rap.de: Ein anderer Track, der heraussticht, ist "Ekrem vs Eko Fresh". Ist das eine Art Bilanz, die du nach zehn Jahren am Mic ziehst?
Eko Fresh: Ja. Ich konnte diese ganzen Klugscheißer einfach nicht mehr hören, die nichts erreicht haben in ihrem Leben, aber denken, sie können mir Ratschläge geben, nach dem Motto: "Du hast das und das falsch gemacht".
Ich wollte mal einen Track machen, wo klar wird, okay, der Junge weiß ganz genau, was die Leute gefeiert haben, weiß aber auch, was die Leute nicht gefeiert haben. Ich konnte nicht mehr damit leben, dass die Leute mich für dumm gehalten haben und wollte dann einfach mal so einen Track machen, in dem ich mit dem Thema offensiv und locker umgehe. Ich wollte den auch straight Rapmäßig halten, so dass ich auch keine Hook gemacht hab, nur Scratches. Das ist auf jeden Fall ein besonderer Track für Leute, die meine Karriere verfolgt haben, aber auch für den Ottonormalverbraucher, der HipHop feiert.
rap.de: Zwei Tracks sehe ich im Zusammenhang. Einmal "Köln Kalk Ehrenmord" und "Straßendeutsch/Türkenslang". Beides sind Songs, die in gewisser Weise versuchen, interkulturell zu vermitteln. War das auch dein Anliegen dabei?
Eko Fresh: Definitiv. Guck mal, ich bin eigentlich der einzige in der Raplandschaft, der beides in sich vereint. Ich bin komplett relevant für diesen Kanaken-Gangster-Film, den es ja auch gibt. Man brauch sich ja nur mal die HDF-Sachen angucken und wie viele Klicks die haben. Das ist ja eigentlich schon eine Rapkultur für sich. Von diesen Leuten bin ich aber der einzige, der aus dem Old School-HipHop kommt. Das habe ich mit „Straßendeutsch/ Türkenslang“ zu verbinden versucht.
„Köln-Kalk Ehrenmord“ ist ja noch mal eine Sache für sich. Eigentlich finde ich, das ist der beste Track den ich seit Jahren gemacht habe. Der ist HipHop-mäßig total real und erzählt dort trotzdem eine Geschichte, mit der sich auch außerhalb von Rap sehr viele Leute identifizieren können. Ausländer, aber auch Deutsche. Ich hab mich auch bewusst zurückgehalten und nicht angefangen, über Glaubensfragen zu reden, sondern einfach nur erzählt, wie es passiert, wie es ist, wie man’s sich auch in der Hood erzählt, im Slang. Eine gehobene Sprache wäre der Sache nicht gerecht geworden. Das hätte dann so einen romantischen Track gegeben, aber das ist nicht der Fall. Das hat nix mit Romantik zu tun, das ist eher asozial, was da passiert. Fast schon martialisch. Aber man kann trotzdem nicht weghören, obwohl es zwischendurch beinahe schon ekelhaft wird.
rap.de: Was hat dich denn dazu bewogen, dir genau dieses Thema rauszusuchen? Ist das ein Thema, das vor allem durch die Medien an dich herangetragen wurde oder ist es etwas, das auch in deinem persönlichen Umfeld Thema ist?
Eko Fresh: In Köln- Kalk hast du das mindestens einmal im Jahr, dass eine ähnliche Geschichte zum Vorschein kommt. Man hört einmal im Jahr, dass irgendwem eine ähnliche Geschichte passiert ist, oder ein Fall war, der damit zu tun hatte. Das kann dir jeder sagen, der in so einem Viertel lebt, egal wo in Deutschland, dass er so eine Geschichte kennt.
Schon als ich noch in Mönchengladbach lebte, ist es einem Freund von mir passiert. Der hieß Cengiz, da waren beide Türken, und trotzdem, als er die Frau heiraten wollte, hat der Bruder ihn erstochen. Der wollte dann in die Türkei abhauen, das ist jetzt zehn Jahre her.
Man muss auch mal real talk machen und wenn nicht ich, wer kann sonst so eine Geschichte erzählen für den deutschen HipHop? Ich habe ja auch eine Verantwortung. Es gibt so viele Jugendliche, die uns als Vorbild sehen, die diesen Kanackenrap mega feiern, aber auch den Lifestyle. Und wenn die Leute über Koks und so Sachen rappen, dann machen die das halt nach und machen ihre Eltern traurig damit. Dann kann man das ebenso auch für das Gute benutzen. Zumindest kann man mal eine Diskussion anzuregen.