rap.de: Hast Du Dir jemals gewünscht jemand anderes zu sein?
Brother Ali: Ja. Als Jugendlicher gab es ein bestimmtes Hip Hop Publikum. Das waren Schwarze aus der Inner City. Das waren meine Freunde, mit denen bin ich aufgewachsen.
Natürlich sind sie nicht das einzige Hip Hop Publikum, es gibt da ja sehr viele unterschiedliche Fangruppen. Ich habe einige Supporter und Fans aus dieser Inner City Gruppe, aber der Großteil meiner Fans ist eben nicht farbig und stammt auch nicht aus der Innenstadt. Ich glaube an das, was ich mache und ich weiß, dass es aufrichtig ist und vom Herzen kommt, also muss ich darauf vertrauen, dass jeder, der einen Wert in meiner Arbeit sieht, dies aus den richtigen Gründen tut.
rap.de: Also war das ein Problem für dich, weil du eigentlich Musik für Deine Leute machen wolltest und stattdessen haben es aber weiße Studenten aus der Vorstadt gehört?
Brother Ali: Ich wollte Musik machen, die meine Freunde mögen. Man will ja immer von seinen Leuten gemocht werden.
rap.de: Aber Deine Freunde mögen Dich doch?
Brother Ali: Sicherlich. Meine echten Freunde mögen mich und auch viele der Künstler mit deren Musik ich aufgewachsen bin, die meine Helden waren wie zum Beispiel Rakim und Chuck D. Die mögen mich persönlich auch. (lacht)
Hip Hop ist aber so gespalten mittlerweile. Die einen sind Fans eines gewissen Musikstils, andere bevorzugen ausschließlich einen ganz Anderen. Als ich klein war, war das nicht so.
Wir haben einfach jede Art von Rap gehört. Wir hörten Public Enemy, N.W.A., Heavy D., wir hörten einfach jede Form von Hip Hop.
Die Leute heutzutage machen das nicht. Sie hören einen ganz bestimmten Stil, den sie mögen und nichts anderes. Das ist schade und wirklich traurig, denn dadurch sind unsere Möglichkeiten viel eingeschränkter.
Früher sind die Rapper gemeinsam auf große Touren gegangen. Egal was sie gemacht haben, ob Partyrap, Gangsterrap, positiver Rap…es gab eine große Show.
Man fühlte sich verbunden durch so Dinge wie Yo! MTV Raps. Das passiert heute nicht mehr und deshalb haben wir leider an Kraft verloren.
Rapper, die wie ich dem sogenannten Indie- Rap angehören, hatten früher die Chance mit Künstlern zusammen zu arbeiten, die traditionelleren Hip Hop gemacht haben. Ich habe da schon ein paar Erfahrungen gemacht und das war immer gut.
Ich war zum Beispiel mit Rakim und Ghostface Killah auf Tour. Wir hatten ältere Hip Hop Fans, die kamen, um Rakim zu sehen. Wir hatten die eingefleischten Hardcorefans, die kamen, um Ghostface zu sehen und dann die Indie- Fans, die wegen mir da waren.
Das war eine richtig große und gute Tour. Jeder Künstler wurde von den jeweils anderen Fans gefeiert.
Zwei Jahre später ging jeder für sich auf Tour und es war bei allen sehr viel kleiner. Ich hätte das gern gemeinschaftlicher.
rap.de: Aber bei solchen Dingen müsste doch jeder sein Ego runterschrauben, was ich mir bei dieser Art von Rapper nicht wirklich vorstellen kann.
Brother Ali: Ich denke echte Künstler haben zwar im Leben ein großes Ego, aber nicht untereinander. Zwischen Rakim und Ghostface bestand keinerlei Konkurrenz.
Besonders wenn man zusammen unterwegs ist, dann verbindet das. Man macht eben alles zusammen und jeder möchte eine gute Show und ein großes Publikum anziehen.
Je besser Ghostface ist, desto besser werden Rakim und ich sein, denn wir hängen alle voneinander ab.
Das Problem liegt selten im Verhältnis untereinander. Wenn irgendwas zur Spaltung führt, dann sind das nicht die Künstler, sondern eher das Geld.
Ich habe zum Beispiel eine kleinere Gage in Kauf genommen, um die Tour mit den Beiden zu machen. Ich habe freiwillig weniger genommen, als ich normalerweise bekomme, aber das war es mir wert.
rap.de: Vermisst du die guten alten Zeiten und den Zusammenschluss verschiedener Leute?
Brother Ali: Ja. Das tue ich. Deshalb machen wir es bei Rhymesayers auch anders. Wir haben einen Mix aus Punkrock und Hip Hop am Start. Wir machen ganz verschiedene Arten von Musik sind gemeinsam auf Tour und unsere Kinder spielen zusammen. Wir sind wie eine Familie. Wir machen unser Business zusammen, aber wir sehen uns auch im Urlaub. Ganz im Ernst. Das ist mir sehr wichtig.