Interview mit Mister Mex über die „Original“-EP, Stil und Halftime-Beats

Mister Mex ist ein „Original“. Vier Jahre lang hielt sich der Berliner mit eigenen Releases zurück, untätig war er deshalb bei weitem nicht. Mit Marvin Game, Morten und Co wurde das Crew-Label Immer Ready gegründet und im stillen Kämmerlein Musik gemacht und gesammelt. Wir sprachen mit dem „Fette Ketten“-Träger u.a. über die neue EP, Stil und Halftime Beats.

Für die Leute, die dich erst aus dem Immer Ready-Umfeld kennen gelernt haben: Kannst du noch mal erzählen, woher du kommst und was du musikalisch schon alles gemacht hast?

Ich komme aus Moabit und bin Mitgründer von Babba Music und mittlerweile auch Mitgründer von Immer Ready und Feinshmeckaz. 2012 habe ich eine LP namens „Smooth Operator“ rausgebracht. Die war sehr organisch, bestand aus vielen 808s und war sehr Halftime- und Down South-lastig. Insgesamt mache ich aber schon seit 15 Jahren Musik und werde wahrscheinlich auch die nächsten 15 Jahre damit verbringen.

„Smooth Operator“ war soundtechnisch eher klassisch gehalten. Deine neuen Tracks gehen in eine modernere, trappigere Richtung. Wie kam es zu dieser Entwicklung?

Naja, der Track „Fette Ketten“ ist zum Beispiel entstanden, während wir „Smooth Operator“ rausgebracht haben. Der Song ist dementsprechend bereits dreieinhalb Jahre alt. Mir ist auch wichtig, dass „Fette Ketten“ nicht als der Vorzeige-Mister Mex-Track angesehen wird, weil auf der „Original“ EP noch viele andere Hits drauf sein werden, die relativ versibel sind und nicht nur diesen antikapitalistischen Hedonismus-Film fahren. Es ist, wie bei „Smooth Operator“ leicht bekömmliche Musik, die aber auch immer wieder Tiefen hat und auch weiterhin klassisch daherkommt. Bisher ist halt nur dieser eine Track („Fette Ketten“, Anm. d. Red.) zum Vorschein gekommen.

Und „Dope Chick“?

Um ehrlich zu sein ist „Dope Chick“ ein Freestyle, den ich als mein Alter Ego Schlauh aufgenommen habe. Von dem wird es ein Release geben, sobald 100 Freestyle Tracks fertig sind. Im Moment bin ich bei 47.

Wenn man in letzter Zeit deine Social Media Konten durchforstet hat, wurde man das Gefühl nicht los, das die Leute vor allem auf den „Fette Ketten“-Track warten. Wie hat sich das eigentlich entwickelt?

Um ehrlich zu sein kriege ich die Resonanz auf zum Beispiel Facebook gar nicht mit, weil ich selber keinen Account habe. Auch meine Künstlerseite habe ich noch nie selber betreten, da habe ich Gott sei Dank Leute, die das für mich machen. Nicht aus Ignoranz, sondern weil ich einfach nicht weiß, wie ich mit diesem Medium umgehen soll. Twitter und Instagram sind die einzigen Plattformen, bei denen ich selber aktiv mit meinen Fingern dransitze. Da bekomme ich mit, dass es eine sehr hohe Nachfrage nach dem Track gibt, was ich auch wirklich sehr zu schätzen weiß, weil ich musikalisch ja auch lange nicht da war. Das Publikum hat im Laufe der Zeit entschieden, dass dieser Track der Track ist. Auf Grund der hohen Nachfrage habe ich dann das komplette letzte Jahr nur diesen einzelnen Track performt, obwohl ich eigentlich auf genügend Material sitze. Mit den anderen Songs will ich auch einfach noch warten, bis die Leute ready sind. Das war zum Beispiel auch das Problem bei „Smooth Operator“: Der LP wurde nur eine geringe Aufmerksamkeit zuteil, weil wir natürlich die heutige Reichweite damals noch nicht hatten, aber auch, weil Deutschland noch nicht bereit für diesen Halftime-Film war. Das hat sich erst in den letzten zwei bis drei Jahren entwickelt. Seitdem reden wir über Trap. Aber „Trap“ sind für mich Instrumentals, die sehr krass elektronisch sind. Im Grunde genommen mache ich aber den gleichen Down South-Kram, den ich schon immer gemacht habe. Wir alle bei Immer Ready sind sehr Down South geprägt, weswegen unser Tempo meisten Halftime ist. Heute wird das als Trap kategorisiert, aber wir machen nur das, was wir die letzten Jahre auch schon gemacht haben.

Hat die EP einen Faden, oder ist sie eher eine Compilation aus angesammelten Tracks?

Diese EP besteht komplett aus Hits (lacht). Ich habe Wadda und Leander, die mich strukturieren und beraten, meinen Ordner mit Mixdowns gegeben und dann wurde entschieden welche Tracks frei sind und nicht für ein spezielles Projekt gesichert werden müssen. Aus diesen Songs haben wir dann die Hits ausgesiebt, die gebündelt so wirkungsvoll wie möglich klingen. Die Songs wurden, bis auf „Mama“ von MAZ¥RADi produziert.

Hits gab es auch auf der „Kein $pa$$ Family“-EP. Inwiefern hat dir dieses Projekt in Sachen Wahrnehmung geholfen?

Diese Mucke ist wahnsinnig organisch entstanden. Vier Tage, drei Jungs, sechs Tracks. Wir sind alle im gleichen Jahr geboren, haben aber alle andere kulturelle Hintergründe und sind auch komplett verschiedene Rapper. Wir sind aber brüderlich sehr eng miteinander verbunden. Ich finde, dass hört man bei den Tracks auch raus, dass dort drei verschiedene Typen rappen aber auf irgendeine Art und Weise auf dem gleichen Zirkus spielen. Die Reaktion der Menschen darauf… (überlegt) Okay, stimmt schon, wir sind so etwas wie ein Geheimtipp geworden. Ich kriege auch vom gemischten Volk Props dafür, auch von Leuten, die mit dieser Musik eigentlich gar nichts zu tun haben. Sogar von Heavy Metal-Heads (lacht).

Wird es von der Family denn noch mal was geben?

Warte, bevor ich dazu was sage muss ich das mit Morten und Al Kareem abklären (lacht). Aber im Grunde genommen: Ja, wird es. Wir haben auch schon neue, gebündelte Tracks. Wir haben sogar noch drei Videos zur ersten EP rumliegen sowie eins für die Neue gedreht.

Für dich spielt, wenn man deinem Äußeren glauben kann, Mode eine große Rolle. Wo siehst du Schnittpunkte zwischen Mode und Musik?

Entschuldige, aber ich muss dich erstmal korrigieren: Mode ist für Bitches, es geht um Stil. Optischer Style ist wichtig, aber den musst du auch als Lyriker haben. Du kannst kein Rapper sein, der zwar gute Texte hat, aber über keinen Style verfügt. Du brauchst eine Art Delivery. Deswegen war mir Style schon immer sehr wichtig, auch als Konsument.

Hat dir dieser Style im deutschen Rap gefehlt?

Definitiv! Ich bin schon lange kein Konsument mehr von deutschem Rap, auch wenn es in letzter Zeit ein paar Leute wieder besser machen. Ich finde Luciano sehr cool, ich mag Zuna und Azet sehr gerne. Mein Bruder Capuz ist sehr gut, genau wie Vira Lata. Chima Ede ist sowieso dope. Also gibt mir unser breites Umfeld wieder Lust, Konsument zu sein.

Unsere Review zur EP findest du hier.