Mein Weg zu meinem Rap: Interview mit Gerard über musikalische Einflüsse, „AAA“, Futuresfuture

Hast du manchmal das Gefühl, dass es im Rap eine gewisse Furcht vor genrefremden Einflüssen gibt? Wenn Leute z.B. bei Casper-Alben sagen: „Ah, das ist doch überhaupt kein Rap mehr“?

Es geht glaub ich auch immer darum, wer das sagt. Oft sind das einfach YouTube-Kommentare und das verblendet, denke ich. Ich glaube, wenn jetzt von hundert Leuten, die das Video sehen, zwei drunter schreiben, dass es kein Rap mehr ist, dann ist es den 98 anderen egal und die kommentieren das nicht. Manche ändern auch ihre Meinung über die Zeit. Das Paradebeispiel ist ein Kommentar unter einem Video von mir, da hat jemand vor zwei oder drei Jahren gehated. Und nun hat er seinen Kommentar nochmal kommentiert und meint, dass er es jetzt voll feiert. Ich wär wahrscheinlich mit 14, 15, als ich gerade zu Rap gekommen bin, auch so gewesen – und würde später dann eher verstehen, warum man Rap auch anders machen kann.

Wen findest du aus der aktuellen Generation am innovativsten? Die ganze Szene hat sich ja sehr breit gefächert und ist, wie du vorher schon angesprochen hast, offener geworden. 

Also, aus dem Futuresfuture Umfeld gibt es etwa drei Acts, Jugo Ürdens, Edwin und die Schönbrunner Gloriettenstürmer, von denen glaub ich noch sehr viel kommen wird – was die machen, finde ich echt sehr innovativ. Das ist vielleicht bei den letzteren nicht mal mehr so klassischer Rap, sie selber nennen es „New Wave Chanson“. Aber die kommen total aus dem Rap und für mich ist es das auch immer noch, vielleicht, weil ich weiß, dass die ganze Attitude einfach noch sehr „rappig“ ist.
Und ansonsten, klar, bei jedem Hype, der momentan so kommt, verstehe ich auch, warum es diesen Hype gibt. Es ist nicht immer mein Fall, oder sogar meistens nicht, aber ich verstehe halt, warum es funktioniert.

Worauf hast du musikalisch wert gelegt, bei den Künstlern, die du gesignt hast? Oder hat sich das alles eher zufällig ergeben?

Das hat sich tatsächlich alles eher so zufällig ergeben. Die Gloriettenstürmer haben uns Jugo Ürdens gezeigt, der hat uns dann wiederum einen weiteren Act gezeigt. Mir gehts im Endeffekt überhaupt nicht ums Genre oder so, sondern bei all diesen Künstlern haben wir das Ziel, dass jeder von ihnen in fünf Jahren von der Musik leben und in 10 Jahren die Stadthalle in Wien ausverkaufen kann. Und wenn ich das bei nem Künstler sehe, dann arbeiten wir mit dem.
Der Sinn für Ästhetik ist glaub ich auch etwas ganz Entscheidendes. Alles andere kannst du erlernen, aber Style-Empfinden musst du ein bisschen im Gespür haben. Von daher suche ich einfach Leute, bei denen ich denke: Okay, die verstehen was von der Kunst, die ich schätze. Künstler, von denen ich glaube, sie haben eine Vision.

Da wir gerade von Visionen sprechen: Wo siehst du Rap in zehn Jahren?

Ich glaube, es wird so weitergehen, dass es tausend verschiedene Subgenres gibt und Rap immer mehr alle anderen Genres beeinflussen wird – wie es ja auch jetzt schon der Fall ist. Die Popwelt bedient sich ja jetzt schon total am Rap, was gewisse Melodien und Elemente angeht. Auch in Sachen Rhythmik und Gesang. Ich glaube, Rap wird immer mehr, noch mehr, im Mainstream ankommen, und vielleicht Pop sogar am Ende ablösen. Oder sich mit Pop zu einem Genre vermischen. Es gibt ja jetzt schon so viele Subgenres von Rap, die im Endeffekt Pop sind.

Glaubst du, das schadet der Szene?

Nee, überhaupt nicht. Ich bin der Meinung, dass, wenn etwas geil ist, es so viele Leute wie möglich erreichen soll. Und im Rap gibt es ja auch keine One-Hit-Wonder. Selbst diese Acts, bei denen es für Außenstehende so wirkt, als wären sie über Nacht berühmt geworden, brauchen ja 10 Jahre. Die 187 Straßenbande gibt es auch schon ewig, jetzt sind sie in den Charts.
Das ist halt auch das Geile an Rap, dass du die „dues payen“ musst, wie Savas so schön sagt, dadurch aber auch langfristig eine Existenzberechtigung hast. Dass es nicht so ist wie bei Popacts, die von Plattenfirmen auf irgendwelche Radiosender gehievt werden und mit ihrem Album Gold gehen – nur um dann vom nächsten Album nur 5000 Einheiten zu verkaufen, weil es diesmal keine einzige Single ins Radio geschafft hat. Im Rap kannst du Gold oder Platin machen, ohne, dass auch nur ein einziger Track von dir im Radio lief.