Interview mit Montez über „Für immer und eh weg“

Montez veröffentlichte gestern sein zweites Album „Für immer und eh weg“ . Eine erste große Aufmerksamkeit hat der Bielefelder 2011 erhalten, als er im Alter von 16 Jahren einen Newcomer Wettbewerb gewonnen hat, der von der Juice und hiphop.de ins Leben gerufen worden war. Auf den Sieg folgte im selben Jahr mit „Karneval“ das Debüt-Album, die „Warum rappst du?“ -Tour mit Kool Savas im Winter 2012 und die „Perfektes Wetter“ -EP mit dem Bielefelder Kollegen Kaynbock. Dann wurde es still um Montez. In einem Interview haben wir mit ihm unter anderem über die lange Pause, die Thematik und die Produktion des neuen Werks gesprochen.

Wieso hast du dir bis zum aktuellen Release so viel Zeit gelassen?

Es lag hauptsächlich daran, dass ich mir von vorne rein zu viele Gedanken über das Album gemacht habe. Was ich überhaupt machen will, wie der Sound sein soll usw. Ich habe mich extrem schwer damit getan, weil ich nicht wusste wie ich das am besten angehen soll. Dann habe ich mit SVPA x NOVA zwei neue Produzenten gefunden, mit denen ich mich auch erstmal zusammenfügen musste. Darum hat das so extrem lange gedauert. Es hat erstmal anderthalb Jahre gebraucht, bis ich überhaupt wusste was ich machen will und wie der Sound klingen soll. Dann hat es natürlich auch noch gedauert, bis wir das umsetzen konnten. In der Zeit in der wir das nicht konnten, hatte ich natürlich auch nichts zum Schreiben, bzw. wusste nicht was ich schreiben soll. Es war ein sehr langer Prozess bis ich das dann endlich konnte und jetzt ist es auch geil geworden.

Du hast aber schon von Anfang an geplant, einen Nachfolger von „Karneval“ zu machen.

Karneval“ kam im Sommer 2011. Ein Jahr später bin ich dann mit Savas auf Tour gegangen und dann war klar, dass jetzt auf jeden Fall ein Album kommen muss. Damit habe ich mich extrem schwer getan, weil ich dann einen kleinen Hype hatte bzw. eine gewisse Aufmerksamkeit und mich selber dadurch so krass unter Druck gesetzt habe. Ich dachte, dass ich jetzt das nächste große Ding sei und jetzt alles zerstören muss. Ich musste dann erstmal checken, dass ich in erster Linie mir gefallen muss und nicht den Leuten. Dass ich hinter dem Album stehen kann und muss. Da musste ich erstmal diesen Gedanken zurück schrauben, dass alle anderen mich cool finden müssen. Das hat mich bei der Produktion auch sehr gehandicapt. Ich musste wie gesagt erstmal heraus finden wie ich das alles machen wollte und das musste einfach erstmal abgearbeitet werden, bis wir dann richtig an die Produktion gegangen sind.

Seit dem Sommer bis du bei Vegas neu gegründeten Label „Über die Grenze“ als eins der ersten Signings. War das ein weiterer Ansporn, um das Album endlich an den Start zu bringen?

Das Album war schon fast fertig, als die Gespräche kamen. Ich glaube da hatte ich schon zwölf Songs in etwa fertig und habe noch auf zwei Featureparts, unter anderem von Vega, gewartet. Durch diesen Song wusste er ja auch, dass ich ein Album mache. Er hat den Part von mir sehr gefeiert, den ich ihm dann geschickt habe. Als ich ihn dann mal im Frühjahr getroffen habe wusste ich, dass er ein neues Label gründen will und habe ihn gefragt, ob er es sich vorstellen kann mein neues Album über das Label zu veröffentlichen. Wir kennen uns schon länger und er hatte direkt Bock darauf, wusste aber noch nicht wie die Songs klingen. Als ich die ihm geschickt habe, war er auch direkt begeistert davon. Aber das Album war wie gesagt schon fast fertig, als ich bei „Über die Grenze“ unterschrieben habe.

Wie du gerade schon selbst gesagt hast, ist Vega einer von insgesamt drei Featuregästen auf „Für immer und eh weg“. Das Album ist sehr privat und wäre dadurch auch eigentlich gut ohne jegliche Features ausgekommen. Wie kam es dann doch zu einer Zusammenarbeit mit den jeweiligen Gästen?

Ja, du hast vollkommen Recht. Es ist ein sehr privates Album, was eigentlich nur mich etwas angeht. Aber ich mache immer schon sehr offene, persönliche und ehrliche Musik, darum komme ich da auch nicht mehr raus. Warum Vega? Einfach aus dem Grund, dass er schon seit Ewigkeiten mein Vorbild ist. Weil er die für mich am wichtigsten Werte in der Musik vermittelt, wie Ehrlichkeit, Gefühle und Emotionen. Das hat er mir quasi beigebracht, wenn man das so sehen will. Er ist einfach schon seitdem ich Musik mache mein Wunschfeature und darum war es für mich klar, dass ich auf dem ersten richtig geilen Album auch meine kompletten Wunschfeatures haben möchte. Da ist Vega nun mal ganz oben, darum musste er mit drauf. Dann gibt es noch einen Featurepart von Raf Camora, von dem ich auch ein unfassbar großer Fan bin. Was das musikalische angeht respektiere ich ihn extrem. Einfach weil er ein Stück weit musikalischer ist, als ein Großteil der Rapper. Er produziert alles selber, er singt, wie ich ja auch auf dem Album und er hat genau wie ich auch viel Gitarre in seiner Musik. Es passt einfach vom Sound sehr gut. Ich respektiere ihn extrem als Künstler und deswegen hatte ich sehr Bock mit ihm einen Song zu machen, vor allem weil wir da schon wussten, dass es viel Gesang und Gitarre auf meinem Album geben wird. Das ist auch ein Song der mit als letztes fertig geworden ist. Njungederalynes ist jemand der mich vor drei Jahren oder so auf Twitter mal angeschrieben hat. Der war ein Fan von mir und wollte, dass ich mir mal seine Sachen anhöre. Das habe ich auch gemacht, fand das ganz cool, aber nicht so hardcore krass. Anfang des Jahres hat er mir dann mal was Neues geschickt und das hat mich voll geflashed. Dann war noch ein Part frei auf dem Album und ich habe ihn einfach gefragt, ob er das machen möchte. So konnte ich ihm eine kleine Plattform bieten und außerdem passt er auf den Song.

Wie gerade schon angesprochen, ist dein Album sehr privat. Es ist sehr melancholisch und reflektiert gegenüber dir und deiner Vergangenheit. Wie geht es dir damit diese Thematik jetzt auf einem Album zu hören? Konntest du dir so das alles quasi von der Seele schreiben, oder fühlst du dich eher immer wieder damit konfrontiert?

Beides irgendwie. Ich fühle mich schon ganz gut, wenn ich das aufschreiben und dadurch Musik machen kann und es Leute gibt, die mich verstehen und respektieren können. Das fühlt sich natürlich schon gut an. Auch wenn ich Leuten damit helfen kann. Ich bekomme täglich Nachrichten von Leuten die mir erzählen, dass sie genau die gleichen Erfahrungen gemacht haben. Das ist natürlich schon cool, wenn man den Leuten durch die Musik ein Stück weit helfen kann. Trotzdem ist es natürlich sehr schwer diese Musik zu machen, gerade weil es so persönlich ist und jeder es dann einfach weiß. Also jeder weiß jetzt quasi alles über mich. Seit ich Musik mache ist die auch immer schon so persönlich und ehrlich, auch mit sehr familiären Sachen darin. Ich mache das teilweise schon so ehrlich und persönlich, dass es fast nicht mehr tragbar ist, da es viele Menschen in meinem Umfeld angeht. Jeder in meinem Umfeld muss sich quasi Sorgen machen, dass er nicht in irgendeinem Song erwähnt wird. Ok, so krass ist es vielleicht nicht, aber es ist schon schwer damit raus zugehen und dahinter zu stehen. Auch in meinen Songs zu erzählen, dass ich Panikattacken habe ist schwierig. Nach wie vor mache ich es aber aus Leidenschaft. Ich finde das ist der richtige Weg um Musik zu machen.

Wie geht dein Umfeld den generell damit um? In „Ohrwurm“ zum Beispiel sprichst du konkrete familiäre Probleme an und nennst so auch ein paar Details über deine Mutter.

Also ich zeige das Album vorher natürlich auch meiner Mutter und meinem Vater. Auf alten Releases wie zum Beispiel auf „Karneval“ habe ich auch schon Songs über meine Mutter oder meinen Vater gemacht. Die sagen immer: „Das ist deine Musik. Du darfst machen was du willst.“ Außerdem würde ich die Songs ja nicht schreiben, wenn es nicht wirklich so passiert wäre. Ich erzähle da ja keinen Quatsch. Ich sage einfach das, was ich denke oder fühle und das respektieren die natürlich. Sie haben auf jeden Fall den Song auch gehört. Aber es ist ja auch nicht alles scheiße in meinem Leben. Es gibt ja auch positive Momente. Auf dem Album habe ich einen Song, der heißt „Auf nem guten Weg“. Da ist der erste Part über meine Mutter, der zweite Part über meinen Vater. Da bin ich sehr selbstreflektiert und sage ihnen, dass ich auf einem guten Weg bin und sie sich keine Sorgen mehr machen müssen. Ich habe verstanden, dass ich Scheiße gebaut habe und es wird alles wieder gut. Das ist zum Beispiel ein Song der ihnen bestimmt sehr nah geht, weil er sehr positiv gegenüber ihnen ist. Es ist nicht immer alles so krass negativ.

Also gab es bisher kein negatives Feedback aus deinem direkten Umfeld, für deine doch sehr ehrlichen und persönlichen Lyrics?

Nicht wirklich. Der Großteil respektiert das und findet es auch sehr mutig, dass ich so persönliche Sachen anspreche. Ich wüsste jetzt nicht, dass sich irgendjemand darüber schon mal beschwert hat. Meistens wird mir Respekt und Mut entgegen gebracht. Am Ende des Tages ist es ja auch eh meine Musik, dann müssen die da halt durch.

Waren diese ganzen negativen Erfahrungen die du gemacht hast, der ausschlaggebende Grund mit dem Rappen anzufangen?

Weiß ich nicht genau. Das ist auf jeden Fall der ausschlaggebende Grund um die Musik zu machen, die ich jetzt mache. Ich hatte nie den Drang dazu lustige oder gute Laune Musik zu machen. Das ist einfach nicht meine Vorstellung von Musik. Das heißt aber nicht, dass ich jeden verabscheue der fröhliche Musik macht. Es ist ja auch gut, dass es solche Leute gibt. Ich persönlich könnte das aber niemals machen. Ich muss den Song fühlen wenn ich ihn schreibe und mache. Klar, ich könnte mich auch positiv und gut fühlen und dann eben so einen Song machen, aber irgendwie kann ich das nicht so gut wie deepe Songs. Deswegen war es auch von Anfang an so, dass ich sehr emotionale und deepe Songs mache, anstatt Spaß-Songs.

Gibt es auf „Für immer und eh weg“ einen Track der dir besonders wichtig ist?

Da gibt es auf jeden Fall drei, vier favorisierte Songs, die mir extrem wichtig sind. Was aber für mich persönlich der wichtigste Song ist, was die anderen vermutlich gar nicht so sehen werden, ist das Outro „Ins Licht“ . Wenn ich den höre, dann kann kommen was will. Dann weiß ich ok, du hast alles richtig gemacht. Es fühlt sich einfach gut an diesen Song zu hören. Ich habe den Beat bestimmt schon seit drei Jahren auf meiner Festplatte. Ich habe mich nie getraut da ran zu gehen. Ich habe den immer gehörte und dachte nur was ist das für ein Beat. Das ist die Perfektion von Musik. So, wie Musik sein sollte. Ich habe mich nie getraut etwas darauf zu schreiben, weil ich immer dachte ich mache den Beat kaputt. Ich habe lange überlegt warum das so ist und bin zu dem Entschluss gekommen, dass so für mich das Leben klingt. Wenn ich das Leben mit einem Ton oder Musik beschreiben müsste, dann würde ich diesen Beat nennen. Deswegen war es für mich so schwer etwas auf diesen Beat zu schreiben und wollte den einfach nicht kaputt machen. Das ist für mich das perfekte Ende auf diesem Album. Wenn ich das Album durch höre und dieser Song damit endet, dann habe ich einfach das Gefühl es geschafft zu haben. Das Album ist fertig, ich habe alles richtig gemacht und das fühlt sich gut an. Dieser Song hat für mich persönlich einfach einen großen Wert. Wenn ich den höre, ist einfach immer alles cool. Dann fühle ich mich sehr gut. Letztendlich habe ich mich erst anderthalb Jahre später getraut was darauf zu schreiben und seitdem wollte ich auch unbedingt diesen Song auf meinem Album haben.

„Für immer und eh weg“ ist dein zweites Album. So im Vergleich zu „Karneval“, gibt es irgendwas, was du deiner Meinung nach besser gemacht hast, was du anders gemacht hast?

Anders ist natürlich hauptsächlich die Produktion. Bei „Karneval“ habe ich zwölf Exclusive-Beats von irgendwem bekommen und war dankbar: Geil, ich hab zwölf Beats die kein anderer hat. Machen wir eben zwölf Songs daraus – so war das damals. Und jetzt hab ich  eben zwei Produzenten mit denen ich machen kann was ich will. Ich kann denen sagen: Das und das will ich haben. Wir können machen was wir wollen. Es war aber auch schwer am Anfang zu entscheiden was ich machen will, als ich dann so viele Möglichkeit hatte. Das unterschiedet „Für immer und eh weg“ extrem von „Karneval“ . Einfach weil ich da komplett meine Vision von Musik umsetzen konnte. Ich finde Gitarren sehr geil, ich singe gerne und wir haben das alle so kombiniert, dass es mit Hip-Hop irgendwie funktioniert. Das war bei „Karneval“ gar nicht der Fall. Da hab ich halt wie gesagt zwölf Beats bekommen und dann irgendwie Songs drauf gemacht. Wahrscheinlich würde ich davon viele Beats heute gar nicht nehmen, wahrscheinlich sogar alle. Das ist der große Unterschied. Es ist einfach viel musikalischer. Ich habe mich auch getraut mehr zu singen. Ob ich das jetzt brutal gut kann oder nicht ist egal, aber ich finde es auf jeden Fall ganz cool. Und das ist der große Unterschied zu „Karneval“ . Von den Thematiken ist es nicht krass anders, da es einfach so ehrlich und emotional ist wie meine ganze Musik. In erster Linie ist der Sound der große Unterschied. Da habe ich mich auf dem neuen Album sehr weiterentwickelt.

Man hört auf jeden Fall, dass es eine runde Sache ist und nur zwei Produzenten am Werk waren. Warst du dieses Mal komplett in die Beat-Entstehung involviert?

Da sind jetzt 14 Songs drauf und neun bis zehn davon sind wirklich erst im Studio entstanden. Wenn ich eine Songidee hatte oder einen Text angefangen habe zuschreiben, bin ich ins Studio gefahren und wir haben angefangen den Beat zu bauen. Ich brauche einfach die Stimmung, die Gitarre, ich brauche das und das, damit wir einen Beat entwickeln konnten und ich dann anschließend den Text zu Ende schreiben kann. Also die haben natürlich auch Beats in ihrem Repertoire, aber der Großteil ist wirklich während der Produktion im Studio entstanden. Ich glaube drei Beats von dem Album wurden schon vorher, ohne mich entwickelt. Ansonsten sind eigentlich alles Beats, die wir im Studio gemacht haben.

Wie geht es jetzt weiter bei dir?

Ich geh noch im Winter auf zwei Touren. Einmal mit Cr7z auf „Sieben Weltmeere“ -Tour und zwei Tage später direkt anschließend mit Savas auf „Warum rappst du?“ -Tour 2 und das wärs dann auch erstmal an Plänen für dieses Jahr. Dann mal schauen das ich 2016 richtig Gas gebe, sodass ich Anfang 2017 direkt mit dem nächsten Kracher komme.