Dass die Qualität von Musik sich nicht notwendig in Verkaufszahlen ausdrückt, sollte sich inzwischen herumgesprochen haben. Eines der besten Beispiele dafür ist Caz, der noch als Geheimtipp in der deutschen Rapszene gilt. Der Bietigheim-Bissinger schafft es Emotionen und Momentaufnahmen textlich und musikalisch sehr gut zu verpacken. Während er auf seinen vorherigen EPs über klassische Beats rappte, ist sein neues Release eher experimentell. In wenigen Tagen wird Caz „92/8“ zum kostenlosen Download veröffentlicht. Wir trafen Caz zum Interview.
Wofür steht „92/8“ , der Titel deines Mixtapes? Ich würde ja auf August ’92 tippen.
Ja, auch. Mein erster Gedanke war, dass 92 und 8 100 ergeben. Da hab‘ ich mir halt einen Witz daraus gemacht. Ich hatte die ganze Zeit meinen Film mit „One Hundred, One Hundred“ . Dann habe ich auch die ganze Zeit diesen Emoji gemacht, bis ich wirklich gemerkt hab‘, dass es auch deswegen passt, weil ich im August ’92 geboren bin. Und jetzt kannst du dir aussuchen was du gerne willst.
Dein Sound vom Mixtape unterscheidet sich ja sehr von deinen drei bisherigen EPs – wie kam es zu diesem Soundwechsel?
Ach, aus Langeweile und Desinteresse. Das ist halt so, wenn es irgendwie keinen Spaß mehr macht. Du fährst auf ein ganz anderen Film als noch vor zwei, drei Jahren – als ich halt „OKZ“ gemacht hab‘. Man entwickelt sich ja auch selber weiter und irgendwann macht es halt keinen Spaß mehr und unterfordert einen, die ganze Zeit nur zu rappen. Es ist auf Dauer sehr langweilig. Ich find es ist, ehrlich gesagt, auch nichts besonderes rappen zu können. Und deswegen wollte ich für mich persönlich mein Game ein bisschen upsteppen. Und weißt du, ich experimentiere schon seit „OKZ“ mit so einem Sound rum. Ich bin halt nicht so einer, der rumprobiert und direkt alles raushaut, wie so andere. Jetzt kann ich es auch raushauen, weil es jetzt erst wirklich ausgereift ist, find ich. Auch wenn es noch sehr experimentell ist.
Glaubst du, dass du damit jetzt deinen Sound gefunden hast?
Ich weiß es nicht, es ist auch nicht so wichtig. Ich kann auf jeden Fall sagen, dass mir Musik machen endlich wieder Spaß macht und das ist erstmal das Wichtigste – darum geht es ja, deswegen mal gucken. Ich mach‘ es eigentlich auch nie davon abhängig. Ich sag nie: „Ich würde jetzt unbedingt den und den Sound machen“ . Ich suche halt Beats oder lass mir welche schicken. Ich hör‘ die an und wenn die fett sind, dann nehm‘ ich die. Es spielt eigentlich keine große Rolle, in welche Richtung die gehen. Ich mach‘ auch einen Rapsong auf einem Oldschool-Beat, wenn der stimmt. Aber es ist halt nicht so einfach einen geilen zu finden, weil da alles, wie ich finde, sehr ähnlich klingt.
Bei vielen Rappern merkt man oft den direkten Einfluss anderer Künstler. Bei dir ist das schon schwieriger. Wo hast du dich für den Sound deines Mixtape inspirieren lassen?
Ich hab’s ein paar Leuten geschickt und paar Leute meinten, es klingt etwas nach Travis $cott. Aber wenn ich ehrlich bin, hab‘ ich nie Travis $cott gehört, auch wenn man das eigentlich gemacht haben sollte. Ich hab da mal reingehört und fand‘ es eigentlich gar nicht ähnlich. Ich hab‘ keine Ahnung, wo da die Parallelen sein sollen. Mir war es nur wichtig, meinen Sound für meinen Geschmack besser zu gestalten, aber textlich dabei nicht nachzulassen. Das ist mir ganz wichtig. Das ist dann halt schon noch eine Sache, die mir am Herzen liegt, keine Scheiße zu labern. Egal wie der Sound ist, egal wie man die Musik macht, trotzdem noch gute Texte zu schreiben und ich hoffe das ist mir gelungen.
Auf „Weiter“ meintest du, dass du kein Recht darauf hast einem Freund zu verbieten seinen Weg zu gehen, während du auf „Fremdschaft“ melancholisch das Auseinanderdriften alter Freunde thematisierst. Ist das nicht ein Widerspruch?
Nee, das heißt nicht, dass ich kein Problem damit hab‘. Das heißt nicht, dass es nicht für mich schade ist, darum geht es nicht. Es geht darum, dass ich nicht das Recht habe, weil es für mich schade ist, jemand anderem seinen Weg nicht gehen zu lassen oder irgendwie ein schlechterer Freund zu sein, aus allein dem Grund, nur weil jemand seinen Weg macht. Kann man das verstehen? Es geht einfach um die Tatsache, dass es nicht in meiner Hand liegt, was der andere macht und ich jeden immer noch so mag wie davor. Auch wenn wir uns deswegen seltener sehen. Man wird ja auch älter. Ist ja auch drei oder vier Jahre her, als ich das geschrieben hab‘. Da war ich ja erst 18 oder 19 Jahre alt und das ist dann auch was anderes als mit 22, 23 oder 24. Es entwickelt sich ja auch immer weiter. Da haben auch alle erst angefangen zu studieren und jetzt ist man halt weiter fortgeschritten oder sogar fertig. Wie ich schon zum Beispiel vorhin gesagt hab‘: Der eine, der immer meine Videos gemacht hat, ist auf Weltreise, man sieht sich halt nicht mehr so oft. Es soll eigentlich auch eher positiv gemeint sein, dass jeder seinen Weg machen kann und ich nicht sauer darüber bin, aber mich immer wieder freue, wenn wir uns sehen.
Würdest du den Song „Fremdschaft“ heute nochmal schreiben wenn du es noch nicht getan hättest?
Der Orginalbeat, auf den ich den geschrieben hab‘, war von Farhot. Das war so sehr von dem Beat abhängig, was ich da geschrieben habe. Ich mochte eigentlich die Version gar nicht so arg, die rauskam. Bausa hat es ja mit seinem Kumpel damals produziert und ich konnte mich da voll schwer mit anfreunden. Das war halt übelst von dem Beat abhängig, deswegen weiß ich nicht, was ich heute darauf schreiben würde, wenn ich den nochmal hören würde. Ich würde definitiv nochmal was darauf schreiben, aber ich weiß nicht ob es dann ähnlich werden würde, schließlich entwickelt man sich ja weiter. Aber vom Inhalt her: klar. Der Song passt ja immer.
Auf „Wer soll mir das glauben“ sagst du in einer Zeile, dass du die Meinung anderer brauchen kannst..
Ja, schon, aber das sag‘ ich ja sehr sarkastisch.
Klar. Ich wollte aber trotzdem fragen, ob deine Musik sich von der Meinung Anderer beeinflussen lässt, aber anscheinend ja nicht.
Ach nee, sonst würde ich es ja nicht machen, wie ich es mach‘. Das ist zwar voll die Standard-Klischee Antwort: „Ich scheiß hier auf alle und was die sagen“ – aber so ist es bei mir halt schon immer. Also wenn ich mich davon beeinflussen lassen würde, würde das doch kein‘ Spaß machen. Wie ich gesagt hab‘: dann würde ich jetzt noch drei Mal „OKZ“ -Style spitten und so, yeah yeah. Kann man ja machen. Hätt‘ ich ja machen können, kann ich immer noch machen, aber macht halt keinen Spaß und deswegen mach‘ ich das auch nicht. Es ist mir egal, was man jetzt dazu sagt. Ich gehe jetzt eh nicht davon aus, dass das jetzt mies durch die Decke geht oder irgendwie sowas. Ich hoffe einfach, dass sich ein paar Leute daran erfreuen können und was daraus mitnehmen, dann ist gut.
Du hast dir für „OKZ“ und „Karmasutra“ viele Featuregäste ins Boot geholt. Wieso hast du dich bei „92/8“ auf nur ein Feature beschränkt, der ja auch nur eine Zeile rappt?
Ja, das war auch nur spontan gewesen. Wir saßen im Studio und ich hab‘ gesagt: „Alter, ich will diese Bridge machen, aber irgendwie hört sich das so behindert an, mach‘ du das jetzt bitte“ . Dann hat er es halt gemacht. Ich hab‘ extra auch nicht „featuring Bausa“ hingeschrieben, weil es ja auch kein richtiges Feature ist. Ist halt nur ’ne Bridge.
Das ist auch immer so, dass man sich auf jemand anderes verlassen muss. Bei meinen Freunden ist das so schwierig. Wir setzen uns zusammen hin und machen im Endeffekt eh was anderes. Ich hab‘ auch keinen Bock, mich dann großartig auf jemand anderes zu verlassen und es immer weiter rauszuschieben und die anderen zu erinnern, dass wir noch einen Track machen wollten. Ich hab‘ es einfach gemacht. Wäre was zustande gekommen, dann hätte ich es rauf gepackt – ist aber nicht passiert. Also hab‘ ich nichts raufgepackt. Das ist auch einfach das erste Release, bei dem ich mir überhaupt keinen Kopf gemacht habe.
Würdest du nochmal so ein Projekt wie das mit Rian zusammen machen? Es ist in Deutschland eigentlich eher unüblich, Unplugged-Sachen zu droppen, wenn man Cro und Sido mal außer Acht lässt.
Das war damals einfach so eine Silvester-, im Suff Spontanidee und nein, das würde ich nicht nochmal machen. Also ein MTV Unplugged würde ich auf jeden Fall machen, sag ich mal so – kein Ding. Aber auf eigene Faust würde ich sowas nicht nochmal machen. Das war auch viel zu viel Stress für das bisschen, was am Ende raus kam. Es sind ja auch nur fünf Tracks gewesen. Die Resonanz ist mir eh egal. Aber für fünf Tracks war das schon ziemliches Geficke. Aber es war eine Herzensangelegenheit. Ich wollte es unbedingt einmal machen, hab‘ es dann auch einmal gemacht und passt. Zu den Akten gelegt und gut ist.
Auf dem Titeltrack „92/8“ lässt du dich ja schon etwas gegen andere Rapper aus und behauptest, sie würden keine Kunst machen. Ich würde da gerne mal andersherum fragen: Gibt es, ausgeschlossen von deinen Kollegen Lucky Looks, Mauli, Zetka, Bausa usw., auch deutsche Künstler mit denen du was anfangen kannst und die du auch feierst?
Ich will das eigentlich auch nicht so beurteilen. Weißt du, ich höre zu wenig und höre auch nicht wirklich Alben durch. Zum Beispiel Mauli ist so einer, der sich echt jedes Album anhört und der hat dann auch voll sein Recht darauf, die ganze Zeit da voll drüber herzuziehen, weil er gibt sich das wirklich.
Aber wen ich jetzt gut finde außer meinen Bekanntenkreis? Dann SSIO und Hafti natürlich. Wenn die ein Album rausbringen, dann hör ich das mindestens einmal durch. Wen gibt es denn sonst noch so?
Vielleicht Credibil, wie findest du den?
Credibil ist cool, auf jeden Fall. Ich kenne den auch schon ganz lange. Also nicht persönlich, sondern seine Musik. Aber ich würde mir trotzdem sein Album nicht anhören. Bei seinen letzten Sachen hat man echt den Kendrick-Einfluss sehr krass rausgehört. Wobei das auch nicht wirklich schlimm ist, das checken die meisten, die sich das anhören, eh nicht. Credibil ist jemand, von dem ich mir kein Album anhören würde, aber auch niemals ein schlechtes Wort über den verlieren würde. Aber sonst echt Alben anhören: SSIO und Haftbefehl. Mehr kann ich echt nicht sagen, wenn dir jetzt noch niemand einfällt.
Vielleicht mal was komplett anderes: Wie findest du Lance Butters?
Aaah! Furchtbar, nein.
Als letzten Künstler würde ich mal Marvin Game vorschlagen. Mit dem hast du ja auch vielleicht durch Mauli was zu tun.
Nee, gar nicht, aber Marvin find‘ ich natürlich auch gut. „Ich bin und ich bleibe ein Kiffer“ oder wie das geht. Ich mag seine Stimme, weisch. Auf der Deutschrap-Messlatte weit oben.
Die Deutschrap-Messlatte ist also eine Art Bonus, weil Rap aus Deutschland so scheiße ist?
Ja, na klar man. Die ganzen Medien müssen da vorsichtiger sein, weil die Rapper mit einem nicht mehr zusammenarbeiten, wenn man ihnen nicht Honig ums Maul schmiert. Aber mir kann doch keiner erzählen, dass Deutschrap an sich qualitätsmäßig nicht richtiger Scheißdreck ist. Also sorry, aber es ist zu viel Müll im Umlauf. Das muss man doch ändern. Also ich kenne natürlich nicht jeden, der auf dieser Basis ist wie ich, bestimmt gibt es noch tausend andere, die bestimmt auch gut sind. Aber von den Großen find‘ ich keinen gut.
Das artet langsam aber sicher in ein klassisches Rant aus hier.
Ich beurteile ja keine Menschen, sondern einfach nur die Musik. eRRdeKa! Auch furchtbar. Und Prinz Pi gleich mit 35jähriger pubertierender Junge. eRRdeKa und Prinz Pi, die find‘ ich ganz schlimm. Wobei ich da natürlich nicht vom menschlichen ausgehe. Wobei ich bei eRRdeKa denke, dass ich mich mit ihm nicht verstehen würde. Den find ich von Grund auf unsympathisch.
Okay. Themawechsel: Im Gegensatz zur „Karmasutra“ EP willst du „92/8“ nicht auf CD zum freiwilligen Kauf anbieten, oder?
Nee, ich hab mir jetzt von den Jungs von „Friends und co. “ eine Seite einrichten lassen, auf der ich alles zum Download bereitstellen kann. Dann muss niemand irgendwelche Downloadlinks suchen und rumschicken. Ich kann einfach sagen: Hier hast du meine Homepage, da kriegst du alles. Ist doch schöner zu sagen: Geh‘ auf meine Homepage , statt irgendwelche Links zu posten.
Dann gehen die letzten Worte an dich.
Ach, ich brauch keine letzten Worte. Ich danke dir und allen, die meine Mucke einfach appreciaten.
Hier kannst du „OKZ“ , „Karmasutra“ und in wenigen Tagen „92/8“ kostenlos downloaden.