Interview mit Crack Ignaz und Wandl über „Geld Leben“

2015 war ein gutes Jahr für Deutschrap, und eine Region, die gar nicht in Deutschland liegt, hat sich dabei besonders hervorgetan: Österreich. Die Sprachgenossen aus dem Süden machten Trap, Cloud oder wie auch immer man es nennen will auf Deutsch groß, mal mehr, mal weniger ernsthaft. Für besondere Aufregung sorgte das Salzburger Hanuschplatzflow-Mitglied Crack Ignaz, der auf seinem im Juli erschienene Debütalbum „Kirsch“ gekonnt kitschige Elemente und Trap verband, und das alles in einem Sprachgemisch aus österreichischer Mundart und Trapvokabular. Nun steht für den  15. Januar das Release seines neuen Albums „Geld Leben“ an, komplett produziert von dem Wiener Wandl. Wir trafen die beiden zum Interview.

Zunächst einmal, wie real ist denn die Kunstfigur Crack Ignaz?

Crack Ignaz: 100 % real, wenn nicht sogar 200 %. Das ist echtes Leben.

Wie darf man sich also einen typischen Tag in deinem Leben vorstellen?

Crack Ignaz: Naja, es variert natürlich. Jeder Tag is‘ a anderer Tag und es ist wichtig, dass man fokussiert bleibt. Manche Tage fangen z.B. sehr spät an, manche fangen sehr früh an, manche Tage fangen gar nicht erst an, weil sie …

…gar nicht enden?

Crack Ignaz: Genau, weil die vorherigen Tage noch gar nicht geendet sind. Es ist schwer zu sagen, jeder Tag ist anders.

Aber soviel Bitches und Drogen wie in deiner Musik kommen schon darin vor?

Crack Ignaz: Jaaaaa, schon, ja. Es variert natürlich auch, zu Weihnachten z.B. natürlich nicht. Da chill‘ ich mit der Family.

Wie wohl jeder. Dann wollen wir mal über dein erstes Album „Kirsch“ reden. Das war ja sehr stark polarisierend, es hat ’ne sehr eigene Art, sehr kitschig, mitunter fast schon schlagermäßig. War auch sehr erfolgreich. Hattest du da vorher mit gerechnet?

Crack Ignaz: Na, überhaupt nicht. Ich hab mir schon gedacht dass ich a anderes Publikum insgesamt erreichen werd‘ wie normalerweise. Das es aber so positiv aufgenommen wird, damit hab ich nicht gerechnet. Das ist aber sehr schön, das zu sehen, dass es Leute gibt, die für so was bereit sind.

Wie hast du denn diesen speziellen Sound gefunden, gerade natürlich auch deine sehr spezielle Sprechweise, diese Kombination aus österreichischen Mundart und Ami-Trap-Slang?

Crack Ignaz: Ich bin natürlich stark beeinflußt von meinem Umfeld, also von der Producer- und Rapszene in Österreich, eben auch zum Beispiel von Wandl, oder Lex Lugner, Young Krillin, Drexor. Das sind die Leute, die mich stark inspiriert haben in meinem Stil, und so allgemein hat sich das einfach entwickelt, also durch die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Leuten.

Du hast ja gerade schon mal ein bisschen deine Einflüsse angesprochen. Für mich wäre interessant wie du zur Glo Up Dinero Gang bzw. auch der Bergmoneygang stehst. Wie man sich gegenseitig beeinflußt, ob da überhaupt ne Beziehung untereinander vorliegt?

Crack Ignaz: Ich kenne Leute, die eben in den jeweiligen Gruppierungen sind. Ich selber war aber nie in einer dieser Gruppierungen. (Pause). Ich kann dazu nicht viel sagen.

Keine musikalischen Berührungspunkte?

Crack Ignaz: Schon, eben dadurch, dass ich die Leute kenne und mit Leuten zusammenarbeitet hab, die eben aus der Glo Up oder BMG sind, natürlich hat mich das irgendwo beeinflusst, aber nicht direkt.

Mit wem du in letzter Zeit viel zusammengearbeitet hast und mit wem du jetzt auch auf Tour gehen wirst, ist LGoony. Was macht die Chemie zwischen euch aus?

Crack Ignaz: LGoony und ich, wir sind beide Vorrausdenker. Wir haben diese ganzen Sache auf eine Art und Weise schon ausgespielt und versuchen das jetzt einfach neu zu gestalten, das ganze Rapgame. Es ist ungefähr so wie Speedruns. Kennst du das?

Von Videospielen?

Crack Ignaz: Genau. Wo man dann anfängt das Spiel gar nicht mehr normal zu spielen, sondern die ganzen Bugs und so auszunutzen und man schaut eben auf Zeit, wie schnell man das ausspielen kann. Und der Goony und ich, wir betrachten das Rapgame halt wie so ein Speedrun.

Also so schnell wie möglich an die Spitze?

Crack Ignaz: Nicht so schnell wie möglich, wir wollen es …

Wandl: Austricksen.

Crack Ignaz: Nicht austricksen, austricksen ist so negativ. Wir wollen die parallelen Möglichkeiten, die das Spiel einem gibt, das Spiel zu spielen, nutzen. Wir haben Spaß daran, dieses Spiel so zu spielen. Wir sind, um es kurz zu sagen, die Speedrunner des Rapgames.

Das Rapgame allgemein, fuckt dich das ab oder fühlst du dich da wohl?

Crack Ignaz: Ich hab gegenüber dem Rapgame keine emotionale Haltung. Es ist was es ist. Es berührt mich nicht wirklich.

Dann kommen wir jetzt zu deinem kommendem Album. „Geld Leben“ heißt das, am 15 Januar soll das erscheinen. Das Intro beginnt ja mit dem Satz: „It was a dark and stormy night“, welcher aus einem Roman, „Paul Clifford“ , stammt, von 1830, und gilt gemeinhin als der schlechteste Satz mit dem man einen Roman beginnen kann. Warum ausgerechnet dieser Satz, um dein Album einzuleiten?

Crack Ignaz: Der Producer des Albums, Wandl, was hat der damals gesagt?

Wandl: Was?

Crack Ignaz: Der Producer von meinem Album.

Wandl: Ich? Was hab ich gesagt?

Crack Ignaz: Ja, wie sind wir dazu gekommen?

Wandl: Ja, das ist ein Sample.

Crack Ignaz: Ja, ich weiß, aber warum ausgerechnet das?

Wandl: Ja, weil’s für mich, keine Ahnung. Ich hab’s irgendwie einfach absurd gefunden, mit so einem Intro zu kommen, was dann eigentlich das ganze Album über gar keine Bedeutung mehr hat. Es verschiebt halt irgendwie das Bild, „The captain called his men on deck, and said: I have a story to tell„. Ich hab’s halt für ein geiles Bild befunden.

Aber da steht sonst keine besondere Bedeutung hinter?

Wandl: Vielleicht schon.

Crack Ignaz: Ich hab’s halt gut gefunden, wie du eben sagst, mit diesem Satz sollte man eigentlich nicht anfangen. Es ist quasi wie mit einem Crash anzufangen und dann dieses rollende Autowrack, wie es sich wieder einfängt, dieses Momentum in das Album mitnimmt, es ist eine Dynamik, mit der man den Hörer in das Album reinstürzen lässt. Ist das verständlich?

Ja, doch. Um noch mehr in diese Richtung zu gehen: In diesem Roman, „Paul Clifford“, geht es um jemanden, der tagsüber ein Verbrecherleben lebt, eigentlich aber ein Edelmann ist. Etwas ähnlich steht auch auf der Website von Hanuschplatzflow über dich, dass du nämlich ein umgekehrter Bruce Wayne wärst. Ist das ein Image, das dir gefällt, spielst du damit?

Crack Ignaz: Das ist für mich kein Image, sondern meine Berufung. Es ist einfach, wie es ist. Man muss damit leben, man muss real bleiben.

Ein realer Edelmann.

Crack Ignaz: Ein realer Edelmann, 200 %.

Wie sehr gehst du denn deine Musik generell künstlerisch an?

Crack Ignaz: Natürlich mach ich mir viele Gedanken über das, was ich mach. Aber mir ist auch eine gewisse Impulsivität sehr wichtig.

Warum ist „Geld Leben“ denn jetzt komplett von dir, Wandl, produziert? Was war der Grund dafür?

Wandl: Wir haben uns kennengelernt bei einem Konzert vom Ignaz, beim zweiten von Hanuschplatzflow. Ich war dort einfach als Fan, das ist jetzt auch schon ein paar Jahre her. Ich hab ihn angesprochen nach dem Gig, dass ich Fan bin und war halt am fanboyin. Und dann sind wir uns in Wien mal über den Weg gelaufen, ein Jahr später ungefähr, und haben halt gesagt: Treffen wir uns mal, können ja mal Musik machen. Dann sind wir einfach öfters miteinander abgehangen, nicht sehr regelmäßig am Anfang. Da sind dann halt Tracks entstanden, nebenbei halt mal nen Track gemacht. Nach „Kirsch“ dann, oder noch bevor „Kirsch“ rausgekommen ist, hab ich ihn irgendwann besoffen angerufen und hab gesagt: Fuck, wir sollten eigentlich ein Album machen. Ich hoffe du bist down. Ja, passt, und dann haben wir uns die folgende Woche drauf bei mir getroffen und haben begonnen mit dem Album, und das ist dann auch sehr schnell entstanden.

Wie läuft das ab, wenn ihr zusammenarbeitet? Fertigst du die Beats vor oder hat Ignaz da auch noch ein Mitspracherecht?

Wandl: Bei uns ist echt so, wir sind in einem Raum gesessen, bei mir daheim, so ein Studioraum halt, und sind nebeneinander, ich hab neue Beats gemacht, hab die ihm dann gleich aufs Handy geschickt und er hat geschrieben.

Crack Ignaz: Paar Tage durch, dann wieder zwei Tage Pause, dann wieder durch.

„Geld Leben“ hat ja im Vergleich zu „Kirsch“ einen sehr anderen Sound. Es ist viel entspannter und vor allem samplelastiger. Wie kam es dazu, wieso dieser Soundwechsel?

Crack Ignaz: Das war so ein bissl ein Anliegen von uns, eben von „Kirsch“ da wieder in ne andere Richtung zu gehen.

Wandl: Einfach das Experiment des Experimentierens wegen.

Crack Ignaz: Ja, voll, wir wollten uns ein bisschen austoben in diese Richtung. Es war ein Impuls, dem wir folgen haben müssen, nach „Kirsch“ vor allem.

Also darf man auch in Zukunft davon ausgehen dass du wieder neue Sounds für dich entdeckst?

Crack Ignaz: Für immer, für immer. Gödlife. Gödlife ist für die Kinder.

Kann man denn auch erwarten, dass auch weiter mit so einem hohen Output von dir zu rechnen ist, da liegt jetzt gerademal ein halbes Jahr zwischen den beiden Alben?

Crack Ignaz: Ja, das kann man nicht sagen. Was soll ich sagen, man muss sich überraschen lassen. Vielleicht verschwinde ich auch kurz wieder. Vielleicht tauch ich wieder auf als Fernsehmoderator. Arabella Kiesbauer Extended Version Part 2, whatever. Das sind alles die Mysterien des Juarez, des Iganz K aka Johann Sebastian Gödlife.

Irgendwas, was ihr sonst noch los werden wollt?

Crack Ignaz: Eine gesunde Ernährung ist oft im Zentrum von einem guten Körpergefühl.

Gut zu wissen.

Wandl: Ist ein gutes Schlusswort.