Interview mit Schote über „Neue Bars Sued“

Mit „Neue Bars Sued“ bringen Schote und sein Produzent Enaka ihr erstes Release über ihr neues Label WSP Entertainment an den Start. Der Karlsruher hat sich im VBT sowie im MOT durchaus einen Namen gemacht und zeigt sich auch abseits von Battleformaten wettbewerbsorientiert. Ein Gespräch über „Neue Bars Sued“ , authentischen Wortschatz, Rap und nicht Fußball.

Eigentlich müssten hier zwei Leute sitzen, denn du und dein Produzent Enaka seid ja eine richtige Symbiose. Hast du überhaupt schon mal auf andere Beats gerappt?

Doch, schon, bei Features, klar, aber mit ihm macht es am meisten Sinn. Man muss nicht so viel erklären, wie man das und das gerne hätte. Wir kennen uns einfach voll gut. Wenn irgendwo Schote steht, ist das immer eigentlich er und ich. Wir wollen jetzt keine Band sein oder so. Aber Schote & Enaka wollten wir auch nicht, da weiß nachher wieder keiner, wer rappt und wer nicht – bestes Beispiel Genetikk, das größte Missverständnis…

… da rappt der Genetikk. Irgendwo stand, dass Enaka sogar dein Mitbewohner ist.

Aktuell nicht mehr, aber war er eine Zeit lang wirklich. Wir haben zwei Jahre lang jeden zweiten Tag einfach Musik gemacht.

Und jeden zweiten gesoffen?

Nee, das war eher eine Kifferphase. Aber es war die entspannteste Arbeitsweise, die man sich vorstellen kann. Man musste halt nicht nach Köln oder so fahren, um aufzunehmen. Auch dass man das Internet weglassen konnte, war voll gut. Man konnte einfach in ein Zimmer laufen und sofort kommunizieren statt Spuren zu verschicken.

Ist so auch „Neue Bars Sued“ entstanden?

Ja, genau. Wir haben einfach Tracks gemacht, ob es eine EP oder ein Album wird, war vorher gar nicht klar, gar nicht besprochen.

Der Titel ist mir nicht ganz klar… ach Moment, dieser Roman! Erst jetzt fällt’s mir auf.

Richtig. Aber ganz ehrlich, ganz viele raffen das nicht, und ich dachte immer, den kennt man doch.

Sven Regener ist das, oder?

Genau, die Fortsetzung von „Herr Lehmann„. Aber ist keine direkte Anspielung darauf. Ist ein Buch, das ich gelesen habe und ich fand das Wortspiel ganz gut, der Name passt von der Stimmung her perfekt. Und da es kein Konzeptalbum oder sowas ist, passt „Neue Bars“ aus dem Süden ganz gut.

Ein richtiges Konzept konnte ich auch nicht ausmachen, eigentlich kann man es mit Battlerap ziemlich treffend umschreiben.

Uns geht es hauptsächlich darum, eine Stimmung zu erzeugen, nicht um um die Ecke gedachte Punchlines. Ich habe auch sehr auf die Wortwahl geachtet. Die Tracks haben keinen roten Faden, aber wir haben schon versucht, einen eigenen Raum zu schaffen. Es passiert schon alles in einem Universum.

Welche Rolle spielt dabei der eben von dir angesprochene Wortschatz?

Mir ist wichtig, dass ich keine Worte benutze, die ich nicht auch im Dialog als Person benutzen würde. Es gibt eine Art und Weise zu schreiben, dass man einfach einen Reim nimmt, der sich gut anbietet, und vielen scheint es egal zu sein, ob das Wort selbst dann auch cool ist. Und ich versuche das zu vermeiden, ich will keine Worte benutzen, die mir unangenehm wären, wenn ich sie hierim Gespräch sagen würde. Es gibt keine merkwürdigen Wortschöpfungen, nur damit der Reim cool ist. Es ist voll wichtig, so einen Wortkosmos zu haben und sich nicht überall zu bedienen – hab ich irgendwann für mich so entschieden, ich höre auch Rapper, die das anders machen, aber für mich ist es so passender.

Dadurch wird dein Rap natürlich authentisch.

Es ist immer schwer, dass man nicht so ganz krass ausbrechen darf, wenn man authentisch sein will, aber ich könnte auch einfach keinen Track übers Puffgewerbe schreiben, denn erstens würde mir das keiner abkaufen und zweitens müsste ich irgendwo Dinge erfinden und das mache ich in der Musik nicht. Mir ist wichtig, dass man sich vorstellen kann, wie die Person ist, auch wenn das immer überspitzt ist, klar. Aber dass man ungefähr eine Richtung hat, wie der Mensch in Wirklichkeit ist. Auch wenn ich in echt vielleicht netter bin (lacht)

Diese Sparte, nennen wir es mal vereinfachend realer Rap, ist ja inzwischen wieder durchaus gefestigt. Siehst du dich da als Teil einer Bewegung?

Ich seh schon, welche Leute das jetzt wieder zurück gebracht haben, dass man realen Rap machen kann, ohne dass es Underground ist. Witten Untouchable zum Beispiel, das finde ich auch unglaublich gut. Ich war voll überrascht, dass das wieder so gut ankommt, das hat uns auch ein bisschen Mut gemacht, das so durchzuziehen. Aber ich hab da noch nichts bewegt. Noch sind wir da so am Rand mit dabei, dass wir nichts groß ändern. Aber ich finde es geil, dass es wieder so ist: Man darf einfach rappen und das gut machen und es wird als Musik gewertet, ohne dass man ein Streichorchester hinten dran haben muss.

Oder irgendwelche Promomoves aushecken…

Ja. Ich hatte eine Zeitlang das Gefühl, dass dieses Bravo-Ding langsam Einzug in Rap hält: Weil der Typ berühmt ist, kauft man die CD. Das fand ich voll schade, ist ja auch immer noch so. Ich gönne es auch jedem, der da jetzt so ein Business draus macht. Aber für mich aus Konsumentensicht macht das gar keinen Sinn. Wenn das Album nicht gut ist, höre ich es mir nicht an, egal, wie cool Typ ist. Ich weiß gar nicht, ob diese ganzen Youtube-Kids, die da so Fan sind, die Musik überhaupt wirklich hören, keine Ahnung. Teilweise hat das eher was von einem Fußballverein, dass man für den und den Rapper steht und egal, was er macht, ist alles geil.

Apropos Fußballverein: Bist du ein großer KSC-Fan?

Nein. Ich bin mit dem KSC aufgewachsen und hab früher auch aktiv Fußball gespielt, aber als das aufgehört hat, habe ich auch irgendwie mein Fantum verloren. Ich verfolg das auch nicht so, geh auch nicht mehr ins Stadion. Weil’s mir zu laut ist. (lacht)

In einer Bio von dir, die im Netz kursiert, steht, du hast die Schule geschmissen, um Musik machen zu können, stimmt das?

Die Hochschule auf jeden Fall, ja. Ich hab ziemlich lange Grafik studiert, was auch Bock gemacht hat, aber ich hab ziemlich schnell gemerkt, dass sich zwei kreative Dinge im Kopf blockieren. Und deshalb habe ich vor einem Jahr entschieden, dass ich erstmal nur Musik mache.

Und das klappt auch?

Es fühlt sich erstmal voll schön an. Nicht mehr zwei Verpflichtungen zu haben. Seitdem wir das beschlossen haben, läuft auch alles bisschen an.

Über Battles hast du dir einen Namen gemacht, das MOT hast du fast gewonnen. Davor gab es aber auch schon mal ein Album namens „POV“ , das dann doch in eine ganz andere Richtung ging als deine aktuellen Sachen.

Das war unser erstes Projekt, wo wir uns ausprobieren wollten. Musikalisch ist es komplett was anderes, ich seh es auch eher als Pojekt. Es war so ’ne Phase in meinem Leben, wo es viel um Partys, Weggehen und Saufen ging. Genau das haben wir da verpackt, mehr ist es gar nicht. Es geht hauptsächlich um Frauen, Alkohol und elektronische Beats. Bin froh, dass nicht so viele das mit mir verbinden. Ich wollte das damals unbedingt machen, hat auch Bock gemacht, aber das war nicht das, was man für immer machen will. Es war gut für einmal. Jetzt haben wir eine feste Basis und wissen, wo es hingehen soll.

Anspielungen hast du auf „Neue Bars Sued“ viele: sido „Steig ein“, Savas „Sag S“, Beginner „Füchse“ – sind das deine Einflüsse?

Dieses Berliner Umfeld hat mich krass geprägt, das hatte ich immer im Ohr und hab auch versucht, andere zu überzeugen, wie geil das ist. Damals hieß es noch, das ist aoziale Musik. Und auf den Partys wollte das kein Mensch hören. Ich habe immer dafür gekämpft, das durchzusetzen…

…inzwischen hast du es ja geschafft!

…ja, ich hab mich darum gekümmert, dass das alle cool finden. (grinst) Na, und Beginner, das hat man auch gehört, das war der erste gute Deutschrap für mich. Ich hatte auch gar nicht dieses Ding: Ich muss mich jetzt hinter Berlin stellen, Hamburg finde ich scheiße. Ich hab mir überall die rausgepickt, die ich geil fand. In Berlin waren es nur mehr als anderswo. Aber ich fand auch Samy Deluxe gut.

Du warst also auch damals schon sehr Battlerap-orientiert.

Ja. Ich hab auch mal ein Blumentopf-Album gehört, aber die Sachen, die sich über die Jahre wirklich durchgezogen haben, waren immer Battle.

Was interessiert dich denn so außer Rap? Fußball ja schon mal nicht.

Im Moment ist es wirklich fast nur Rap. Mit Rap kann man sich immer beschäftigen, kann Musik hören oder auch die Interviews gucken. Ich guck gar keine Serien mehr, weil es so viele Interviews gibt. Es ist verrückt, ich gucke auch Interviews mit Leuten, die mich gar nicht interessieren, aber da wird über Rap geredet. Und das reicht mir irgendwie schon. Ich hab mir bestimmt drei Majoe-Interviews angeguckt und ich habe keinen Track von dem gehört. Da ist eine Verbindung zu Rap und das interessiert mich mehr als alles andere.

Du bist sicher auch ein großer Fler-Interview-Fan.

Zum Beispiel, kenne ich alle. Alles, was ich mache, hat irgendwas mit Rap zu tun. Ich treffe mich mit Freunden und da wird meistens über Rap geredet, meine Exfreundin war zum Beispiel ultra angepisst, dass ich fast nur darüber rede… ich versuche halt jedem zu sagen, was da geil ist und was man auschecken muss.

Dann erklär mir mal, was rap.de gerade auschecken muss.

Okay, also, das hat zwar niemand verschlafen, aber ich bin auch sehr großer 187-Fan. Das Fatoni-Album ist natürlich grandios. Aber was ist so undergroundig, was ich geil finde? Kennst du Asche?

Ja.

Der wird auf jeden Fall kommen. Dann gibt es Scarf Ace aus dem Schaufel & Spaten-Umfeld, hat ein paar Einflüsse von Morlockk, aber ist trotzdem ganz geil. Und schließlich glaube ich, das Shindy und Bushido-Album wird sehr geil. Shindy ist ein Vorbild, was Schreiben angeht.

Der ist schon so ein Rappers Rapper, oder?

Eigentlich schon. Er hat so ein Thema gefunden, eine Nische, in der er halt rappt…

…Luxusartikel…

…jaja, so das. Was mich gar nicht bockt, das macht’s für mich eigentlich schwächer, aber wie er schreibt ist einfach unglaublich geil. Und alles was er schreibt ist gut.

Was ist denn mit Money Boy?

Hm. Also irgendwie sollte man den nicht auch noch so unterstützen, wenn er abdriftet. Dass keiner was gegen die pädophilen Sachen sagt ist echt absurd. Alle reden über Money Boy, aber keiner sagt, was der macht geht nicht klar. Das müsste eigentlich strafrechtlich verfolgt werden oder er müsste aufs Maul kriegen, damit er checkt, das ist eigentlich gar nicht so cool. Das hat so einen ekelhaften Touch, der da mitschwingt.

Ist natürlich immer so eine Frage mit Kunst und Moral. Es gibt so viele geile Rapsongs, in denen so menschenverachtende Sachen gesagt werden…

Da mache ich noch einen Unterschied zwischen sagen und tun. Zum Teil ist es einfach ausgedacht. Natürlich hat Sprache eine Kraft und kann auch Leute beeinflussen, aber ich finde wenn man darstellt, dass man das wirklich macht, dann wird’s schwierig.

Bei Money Boxy verschwimmt eben die Grenze zwischen der Kunstfigur und ihm selbst.

Das ist genau der Punkt.

Was denkst du denn, wie sich Deutschrap weiter entwickelt?

Qualität wird sich durchsetzen. Dann wird vielleicht auch nicht mehr wichtig sein, dass man ein cooles Promokonzept hat, weil das auch irgendwann durch ist. Gute Musik wird immer gehört werden. Menschen wollen gute Musik hören.

Lakmann hat ja in der Juice prophezeit, dass die Blase bald platzt.

Das habe ich ehrlich gesagt nicht so ganz verstanden. Ich glaube, das ist so sicher aufgestellt, die ganze Rapwelt. Wenn man bedenkt, Jan Böhmermann hat Rapthemen in seiner Sendung. Das ist absolut verrückt, das ZDF-Publikum kennt Fler ja gar nicht richtig.

Jetzt schon.

Ja, genau, jetzt schon. Man merkt einfach, dass es voll interessant für Menschen ist. Ich hab außerdem das Gefühl, dass bei den Labels inzwischen viel mehr Leute sitzen, die Ahnung haben. Die verfolgen die Künstler von Anfang an, nicht erst, wenn er berühmt wird.