Heute kommt „Of The 3 Moonz“, die mittlerweile dritte Vinyl des Rottweiler Rappers Galv. Gemeinsam mit Pierre Sonality, der für die Beats zuständig ist, hat er ein intergalaktisches Album geschaffen, dessen Soundbild mit dem Neologismus „Weltraumfunk“ sehr treffend beschrieben werden kann. Seit letztem Freitag sind die beiden gemeinsam mit dem Rest der Funkverteidiger und weiterem Support (bspw. von AzudemSK) auf Tour. Alles in allem Grund genug für uns, sich mit der Truppe vor ihrem Auftritt in der Alten Damenhandschuhfabrik in Leipzig über die neue Platte, Suffbekanntschaften und verschiedensten Weltraumkram zu unterhalten.
Fangen wir direkt mit deinem neuen Album an: Das Werk ist gespickt mit spacigen Sounds und abgefahrenen Lyrics. Wie kam’s zu den ganzen Weltraumallegorien und -metaphern?
Galv: Die Frage lässt sich natürlich nicht beantworten. Das war wie der Urknall – das ist einfach passiert.. Nein, der Track auf dem Album, der so heißt, der ist die Entstehungsgeschichte.
Der war also der erste Track, der fertig war und dann den Anstoß gegeben hat?
Galv: Genau, da ist alles entstanden. Wir haben diesen Track gemacht, der heißt auch „Galv Of The 3 Moonz“ und da kam das alles zum ersten Mal.
Ich musste instinktiv an Star Trek denken. Seid ihr Star Trek Fans?
Galv: Das ist lustig, weil mich vor zwei Tagen jemand eigentlich genau das gleiche gefragt hat: Ob ich mehr auf Stargate oder auf Star Wars abfahre und anspiele. Aber außer Stargate ist ja gar nichts von Star Trek. Und das ist ja eigentlich ein universeller Spacebegriff, oder? Kommt Stargate nicht von Star Trek? Siehste, ich hab überhaupt keine Ahnung davon.
Pierre Sonality: War Stargate nicht eine eigene Serie?
Ich muss ehrlich gesagt gestehen, dass ich mich damit gar nicht so genau auskenne. Es war eher eine spontane Assoziation.
Pierre: Also im Prinzip kennen wir alle weder Stargate noch Star Trek.
Galv(lacht): Von Star Wars zumindest sind konkrete Sachen verarbeitet. Aber von Star Trek eigentlich nicht. Außer vielleicht aus Versehen.
Pierre: Also ganz am Ende kommt das alles aus dem Universum selbst.
Galv: Man kann das durchaus als Gag begreifen, aber im Prinzip war unser erster Nenner eben das Universum. Ich mein, andere Dudes treffen sich bestimmt und…
Pierre: …dann geht’s da ums Kiffen…
Galv: …ja, oder zumindest um etwas konkretere Sachen. Wir haben uns da doch auf etwas sehr universelles geeinigt.
Pierre(lacht): Ja, stimmt. Das ist eigentlich die ganze Antwort auf die Frage: Wir haben uns getroffen und uns auf etwas universelles geeinigt. Geil. Aber selbst, wenn du denkst, du bist in absoluter Ruhe, fliegst du plötzlich mit 200.000 Stundenkilometern durch die Galaxie.
Korrekt. Wenn man sich die ganzen Tourstops und eure verschiedenen Lebensmittelpunkte anguckt, könnte man den Eindruck gewinnen, ihr kennt die HipHop Szene in so ziemlich jeder Stadt.
Pierre: Ich ehrlich gesagt überhaupt nicht. Keine Ahnung von der HipHop-Szene in Hamburg zum Beispiel. Man lernt schon den ein oder anderen kennen, aber größtenteils mach ich mein eigenes Ding. Da häng ich eher im Studio und hab die Tür zu. Ich renne da nicht rum und schüttel jede Hand.
The Finn: Geht mir auch so. Man hat auch gar keine Zeit, sich mit der ganzen Szene auseinanderzusetzen. Das läuft bei uns schon alles eher autark ab, im eigenen Kreis.
Pierre: Da hat man ja auch schon genug zu tun mit HipHop.
Wie groß ist denn eure Crew mittlerweile? Bist du, Galv, jetzt auch längerfristig dabei?
Galv: Offiziell bin ich schon wieder rausgeschmissen worden. Mein halbes Jahr als Funkverteidiger ist schon wieder rum.
The Finn: Wir sind ja eher ein loser Zusammenschluss. Der feste Kern besteht aus den MCs Maulheld, Katharsis, Mase und wir als Sendemast.
Galv: Wie die Sunz of Man bei Wu-Tang.
The Finn: Genau. Da kommen dann noch Odd Job, DJ Ronny Montecarlo, DJ LuKutz, DJ Skala, DJ MetaZwo, Dextar, Mr. Lipster dazu.
Sorry, aber da muss jetzt gefragt werden: Wie kam dieses ganze Projekt überhaupt zu Stande?
Pierre: Boah. Ganz am Anfang, 2003 oder so, da haben Finn und ich uns bei einem Freestylebattle kennengelernt. Dann haben wir uns besucht, die ersten Sachen aufgenommen und alsbald kam dann Ronny Montecarlo dazu, mit dem ich in Magdeburg immer gesoffen habe. Da kam also schonmal die Sendemast Clique zusammen. Und irgendwann, als ich an „Kein HipHop-Fame“ gearbeitet habe, da kamen dann immer mehr dazu. Das zweite Album sollte eigentlich heißen „Der Funkverteidiger“, aber im Endeffekt waren da nur Features drauf. Wieso also nicht einfach „Die Funkverteidiger“ nennen?
The Finn: Und Galv?
Pierre: Galv kam dazu, als ich bei Figub in Berlin meine „Magdeburg“ -LP aufgenommen habe. Da saß der Typ in der Ecke, hat sich ’ne Orange geschält und dann mitgerappt über einen Beat. Als ich meinte, dass das geil klingt, meinte er nur „Ja, na klar!“ Also hat er auch auf meinem Album gerappt und abends sind wir dann saufen gegangen, haben Nummern getauscht und so. Wie das eben läuft im Suff. ‚Ne Woche später haben wir uns dann in Hamburg getroffen und…
Galv: Drei Tage später!
Pierre: Drei Tage später sogar? Manmanman. Auf jeden Fall haben wir da den Song aufgenommen und gedacht, dass dieses „3 Moonz“ geil wäre für die Hook. Die drei Monde waren quasi DJ LuKutz, Galv und ich. In der Zeit hatten wir auch die Phase, in der wir uns immer so spacig-geil angezogen haben. Immer, wenn wir Turn Up gemacht haben, haben wir unsere Weltraumketten angelegt und so. Wir haben ’n bisschen damit rumgespielt. Auch das, was der Sonne Ra gemacht hat, das ist schon irgendwie geil. In diesem Weltraumding findet sich am Ende einfach alles wieder, in diesem Kosmos findet alles statt. Bis auf Harald Lesch, der überhaupt keinen Plan hat. Das ist ein Vollspast, wenn ich das mal so sagen darf. Der ist wie der Physiklehrer, den man nie wollte.
Alles klar. (Selbst-)Ironie und Wortwitz wird bei euch ja durchaus groß geschrieben. Fehlt diese Fähigkeit dem Rest der Szene manchmal?
Pierre: Ich finde, dass momentan humorvoller Rap sehr, sehr gut funktioniert. Guck Dir einen SSIO oder auch einen Plusmacher an, der sich zwar als Strassenrapper ausgibt, aber doch mit sehr viel Humor auftritt. Auch dieser ganze Turn Up-Hype und die Jugendlichen, die sich da kaputt machen und mit den Armen wackeln – ich kann mir nicht vorstellen, dass die sich da so ernst nehmen. Andernfalls haben die auf jeden Fall ein dickes Problem.
Der erste Track des neuen Albums – „Stargate“ – erschien schon 2014, gemeinsam mit der Albumankündigung. Wieso hat sich das am Ende doch noch so hingezogen?
Galv: Der Großteil der Verzögerung ist auf das Presswerk und Labeldynamiken zurückzuführen. Fertiggestellt ist das Album seit gut einem Jahr. Die Zeit haben wir dann genutzt und ein bisschen am Album rumgeschliffen. Entstanden ist das Album innerhalb von eineinhalb Jahren. Würdest Du die Produktionszeit komplett runterbrechen, käme man am Ende vermutlich auf ca. drei Wochen. Ich musste ja auch immer aus dem Süden nach Hamburg pendeln. Die meisten Tracks sind innerhalb von ein paar Stunden entstanden.
Pierre: Man macht auch immer die Ansage, dass das Album dann und dann kommt. Aber die Legitimierung, dass sich das noch so hingezogen hat, ist der Prozess, dass wir immer wieder noch dopere Sachen zulassen wollten. Vielleicht sollten wir in Zukunft einfach nur sagen: Album kommt, ohne konkretes Datum oder weitere Informationen.
Galv: Heutzutage ist das ja auch immer schwer zu sagen, weil die Presswerke einfach extrem überlastet sind.
Trotzdem hast du letztes Jahr zwei Alben rausgebracht. Hast du derzeit einfach zu viel kreativen Output, der raus muss?
Galv: Das sowieso. Aber das liegt, wie gesagt, auch an den Verzögerungen. Zum Teil sind die Songs von 2012, 2013. Die „Ehrenbürg“ Session ist entstanden, weil es einfach die Möglichkeit gab, mit einer Band zusammenzuarbeiten. Insgesamt habe ich die letzten zwei Jahre dazu genutzt, ordentlich vorzuarbeiten. Wir haben beispielsweise das Album „Of The 3 Moonz“ gemacht, aber mindestens doppelt so viele Tracks aufgenommen. Es gibt auf jeden Fall auch noch einige weitere Projekte, die so gut wie fertig sind. Ich muss ein wenig schauen, wie ich das mit den Releases mache – ich will nicht, dass das wie im letzten Jahr alles auf einen Schlag kommt. Das ist auch ein wenig zu verschwenderisch.
Vor ein paar Wochen habt ihr ganz spontan aus dem Studio in Hamburg einen Track mit Video rausgehauen.
Pierre: Eigentlich passiert bei uns alles aus einer spontanen Laune heraus. Großartig konzipieren tun wir eigentlich nicht. Zumindest die Initialzündungen passieren immer spontan: Man macht ’nen Song, dann noch einen und irgendwann hat man genug für ein Album.
The Finn: Das geile ist auch, dass wir bei Pierre eine Art Basiscamp haben. Der ist ja sowieso die ganze Zeit am Machen und Gucken und so. Da geben sich die Leute einfach die Klinke in die Hand.
Außer Pierre tritt nur Toni L als Feature auf dem neuen Album in Erscheinung. Wieso hast du dich zu so wenig Features entschieden?
Galv: Wen vermisst du denn auf dem Album? Wer könnte das noch aufwerten?
Pierre: Curse?
Galv: Den Kontakt habe ich leider schon länger nicht mehr. Ne, ich freu mich sehr, dass Toni dabei ist. Der ist nicht nur ein legendärer Typ, sondern auch eine der solidesten Rapnummern, die es gibt. Und der hat auf den Track gepasst: Mein Part auf dem Track endet mit einem toniartigen Flow – dabei war das gar nicht geplant. Bei Mula (Sonne Ra) war eigentlich klar, dass der dabei ist. Das hat aber irgendwie nicht geklappt: Stichwort Klinke in die Hand drücken. Wir haben uns bei Pierre über ein Jahr immer um einen Tag wieder verpasst. Bei Pierre habe ich dann immer gehört, was sie gemeinsam aufgenommen haben – aber wir haben’s leider nicht geschafft, mal gemeinsam vor Ort zu sein.
Zu guter Letzt: Wer ist für das geniale Artwork zuständig?
Galv: Das war eine Zusammenarbeit von meinem Vertrauten Rob Hak und meinem Cousin Jacob Yippiehey, der den Großteil der Animation gemacht hat. Bei den Graffitis hat noch ein weiterer Kollege mitgemischt, den ich aber aus rein rechtlichen Gründen nicht beim Namen nennen kann. Die Idee kam wie gesagt von Rob Hug, der das dann mit meinem Cousin umgesetzt hat. Ich bin auf jeden Fall sau froh.