehnte Eskalation da.
Dass es sich dabei nur um ein Gespräch handelte – egal! Eskalation ist, was man Eskalation nennt. Deutschrapmedien berichten nicht über Fakten, sie schaffen selber welche.
Es ist ein weiterer trauriger Tiefpunkt. Die Rapseite mit der größten Reichweite hat nichts besseres zu tun, als vermeintliche Eskalationen herbeizureden. Ein stetig wachsendes, gelangweiltes Publikum, das sich für Musik höchstens am Rande interessiert, sitzt 24 Stunden vor dem Bildschirm und wartet auf Sensationen. Das will bedient werden. Verantwortung? Hahaha, come on. Von Journalismus sowieso nicht zu reden, aber das ist ja nichts neues.
Alles nicht so schlimm? Alles nur Entertainment? Wenn es so wäre, schön und gut. Ist es aber leider nicht. Durch die ständig weiter eskalierende Berichterstattung erhöhen Rapupdate und andere Medien den Druck auf alle Beteiligten – bis irgendwann wirklich mal was passiert. Und das kann allerdings wohl kaum der Sinn und Zweck von Berichterstattung sein.