rap.de: Können die Kids von heute denn diesen Vibe nachfühlen, wenn sie diese Atmosphäre nie kennengelernt haben?
Laas: Im Endeffekt bleibt es das Gleiche. HipHop funktioniert ja über die Musik. Spricht dich die Musik an? Ist der Beat geil? Und ich denk mal, so werden die Kids da heute auch rangehen. Es ist ja ein Album, das sehr im Jetzt liegt. Ich rede über meine jetzige Situation, dass ich immer noch sehr viel Gegenwind bekomme. Und die Kids sehen das ja auch, die sehen, wenn sie mich googeln, dass ich Beef mit Kollegah hatte und so weiter. Ich hab immer Musik gemacht, die zu dem jeweiligen Zeitpunkt aktuell war. Auf welchem Level das jetzt stattfindet, da kann man sich jetzt drüber streiten, aber es war immer relevant.
rap.de: Freestylest du noch?
Laas: Ja, aber ich gehe jetzt nicht in irgendwelche Cypher-Cafés. Aber immer bevor ich anfange, mich an ein Album zu setzen, freestyle ich zwei Wochen lang auf den Beats, um die Flows auszuchecken. Daraus entwickelt sich mein ganzer Style. Viele Rapper rappen ja irgendwie auf den Beat, aber mir ist es wichtig, dass der Flow den ich darauf habe, DER Flow für genau DIESEN Beat ist. Es muss ein Gesamtkunstwerk sein.
rap.de: Wenn du von Gesamtkunstwerk sprichst, habt ihr dann auch die Beats zusammen gebaut?
7inch: Unterschiedlich. Viele der Beats waren schon als Rohversionen vorhanden, wurden dann aber im Nachhinein nochmal superkrass ausproduziert. Zum Beispiel die Single mit Fler. Da wurde produzententechnsich super viel gemacht. Es ist unfassbar viel passiert nur in diesem einen Song, da könnt man fast schon ein Buch drüber schreiben. (lacht). Aber es hat sich gelohnt, ich find es ist einer der stärksten Songs.
rap.de: Was sind denn für dich die Werte, die im HipHop enthalten sind?
Laas: Ehrlichkeit, Respekt. Aufrichtigkeit. Dass man Visionen hat, dass man von seinen Intentionen her wirklich was Gutes vorhat. Dass man nicht vorhat, andere Leute abzufucken, sondern das man darauf aus ist, aus seiner Lage etwas möglichst Positives zu machen. Und das bringt dann auch diese ganze Gesellschaft weiter. Ich hab ja auch ganz viel mit Jugendlichen gearbeitet und Rap-Workshops gemacht, da ist soviel Potential. Diese jungen Leute sind so froh, wenn denen einfach mal einer zuhört. Die Politiker und Bürgermeister kommen kurz auf'm Stadtfest vorbei, sind danach aber auch wieder weg – die hören denen niemals zu. Die eigenen Eltern haben teilweise auch keine Zeit denen zuzuhören. Die Rapper aber, mit denen können die sich identifizieren, die Rapper reden über Sachen aus ihrer Welt.
rap.de: Hat man als Rapper also Verantwortung?
Laas: Ich glaube nicht, dass man als Künstler wirklich diese Verantwortung hat, die Verantwortung hat man als Mensch. Diese jungen Leute, die viel falsch interpretieren, tun das auch nur, weil nie mit denen darüber gesprochen wird. Als ich elf oder noch jünger war, hab ich auch schon Actionfilme gesehen oder Musik gehört, die bestimmt nicht altersgerecht war. Ich bin aber nicht rausgegangen und hab Leute abgestochen: Ich konnte es reflektieren.
rap.de: Woran liegt das, dass einige Kinder und Jugendliche nicht mehr so reflektieren können?
Laas: Es gibt so viele Medien und Einflüsse, dass du gar nicht mehr die Zeit hast, zu reflektieren. Und zweitens wird immer weniger gesprochen, deswegen fehlt manchen Kiddies diese Gabe. Woher soll denn jemand es lernen zu reflektieren, wenn er vor dem Fernseher aufwächst, in der Schule an jeder Ecke aneckt, weil die Lehrer auch keine Beziehung zu diesen Kindern haben, und dann nur in irgendeinem Internetforum Gleichgesinnte findet? Wer soll denen diese Werte vermitteln? Das kann ich über die Musik gar nicht. Wenn du jetzt aber hergehst und sagst, als Künstler dürfe man das und das nicht machen, dann beschneidest du Rap. Ganz viele großartige Rapper, wie zum Beispiel Biggie, hätten nicht einen einzigen Song rausbringen können. Aber eine Laas Unlimited-Platte ist nicht für ein sechsjähriges Kind bestimmt.
rap.de: Meinste? Warum das denn?
Laas: Is' einfach so! Ich rede da über Sex oder auch über Weed. Das sind keine Inhalte für ein sechsjähriges Kind. Aber letzten Endes, ist es nicht meine Verantwortung, diesen Kindern die Welt zu erklären. Das müssen ihre Eltern machen. Und wenn das nicht funktioniert, dann muss der Staat halt gucken, dass genügend soziale Einrichtungen da sind, in denen das aufgefangen wird. das das nicht passiert, ist aber ein gesellschaftliches Problem, und keines, dass man der Kunst anlasten darf.
rap.de: Ist in der Kunst also alles erlaubt?
Laas: Ja. Auf jeden Fall. Aber wenn Kunst provoziert, finde ich es immer wichtig, dass da noch Content hinter ist. Wenn du einfach nur provozierst um des Provozierens willen, und da ist nichts hinter, dann ist es im Endeffekt in den Wind geschossen. Wenn wir es erreichen, dass wir durch Provokation, Leute zum Zuhören bewegt, dann ist es eine gute Sache.
rap.de: Gäbe es dann überhaupt eine Berechtigung, Lieder zu verbieten?
Laas: Ich weiß nicht, bei rechtem Rap käme ich vielleicht ins Zweifeln. Das sehe ich aber nicht so als Gefahr. Würde ein rechtsradikaler Rapper bei uns in Hamburg so ’ne Platte rausbringen, würde der damit gar keine Beachtung kriegen oder totgeschlagen werden (lacht). Ich wüsste auch nicht, wie rechter Rap funktionieren sollte. Guck mal, jeder der HipHop mag, hat mindestens fünf Türken in seinem Freundeskreis, das ist einfach so (lacht). Deshalb: HipHop! HipHop könnte die Welt auf jeden Fall retten. Könnte! Das "Blackbook“-Album sowieso.