K.I.Z.

Nur wenige Musiker schaffen es aus einem, im wahrsten Sinne des Wortes, Bunker im Untergrund zum neuen Liebling des gutbürgerlichen Feuilletons. Die Kannibalen in Zivil aka die Klosterschüler im Zölibat sind mit ihrem mittlerweile dritten Album "Sexismus Gegen Rechts" jedoch genau da angelangt. Mit einer unnachahmlichen Mischung aus Fäkalhumor, abgedrehten Wortspielen und messerscharfer Sozialkritik haben sie sich aus eigener Kraft auch Hörergruppen außerhalb der Hip Hop Szene erschlossen und dürfen mit gutem Gewissen als Frischzellenkur für deutschen Rap bezeichnet werden. Ob sich rechtsradikales Gedankengut allerdings wirklich mit Sexismus bekämpfen lässt, ist eine andere Frage, weshalb wir die Jungs in ihrem Kreuzberger Studio, welches früher die Heimat von Royalbunker war, besucht haben, um genau das und noch viel mehr zu klären. Der Versuch eines ernsthaften Gesprächs.

rap.de: Ich hab zwei von euch heute Morgen an der U-Bahn getroffen, Rapsoul hingegen beschweren sich, dass sie nicht mehr U-Bahn fahren können.

Maxim: Die meisten Rapper geben doch damit an, dass sie nicht mehr U-Bahn fahren müssen. Rapsoul sind einfach ehrlich. Die sind viel zu sehr auf dem Boden geblieben.

rap.de: Die haben einen Song gemacht, wo sie sagen: “Man weiß als Fan nicht, wie es ist in der U-Bahn zu sitzen und gefragt zu werden, warum man U-Bahn fährt, weil man doch jetzt reich ist.

DJ Craft: das ist schon ein hartes Los. Da gibt’s doch auch ein Song von Britney Spears drüber, oder nicht? Ey ihr wisst gar nicht wie schwer ich dass hab.

Maxim: Wie heißt das noch mal, dieses: "She’s pretty … na na na“ So ein komisches, wo sie krass rumheult und in ihrer Plastikwelt lebt.

DJ Craft: Tarek und ich sind ja U-Bahn gefahren heute früh, aber wir haben ja eine eigene U-Bahn für uns. Wir müssen die uns nicht teilen, es ist immer eine für uns reserviert. Diese Panorama-Bahn, wo die Scheiben über die Decke gehen.

rap.de: Deshalb die ständigen Umbauarbeiten an der U1.

DJ Craft: Genau, weil wir andauernd unterwegs sind. Wir bekommen jetzt auch eine eigene Linie nur für uns.

rap.de: Obwohl ihr den Track "Fick Die BVG“ gemacht habt.

Nico: Die haben halt einfach gemerkt, dass wir ein zu krasser Feind sind und wollen uns jetzt als Freund haben.

DJ Craft: Wir wollten ja damals das Konzert auch für die BVG machen und der Eintritt wäre dann direkt als Spende an die BVG gegangen.

Tarek: Das ist eine komplizierte Beziehung zwischen uns und der BVG.

Maxim: So eine Hassliebe.

rap.de: Zahlt ihr 2,10 Euro für die BVG oder fahrt ihr schwarz?

Nico: Ich fahr immer aus Versehen schwarz, weil ich bis vor kurzem noch Student war und mittlerweile keinen Studentenausweis mit BVG Karte mehr habe. Deshalb fällt mir immer an der Klosterstraße ein, dass ich keine Karte hab. Dann kommen so die Geister der vergangenen Weihnacht auf meine Schultern und zwingen mich, doch noch aus der Bahn auszusteigen und mir ein Ticket zu kaufen.

Tarek: Rapsoul zum Beispiel würde ich aber in der U-Bahn auch gar nicht erkennen. Die Person sollte sich mal an die eigene Nase fassen, die da Rapsoul in der U-Bahn anstarrt. (lacht)

rap.de: Es ist ja schon so, dass ihr euch in Berlin sehr frei bewegen könnt. Ohne das ihr ununterbrochen angesprochen werdet

Maxim: Also in Kreuzberg ist das wirklich so. Die meisten Leute kennen einen gar nicht. Wir sind jetzt aber auch nicht die absoluten Megastars.

Tarek: Oder es ist ihnen einfach zu doof, den Leuten zu zeigen, dass sie sie erkennen.

Maxim: Wo man angesprochen wird ist halt, wenn man mal am Kudamm ist oder so, wo die Touries sind. Ab und zu gibt es ja schon so jemand, der einen anquatscht, aber ich finde das jetzt nicht so schlimm. Wenn man sagt, dass man gerade keinen Bock hat, weil man voll müde ist, ist das ja auch ok.

rap.de: Glaubt ihr dass man das eben auch sagen könnte, weil ihr jetzt nicht so die Bravo Zielgruppe habt??

Maxim: Wir hatten die Bravo eben hier! Na ja, keine Ahnung, ein bisschen Bravo sind wir auch.

Tarek: Wir sind Hip Hop Bravo. (lacht) Also die Hip Hop Bravo war bei unserem Konzert in München und hat gesagt “Die Leute in eurem Publikum sind alles unsere Leser“. Die haben es echt erkannt.

 

rap.de. "Hahnenkampf“ war ja schon, wenn man sich dagegen "Sexismus Gegen Rechts“ anhört, ein bisschen poppiger oder zumindest eingängiger.

Tarek: "Hahnenkampf“ mehr als "Sexismus Gegen Rechts“? Echt? Find ich jetzt persönlich gar nicht. Is ja lustig.

rap.de: Eingängiger im Sinne von man hört durch und bleibt schneller mal irgendwo drauf hängen oder es lässt sich leichter konsumieren.

Maxim: Wir haben jetzt auf "Sexismus Gegen Rechts“ mehr Konzepte und so einen Quatsch und das ist natürlich anders, als wenn du jetzt irgendeinen Beat hast und irgendwas drauf rappst. Vielleicht ist "Sexismus Gegen Rechts“ deswegen auch zerstörender. Das ist wie bei diesem Putzmittel.

Nico: Megaperls waschen überhaupt nicht. Wir haben das vor einem halben Jahr noch angepriesen, aber die Superperls jetzt sind viel krasser.

Tarek: Ich finde nicht, dass unser neues Album sehr anders ist als das letzte. Vielleicht von den Beats her. Es ist auf jeden Fall etwas verstörender als das letzte, von den Texten und den teilweise sehr soften Beats her. Ich hab die Frage auch irgendwie verpeilt.


rap.de: Was ist verstörender an den Texten?

Tarek: Die sind ein bisschen direkter als beim letzten Album. Ein bisschen aggressiver. Es ist auf jeden Fall nicht reifer geworden von den Texten her, aber von den Beats ein bisschen ausproduzierter und poppiger.

Maxim: Wir haben einfach mit dem Album auch einfach normal weitergemacht und aber erstmal eine Weile nur getourt und abgehangen. Es war jetzt nicht so, dass wir uns rangesetzt haben und gesagt haben “Wir machen jetzt das und das“.

rap.de: Was bei euren Texten auffällig ist… Warum grinst du?

Tarek: Du hast eine Stimme wie so eine Psychologin.

rap.de: Wenn man zum Beispiel mit aufgebrachten Rappern telefoniert, muss man genau mit dieser Stimme sprechen.

Tarek: Du hast eine super Stimme.

rap.de: Textlich seid ihr ja jedenfalls so, dass ihr von einigen als sehr lustig empfunden werdet, andererseits auch viele Missstände ansprecht. Auf eine ironische Art und Weise.

Nico: Ich glaub das ist ja auch unser Ziel eigentlich. Also mein Ziel.

Tarek: Meins nicht.

rap.de: Was ist dein Ziel?

Tarek: Geld. Nein. Ich weiß nicht, was mein Ziel ist, ich wollte ihm nur widersprechen. Einfach weil sich das so nett angehört hat, was Nico gesagt hast.

Maxim: Das ist eigentlich nur so ein Würzmittel, damit die Leute uns respektieren. Dieses Politische. Damit sie mehr kaufen. Das ist ja auch in Mode gekommen, so sozialkritisch zu sein.

Tarek: Das habt ihr mir nie gesagt.

Maxim: Das ist einfach auch eine super Sache, um ältere Frauen kennen zu lernen. Und auch, damit uns die altehrwürdige Zeit wahrnimmt.

DJ Craft: Ich lenke damit auch sehr viel von meinem Leben in die richtige Bahn. Wenn man sehr viel von seinen Träumen und Wünschen erzählt, dann werden die auch wahr. Vor allem auch mein Lifestyle oder der Lifestyle den ich gerne leben würde. Mein Leben läuft super, aber ich möchte noch eine Jacht und ich möchte ein Haus in Monaco.

Tarek: Ihr seid schon wieder in so ein Psychologengespräch vertieft. (lacht)

rap.de: Wo ihr gerade so schön auf der Couch sitzt und ich hier auf dem Stuhl mit meinem Block…

Nico: Ich hol auch noch zwei andere Sofas, dann können wir uns alle hinlegen.

rap.de: Das Problem bei euch ist ja, dass ihr nur selten ernsthaft auf Fragen antwortet.

Maxim: Wenn du das Album ansprichst und danach so eine Pause machst, dann fühl ich mich immer so arrogant und eingebildet, wenn ich sage: “Ach genau darüber wollte ich jetzt reden, also ich…“ Ansonsten muss man die Wahrheit einfach heraushören.

Tarek: Sil-Yan meint eigentlich immer alles ernst, aber das fällt nicht mehr auf, weil alle denken, dass er auch Quatsch redet. In Wirklichkeit ist er der Einzige, der wirklich ernsthaft was erzählt, der den Kindern was geben will.

Maxim: Normale Antworten sind ja auch meistens langweilig.

Tarek: Es gibt schon andere Interviews, die todlangweiligen Interviews. Wo man nicht anders kann, als langweilige, todernste Sachen zu erzählen. Aber es gibt auch welche, bei denen man Spaß hat und du willst ja ein lustiges Gespräch und nicht so Standartfragen serviert bekommen.

rap.de: Aber vielleicht wollen die Leute auch mal gerne ganz einfach hören, was ihr denkt.

Maxim: Das geht die doch aber nichts an. Ich weiß nicht, was die Leute da genau herausfinden wollen. Ob wir ihnen ähnlich sind? Für mich hat das immer was von dieser Idolisierung. Wenn ich jetzt anfange, von meinem langweiligen Alltag zu erzählen, dann stelle ich das ja so hin, als wäre ich was Besseres und Interessanteres als der Rest. Das ist so Reality-Soap-Scheiße. Der Alltag wird nicht dadurch interessant, dass es meiner ist.

Nico: Ich finde auch irgendwie nicht, dass wir nicht ernsthaft antworten. Mann kann schon ein bisschen checken, was wir mit irgendwas sagen wollen. Das ist ja bei der Mucke auch so. Dann können die Leute ja auch sagen “Ey jetzt sagt mal wirklich, was denkt ihr denn bei eurer Musik?“ Und wenn wir ganz langweilige Battletracks machen von wegen "Ich kann objektiv besser rappen als du“, dann ist das langweilig und ähnlich langweilig finde ich dann auch solche Interviews. Das kann aber jeder machen, wie er Lust hat.

rap.de: Also sollte sich das Künstlerdasein auch auf Interviews ausbreiten, sodass man immer eine Geschichte erzählt?

DJ Craft: Wie gesagt ich bin halt eben kein Typ der Geschichten erzählt. Ich erzähle das was ich denke und das was ich will.

Nico: Aber manchmal erzählst du auch ganz schöne Geschichten! (lacht)

Tarek: Da haben wir vorhin noch drüber geredet, als Sil-Yan damals gesagt hat, dass er voll down mit Staiger ist, woraufhin wir erst überhaupt da hin gerannt sind.

DJ Craft: Ja das hab ich nur gesagt, damit ihr keine Hemmungen habt.

Maxim: Genau. Du bist wie die bei "V Wie Vendetta“. Du lügst, um die Wahrheit zu sagen.

Nico: Dieser Vorfall liegt sieben Jahre zurück und es ist immer noch so, als wäre es gestern gewesen.

Maxim: Es ist eine tiefe Narbe in dieser Massenpsychologie. Die Gruppe ist dadurch komplett geschädigt. Sie humpelt.

rap.de: Fühlst du dich manchmal ausgeschlossen in deiner Rolle als der Einzige, der ernst ist und die Wahrheit spricht?

DJ Craft: Ich fühl mich sehr ausgeschlossen manchmal. Aber ich bin ja so ein Einzelgänger-Typ.
       
Nico: Wenn man mit ihm durch die Stadt läuft, dann ist er plötzlich weg. Aber immer wenn er weg geht, dann siehst du ihm am Ende doch wieder und die Sonne geht grad zufällig unter.

Tarek: Und wenn du dann zu deinem Ziel kommst, dann ist er dann schon längst da und wartet. Das ist überkrass.

DJ Craft: Und ich hab neue Sneakers an. Lisa, hast du mal ne Zigarette für mich?

Maxim: Keine Verbrüderung mit Reportern. Sie sind der Feind. Der Feind!

 
rap.de: Gab es schon mal Leute, die euch Respekt gegeben haben, bei denen ihr es nicht erwartet hättet?

Maxim: Natürlich. Schowi von den Massiven Tönen. Es gibt ja manchmal so Leute, wo man sich ein bisschen schlecht fühlt, wenn die einen gut finden. (murmelt etwas in sich hinein, was wie "KAAS“ klingt)

Nico: Scheiße, wir finden euch eigentlich voll kacke und jetzt seid ihr nett!

rap.de: Du hast jetzt ja gerade auch KAAS erwähnt…

Maxim: KAAS? Nee, das war Curse.

Nico: Ach, da ist doch jetzt nicht so ein Unterschied.

rap.de: Ich dachte nur, weil KAAS ja in letzter Zeit soviel gehated wird.

Maxim: Das liegt daran, dass er so ein grundpositiver Mensch ist. Eigentlich genauso sinnlos, wie so ein hasserfüllter Gangsta-Rapper, aber halt positiv. Und irgendwie lustig.

DJ Craft: Boba Fettt hat mich auch gestern vom Rheinkultur-Festival angerufen und war ganz begeistert. Er hat da eine Show über Liebe gemacht, mit schönen Bildern und süßen Texten. Und dieses Herzige hat Boba total gut gefallen.

Maxim: Wobei ich sagen muss, dass ich auf der Bühne Drogen, Hass und Gewalt vorziehen würde. Eine WG würde ich zwar lieber mit KAAS machen, aber auf der Bühne dann doch lieber mit dem Teufel.

Nico: Meinst du Phil Collins?

Maxim: Ja, denn Phil Collins ist der Teufel.

Nico: Das hat der Xavier Naidoo gesagt!

rap.de: Euer Albentitel ist ja auch sehr plakativ. "Sexismus Gegen Rechts.“ Das impliziert ja jetzt erst mal, dass es thematisch ziemlich Politisch ausgerichtet ist.

Tarek: Ach, das ist nur eine Masche. Wir müssen das ja auch an den Mann bringen. In den heutigen Zeiten braucht man wieder starke Titel.

Maxim: Wir haben ja bekanntermaßen die Weltwirtschaftskrise erfunden, um so eine Notstimmung zu erschaffen. Und wir nutzen diese Angst, um Platten zu verkaufen. Wir sind die einzigen, die eine Antwort haben – auf alles. Das ist wie bei diesen komischen Reinigungsmitteln wie Sagrotan, die machen den Leuten auch Angst vor irgendwelchen Viren und komischen Bakterien und damit verkaufen die ihren Scheiß. Und so machen wir das auch.

rap.de: Was ist denn die wirkliche Antwort auf rechte Politik?

Maxim: Ähm, rohe Gewalt!

Nico: Wir hetzen denen einfach die Frauen auf den Hals. Damit hätte man ja schon mal zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

Maxim: Dann sind wir die Frauen los und die Nazis. Das ist ja auch unser Ziel, zumindest arbeiten wir dran. Es gibt auch schon den ersten schwangeren Mann.

rap.de: Warum wollt ihr die Frauen loswerden?

Maxim: Na, du weißt doch, dass alle Probleme der Welt durch den Konflikt Frau-Mann entstehen. Ist doch klar.

Tarek: Wir lassen uns nicht mehr unterdrücken. Zwei Millionen Jahre sind genug!

rap.de: Worüber rappt ihr, wenn dieser Konflikt aus der Welt ist?

Maxim: Dann bauen wir Häuser und Flugzeuge. Wir gehen in die Praxis über. Dann haben wir die Welt zu Ende interpretiert und werden einfach Action machen.

Nico: Die ganzen Medikamente gegen Krebs und Aids werden wir dann aus der Tiefkühltruhe holen.

Maxim: Wahrscheinlich werden wir auch Bayern im Meer versenken. Das wird zu einer riesigen Freibad Zone werden, mit kleinen Inseln. Dann fährt man direkt nach dem Konzert in der Schweiz nach München zum Surfen.

DJ Craft: Das ist direkt an den Bergen. Das heißt, du kannst vormittags auf den Berg gehen zum Snowboarden und abends runter an den Strand Wakeboard fahren.

rap.de: Ihr wirkt sehr anarchisch, weil ihr unter anderem davon sprecht, Dinge zu zerstören, auch euch selbst, und sich auf euren Konzerten immer viele Punk-affine Menschen aufhalten. Werdet ihr eigentlich auch angesprochen, bei Demonstrationen mitzuwirken?

Tarek: Das stimmt schon, Maxim und Nico sind da sehr interessiert, die haben auch mal bei einem politischen Theaterstück mitgemacht. Ich nehme mich da immer ein bisschen raus. Ich bin natürlich auch interessiert, aber ich traue mir das nicht so zu.

Maxim: Auf so Demos auftreten ist auch immer noch mal eine andere Sache. Kunst machen und Partei ergreifen muss nicht unbedingt zusammen gehören. Das kann sich beides auch sehr krass behindern und die Kunst kaputt machen oder die Politik.


rap.de: Bei was für einem politischen Theaterstück habt ihr denn mitgespielt?

Maxim: Das war eine Gruppe, die hieß G86B. Ein Stück drehte sich um den Handel mit Öl. Krieg wegen Öl. Das andere Stück ging um Fernsehen, Medienkontrolle, Al Jazeera und so weiter. Worum ging es in dem Stück, in dem du noch mitgespielt hast, Nico?

Nico: Da ging es um die Kreuzritter, die damals alle Araber abgeschlachtet haben…

Tarek: Und aufgegessen. Ist das nicht unfassbar?

Nico: Papst Roman der Zweite war ich übrigens in dem Stück.

Maxim: Ja, er war Papst Roman der Zweite als Kamel, das denkt, es wäre Adolf Hitler.

rap.de: Also seid ihr schon politisch engagiert?

Tarek: Ich gucke gerne Nachrichten.

Nico: Ich gucke überhaupt keine Nachrichten, ich lese nur Berliner Fenster.

Maxim: Ich auch. Besonders den Showteil. Mein ganzer Alltag dreht sich um “Brangelina

DJ Craft: Also es ist jetzt nicht so, dass ich mir jeden Tag die Zeitung hole, aber ab und zu lese ich sie gerne und habe auch manchmal das Bedürfnis, mir eine zu besorgen. Zu manchen Themen recherchiert man einfach, die einen interessieren.

Nico: Ich bin aber nicht der typische Konsument. Als die Revolution im Iran aktuell war, da war das alles ganz spannend und man hat sich darüber unterhalten…

Maxim: …und dann ist Michael Jackson gestorben. Um unserem Homie Ahmadinedschad etwas Rückendeckung zu geben, haben wir mal eben den Michael kalt gemacht. Seit 13 Tagen interessiert sich niemand mehr dafür.

rap.de: Was haltet ihr von sehr politischem Rap?

Maxim: Da sollte man vielleicht besser ein Buch schreiben. Ich finde nicht, dass man den Dreisatz im Rap erklären muss. Wobei, in der siebten Klasse hatten wir einen Rap, der die Zeiten erklärt hat, das hat mir schon sehr geholfen.
 
Tarek: Diese Songs, die sich da politisch schimpfen, sind auch oft sehr eindimensional und verallgemeinernd. Wenn man schon verallgemeinert, dann sollte man das wenigstens auf eine originelle Art und Weise machen.

Maxim: Die meisten Leute sagen ja gar nicht, was in ihrem Alltag so scheiße ist, sondern dass das System scheiße ist und erstellen irgendwelche abstrakten Gebilde. Wenn die wirklich sagen würden was los ist, von wegen "Ich gehe zum Arbeitsamt und die gucken, ob ich wirklich einen Kühlschrank brauche oder ob ich die Sachen nicht auch auf den Balkon stellen kann, weil eh gerade Winter ist.“ Wenn du so was konkret auf eine originelle Weise machst, dann kann ich damit auf jeden Fall etwas anfangen. Die meisten dieser Sachen sind ja auch gar nicht wirklich politisch. Die beschreiben irgendwelche abstrakten Sachen oder ein abstraktes Gefühl. Ich finde man braucht keinen Lösungsvorschlag, aber man sollte genau wissen, was einen gerade stört. Das finde ich wichtig. Man muss nicht genau wissen, was dann als Lösung kommt. Meistens ist ja dieser Vorwurf nur dazu da, die Beschwerde zu ersticken.

Tarek: Es gibt ja auch Dinge, die man nicht ändern kann.

Nico: Was soll ich daran ändern, dass ich diese Nike Schuhe trage und die ganze Zeit den Wasserhahn laufen lasse? Ich kann nichts dagegen tun. Aber um auf das eigentliche Thema zurück zu kommen: Ich finde zum Beispiel dieses “Ich Will Hier Nicht Weg“ von Xatar ziemlich politisch. Wenn die Leute sagen “Ich mach diese Musik und liebe das Ghetto“, aber gleichzeitig behaupten “Ich will hier unbedingt weg, weil es dreckig ist“, Wenn dann jemand einen Song macht, in dem er sagt “Nee ist doch voll geil hier, ich will hier nicht weg“, dann ist das für mich auch eine Art politischer Text. Das ist eben eine konkrete Sache. Da kannst du dir zwar nicht den Luxus leisten, die ganze Welt zu erklären aber die ganze Welt liegt ja in den kleinen Teilen.

rap.de: Fühlt ihr euch denn musikalisch frei, alles zu machen, worauf ihr Lust habt?

Tarek: Ich denke wenn man ghostwritet, kann man sich komplett ausleben. So gibt es natürlich ein paar Dinge, die nicht zu unserer Musik passen. Du gibst den Leuten einfach einen fertig produzierten Hit, der für dich selbst vielleicht nicht passt. “Hamma“ hat zum Beispiel Sera Finale geschrieben und der hat sehr viel Spaß dabei gehabt. Ich kann mir vorstellen, dass das sehr viel Spaß macht, so im Hintergrund zu agieren. Dann  muss man auch keine Interviews geben und auch nicht touren und so. Ich habe einfach immer Bock, verschieden Sachen auszuprobieren, aber wenn ich jetzt einen Schlager mit Dudelsack, ein Heavy Metal Lied oder Bombast/Stadion Rock mache, dann würde das wahrscheinlich nicht zu K.I.Z. passen, aber vielleicht könnte ich es John Bon Jovi verkaufen.

         

rap.de: Fühlt ihr euch durch euer eigenes Können manchmal eingeschränkt?

Nico: Klar. Ich würde zum Beispiel gerne Rap machen wie Twista, aber es haut nicht hin. Oder ich würde auch gerne Geige spielen können.

Tarek: Bei mir ist es umgekehrt. Ich bin musikalisch so begabt, dass sämtlichen anderen Bereiche meines Lebens total verkrüppelt sind. Ich kann mir nicht mal mehr einen Toast selbst schmieren.

DJ Craft: Deswegen wohnen wir auch zusammen, ich kann nämlich sehr gut Toast schmieren.

Maxim: Er verläuft sich auch nicht, hat immer seine Platten dabei und gibt die ernsthaften Antworten in Interviews. Er ist der Organisator .

rap.de: Was für Ansprüche habt ihr an euch selbst, was die Musik betrifft?

Tarek: Es sollte originell sein.

Maxim: Richtig, es sollte originell sein, es sollte gut sein, aber originell ist schon das wichtigste. Dann ist es meistens auch ganz gut, denke ich.

Nico: Es kann auch mal gut sein, wenn es nicht originell ist. Wenn es einfach Spaß macht, dann ist es auch cool. So ein Lied wie "Scheiterhaufen“ haben wir auch vorher schon mal gemacht, also es ist jetzt nicht das Originellste, aber es sind gute Zeilen drin. Es muss nicht immer das Ei des Kolumbus sein, was kein anderer vorher gemacht hat oder was wir selber vorher noch nicht gemacht haben.

Tarek: Es sollte schon innerhalb von diesem Style etwas sein, was man noch nicht gehört hat, keine Doppellungen also. Den Anspruch stell ich jetzt an mich.

Maxim: Den Anspruch stelle ich auch an Tarek, von allen anderen erwarte ich gar nichts mehr.

rap.de: Gibt es Sachen von anderen Künstlern, auf die ihr auch gerne gekommen wärt?

Nico: "30-jährige Pärchen“ von Reinald Grebe hätte ich gerne geschrieben und “Eins, Zwei Polizei“ von Modo.

Tarek:Thug Life” von Terry James.

rap.de: Habt ihr eigentlich ein aktives Interesse an der deutschen Rapszene?

DJ Craft: Klar, natürlich.

Maxim: Also ich höre mir jeden Quatsch an.

Tarek: Jeder Rapper hat auch mal ein gutes Lied, finde ich persönlich. Es gibt einfach viele Rapper die ich von der Grundeinstellung her Scheiße finde, aber jeder hat ab und zu mal ein gutes Lied.

Maxim: Ansonsten finde ich diese Diskussion um die Plattenverkäufe scheiße. Wenn alles nur darum geht, wie viel Platten man verkauft und daran fest gemacht wird, wer besser oder schlechter ist. Bei uns kommt natürlich beides zusammen, wir sind gut und verkaufen. Ich finde, es gibt auf jeden Fall Leute die richtig gut sind und gar nichts verkaufen.

Nico: Es gibt aber auch Leute, die sind talentiert und verkaufen richtig gut.

Maxim: Genau, es ist weder noch und der Erfolg und das Talent hängt nicht unbedingt zusammen. Das finde ich immer eine nervige Diskussion, von wegen “Hah, der brauch mir gar nichts erzählen, der verkauft ja nur so und so viel“. Auf Dauer ist das auch eine ziemlich menschenverachtende Sache. Also sind das Nazis, ergo totschlagen.

Nico: Es gab mal eine Zeit, da haben alle Platten verkauft. Da war es uninteressant darüber zu streiten, denn da waren wir alle glücklich und fett und rund. Man muss auch mal gucken, wer zu dem Thema die Fresse hält in der Musik Branche. Das sind halt die Leute, die immer noch fett im Hip Hop sind. Ein James Last gibt ja auch nicht in jedem Interview damit an, dass er 80.000.000 Platten verkauft hat. Das ist schon eher was Rapszenen mäßiges. Wahrscheinlich geht es in dieser Diskussion eigentlich darum, wer die meisten echten Fans hat, die sich die Platten auch wirklich kaufen.

rap.de: Wenn man erst mal in der Musik Industrie angekommen ist und viele Leute persönlich kennen gelernt hat, kann man dann überhaupt noch richtig naiv Fan von jemandem sein?

Maxim: Klar kann man das. Ich persönlich war auch nie so Personen bezogen. Ich war natürlich auch krass Fan von Jemandem, aber mich hat es nie so interessiert die Leute kennen zu lernen. Ich war ja nur Fan von der Mucke und vielleicht sind das ja richtige Scheißtypen, oder Weiber. Für mich hat das jedenfalls nicht viel verändert.

DJ Craft: Ich war als Jugendlicher schon ein kleiner Autogrammjäger. In Kreuzberg gab es einen Plattenladen, da gab es immer solche Ladensessions mit irgendwelchen Underground Rappern. Ich bin da immer hin gegangen und habe mir Platten und Poster unterschreiben lassen. Das hat mir schon Spaß gemacht. M.O.P. die Hand geben, das fand ich super. Ich denke, ich kann schon noch ein richtiger Fan sein. Das Peter Fox Album fand ich zum Beispiel übergeil.

Tarek: Aber natürlich entzaubert das schon, wenn du bei einem Major ein Album raus gebracht hast. Manche Sachen stellt man sich einfach anders vor, zum Beispiel mal bei den EMAs zu sein, oder auf einer Aftershow Party von dem und dem. Im Endeffekt betrinken die sich auch alle nur und benehmen sich dann wie Vollidioten. Viele Künstler sind auch sehr getriebene Menschen aus irgendeinem Grund und da sind auch viele Spastis dabei. Das merkt man dann erst im Nachhinein, wenn man ein paar Leute aus dieser Musikwelt kennen lernt. Trotzdem bin ich noch sehr begeisterungsfähig für viele Sachen.

rap.de: Gibt es Momente, in denen ihr keine Lust mehr habt Musik zu machen?

Nico: Natürlich gibt es Tage, wo ich keinen Bock habe und dann vorm Fernseher rum liege, aber das heißt nicht, dass ich eine zweiwöchige Krise hatte und ich mir dachte “Ich will damit aufhören“.

Maxim: Ich verstehe das auch nicht, wenn jemand sagt “Ich höre jetzt auf“. Selbst wenn es keinen interessiert, würde ich die ganze Zeit irgendwelche Mucke machen. Wenn es keiner hört, dann hört es halt keiner.

Tarek: Das ist das Ding. Ich persönlich habe mich schon gefragt, ob ich in dieser Form weiterhin Musik machen möchte und ob ich will, dass es immer größer wird. Aber ich hätte nie Lust, mit Musik an sich aufzuhören. Das hat mir vor zehn Jahren Spaß gemacht und es wird mir immer Spaß machen, zu rappen und Texte zu schreiben.

 

rap.de: Wo sehr ihr euch in zehn Jahren? Realistisch.

Maxim: Wir haben dann ein Alkohol Problem und kommen durch irgendwelche Mogeleien immer noch  auf irgendwelche Echo Aftershow Partys und sind peinlich.

DJ Craft: In Kalifornien gibt es eine Gruppe von ehemaligen Musikern oder immer noch aktiven Musikern, die sich Leute einladen und dann gemeinsam meditieren oder Yoga machen. Da haben wir uns hier schon einen Raum dafür reserviert. Da sehe ich mich auf jeden Fall in zehn Jahren. Jeden Morgen wache ich auf und mache erst mal Tai Chi.

rap.de: Womit verdienst du dann dein Geld oder musst du bis dahin gar kein Geld mehr verdienen?

Nico: Vielleicht sind wir in zehn Jahren auch ganz bescheidene nette Typen und arbeiten in einem Hip Hop laden, wie die Stieber Twins. Wir wettern dann auch nicht in Interviews die ganze Zeit gegen irgendwelche neue Typen, wie die anderen Old Schooler, weil die so böse Musik machen.

Maxim: Genau Alter, die Stieber Twins sind echt in Ordnung. Wenn du die siehst, dann denkst du dir nicht “Hah, ihr wart früher mal bekannt…"

Nico:… und macht jetzt kein Geld mehr Musik“. Nein, die sind ausgeglichen und glückliche nette Menschen.
 
Maxim: Sie sind fast ein bisschen zu ausgeglichen, vielleicht sollten sie aufhören, im Hip Hop Laden zu arbeiten.

Tarek: Ich finde es gar nicht schlimm, wenn diese Leute meckern, wenn man wenigstens den Eindruck hätte, dass sie ansonsten Spaß haben mit ihrem Dasein.

Maxim: Was ihr macht ist alles Scheiße, die Nutten die ich bumse, und das Koks, das ich ziehe, ist der Wahnsinn. So wie Ghostface Killah, der  die völlig durchgeknallten, absoluten Mistalben macht und seine Cover mit irgendwelchen Fischköpfen umrahmt. Der macht wirklich den absoluten Schwachsinn, aber in der Musik die er macht, wirkt er glücklich, obwohl er vielleicht nicht mehr so viel verkauft wie früher mit Wu-Tang.

DJ Craft: Ich wollte noch sagen:  Haltet die Ohren und Augen auf, demnächst kommt unsere Single “Halbstark“. Die zerberstende und berechnende Single “Halbstark“. Jetzt schon ein Klassiker. Wir drehen sogar noch ein Video dazu.

 

rap.de: Was wird in diesem Video passieren?

Tarek: Ich sag nur eins: Schlampen und Koks. Und DJ Tomekk kommt mit dem Fahrrad vorbei.

Maxim: Wir stehen auf einem Wagen und haben ein Füllhorn voll mit Koks. Wir werfen das Koks auf den Boden und vor uns sind lauter Frauen, die es wegziehen und dadurch auch unseren Waagen ziehen.

Nico: Das ist genial, wir werden von richtigen Nasen gezogen, auf Streitwägen.

Maxim: Ich habe so einen komischen rumänischen Film gesehen. Da haben sich irgendwelche Militär Schweine vorne an eine Lok gebunden. Auf den Schienen lag dann Koks und die Lok ist dann ganz langsam gefahren, so das die das Koks weg ziehen konnten. Super Film.


 rap.de: Das klingt sehr beeindruckend. 

Maxim: Auf jeden Fall, ich wollte danach auch unbedingt nach Rumänien.

Nico: Verdammt, dann lag doch kein Koks auf den Schienen.

Maxim: Nein, es gab nur Straßenfeger, die ihre Glasaugen gezeigt haben.