Separate

Auf seinem letzten Album war er noch Deutschlands Hustler. Dieses Mal ist es "Ein guter Tag zum Sterben". Wie bei Buckwheats Titeln fast schon Tradition, gibt es wieder verschiedene Interpretationsmöglichkeiten  des Albumtitels. „Ein guter Tag zum Sterben kann  zum Beispiel ein Tag sein, der ganz einfach perfekt war“, wäre eine Erklärung, die der Erfinder des Titels selbst ins Rennen schickt. Auch was die Single „Ein ganz normaler Junge“ angeht, besteht Erklärungsbedarf. So ganz kann man Separate diesen ganz normalen Jungen eben doch nicht abnehmen. Understatement, oder was steckt dahinter?
„Klar bin ich kein ganz normaler Junge“, gibt er im Interview selbst zu. „Ich führe nun mal ein Label und bin Musiker, aber bei dieser Aussage geht es mir ganz primär um mein Gefühl. Ich fühle mich nicht anders, als irgendwelche anderen Jungs in meinem Alter. Das soll diese Single aussagen.“ Da mag er Recht haben. Aber es ist eben dieser kleine Unterschied, dass er eben ein Label führt, einer der momentan gefragtesten MCs aus deutschen Landen ist und nicht zuletzt mit einem der deutschen Topp-Producer gerade eine Album aufgenommen hat, das durchaus als Klassiker gehandelt wird, der es am Ende ausmacht. Da passt es doch, dass ein deutscher Toppschauspieler sein Pendant im Video zur Single mimt. Oliver Korittke, der in dem Video mitspielt, lernte er in Hamburg kennen. „Wir haben gesoffen, wie die Verrückten und haben dann direkt beschlossen, irgendwann ein Video zu machen. Als Oliver den Song gehört hat, war er begeistert und direkt dabei. Ich habe mich sehr gefreut, weil ich großer Fan von ihm bin und vor allem „Bang Boom Bang“ extrem feiere.“ Der Hamburger Kiez ist mittlerweile ein Ort, mit dem Separate viel Gutes verbindet. So kam dort nicht nur die Connection zu dem deutschen Schauspieler zu Stande, zuvor hat er schon Monroe beim Party machen besser kennen gelernt und irgendwo auf dem Kiez zwischen Herbertstraße und Chinalounge muss wohl die Basis für den guten Tag zum Sterben gefunden worden sein. „Außerdem ist der Kiez für mich eine Inspirationsquelle. Bei so vielen Leuten auf einem Fleck, findet man immer etwas Interessantes.“

Halten wir fest. Separate ist kein ganz normaler Junge, sondern vielmehr ein Künstler, der mit beiden Beinen am Boden geblieben ist. Darüber hinaus, ist er auch noch etwas anderes: Fan. Fan von HipHop und Fan von anderen Künstlern. Im Gegensatz zu manch anderem MC gibt er das offen zu. Im Gegensatz zu manch anderem MC zollt er auch den Leuten ganz offen Respekt, deren Musik er feiert. Für ihn ging nach eigener Aussage ein Traum in Erfüllung, als sowohl Samy Deluxe wie auch Moses P zusagten, auf seinem Album Gastbeiträge beisteuern zu wollen.
Mit Moses P. verbindet den Mainzer eine Freundschaft, deren Basis sicher nicht nur im gemeinsamen Vodkakonsum zu finden ist, sondern vor allem auf großem Respekt beruht. „Ein Traumtyp, ich feiere seine Alben. Sowohl die alten Sachen, als auch Geteiltes Leid 2 höre ich immernoch. Und ich sage sogar ganz ehrlich, dass ich auch die neue Sabrina Setlur Single mag. Als ich vor kurzem gesehen habe, wie sie die live performt hat, war das Terror. Sie hat das Ding mit Big Band gespielt. Unglaublich.“
Den zweiten großen Featuregast Samy Deluxe kennt Seppo schon seit Jahren, allerdings eher als Fan. In ihrem gemeinsamen Track erwähnen sie eine Jam im Schlachthof Wiesbaden, allerdings aus zwei Perspektiven. „Ich war damals als Fan da und Samy war eben auf der Bühne. Einen Track mit ihm zu machen war unfassbar geil.“ Die Connection kam, wie kann es auch anders sein, über Monroe zu Stande. „Samy hat bei Monroe für ein Mixtape aufgenommen und der hat ihm dann Sachen von mir gezeigt, Samy hat die gefeiert. Als ich ihn dann irgendwann Mal bei Monroe getroffen habe und wegen einem Feature angefragt habe, hat er mich direkt in sein Haus außerhalb Hamburgs eingeladen.“ Mehre Stunden entspanntem Chillens später, war der gemeinsame Track im Kasten. Der Vibe stimmte. Man hört es dem Song an.

Weil ihn so einige Dinge, die momentan in der Szene ablaufen, ankotzen, droht er öffentlich mit der Frührente –und das ohne den seit Jay-Z sehr beliebten Promogedanke im Hinterkopf. Denn ums Geld muss es ihm nicht gehen. „Mir geht es finanziell sehr gut. Ich habe nicht weniger Geld, als anderen Leute in meinem Alter. Ich habe sogar eher mehr, als die Leute, die ich so kenne. Ich weiß aber nicht, wie lange das so weiter gehen kann. Ich will auch in 10 Jahren noch gut leben können und ein eigenes Haus wäre auch irgendwann mal schön. Ich bin mir nicht sicher, ob das mit Musik zu finanzieren ist.“ Auch in unserem Gespräch, Tage nach dem Release des letzten Albums, ist er sich nicht sicher, was aus der Rapkarriere werden soll. „Ich überlege einfach, was für mein Leben das Beste ist. Ich kann mir ohnehin nicht vorstellen, bis in alle Ewigkeit auf der Bühne stehen. Einen 50 Jahre alten Separate wird es nicht auf irgendeiner Bühne zu sehen geben. Ich glaube, den will auch keiner sehen.“

Doch im Augenblick gefällt es ihm dort immer noch bestens. Der kurze Beef mit den Splash!-Organisatoren wurde schon vor dem diesjährigen Splash! aus der Welt geschafft. Seppo rockte die Hauptbühne. Sein Fazit: „Das Splash! war dieses Jahr der Hammer, ich habe auf der Hauptbühne gespielt und mich dort auch für meine Bemerkungen nach dem letzten Festival öffentlich entschuldigt. Die anderen Auftritte, die ich gesehen habe, waren auch richtig cool und die Stimmung, das Gelände und das Wetter waren bestens.“ Ein Fazit, das man dieser Tage von vielen Künstlern zu hören bekommt.

Seine Brand-Rede, die er auf Europas größtem HipHop-Festival gehalten hat, kommt wieder in Erinnerung, als er sich für mehr Zusammenhang in der Szene ausspricht. „Ich gönne jedem Bushido oder Sido die guten Verkaufszahlen. Wenn ich gut verkaufe, sollte man mir das auch gönnen. Alle, die momentan da oben stehen, haben dafür hart gearbeitet und es absolut verdient.  Ausnahmslos.“ Solche Aussagen sind in einer Szene, in der vor allem Neid zu herrschen scheint, eher selten geworden. Nicht nur deshalb, wird ein Künstler wie Separate weiterhin dringend gebraucht.

Natürlich muss auch über Monroe gesprochen werden, der den guten Tag zum Sterben produziert hat. Für ihn ist Seppo, wie sollte es auch anders sein, voll des Lobes. „Ein fantastischer Typ, wir haben uns in Hamburg kennen gelernt, waren zusammen feiern und so entstand die Idee zu diesem gemeinsamen Album.“ Gemeinsam feiern waren sie auch häufiger während der Zeit der Aufnahmen. "Meistens lief das so: Wir sind irgendwann aufgestanden, Frühstück, dann sind wir ab ins Studio. Ich habe im Studio geschrieben und er hat einen Beat gebaut oder sonst etwas gemacht. So sind die meisten Texte in Hamburg entstanden. Das war wichtig für mich, in Mainz wäre ich wahrscheinlich etwas abgelenkter gewesen. So habe ich fokusiert geschrieben."
Kleinere Risse in der Producer-MC Beziehung gab es nur aufgrund einiger grundlegender Meinungsunterschiede, was Essen angeht. Radikaler Vegetarier trifft auf Fleischfreund und es gibt Beef. Oder eben auch nicht.  "Stell dir das vor. Es gibt im Tiefkühlfach nur Pizza mit Käse, da ist nichts drauf. Aber Diskussionen machen da überhaupt keinen Sinn. Da fehlen einem ja auch die Argumente.“ Also übte man  sich in Akzeptanz der gegenseitigen  Essgewohnheiten  und damit wäre dann auch die letzte Hürde aus dem Weg. Rapdeutschland wartet auf zukünftigen Projekte. Doch ob es soweit kommen wird, werden die nächsten Monate zeigen. Am Ende des Gesprächs kündigt Separate nicht nur das Vega-Mixtape an. „Jeder der Vega bisher gut fand, liebt ihn danach“. Auch ein eigenes Mixtape ist in Planung. Nach dem ebenfalls angekündigten Abroo-Album könnten dann die Kinder des Zorns kommen. Damit wäre Separate an zwei Projekten beteiligt. Der Ruhestand ist also vorerst vom Tisch, bleibt zu hoffen.

Auch in Sachen Fußball, mittlerweile ein eher schmerzhaftes Thema für den Mainz 05-Fan, gibt sich Seppo zukunftsgewandt. Er hält seinem Verein natürlich die Treue, spricht vom direkten Wiederaufstieg und der ersten Liga. Spätestens in 2 Jahren hat die Bundesliga wieder den Karnevallsverein. Seppo verspricht für die neue Saison: „Alle sind heiß, bald kommt das neue Stadion.“ Doch trotz aller Liebe: Fußballhymnen wird es von ihm  in Zukunft aber keine weiteren geben, obwohl er wahrscheinlich der Einzige ist, der seinem Verein das passende Lied dichten könnte. „Solche Lieder sind meistens einfach Scheisse.“ Seine Prognose für die neue Bundesliga Saison: Bayern wird Meister. Schalke wird dritter. Cottbus, Bielefeld und Rostock steigen ab.

Warten wir ab, wie das mit der Meisterschaft ausgeht. Geld schießt ja angeblich keine Tore. Hoffen wir, dass Mainz wieder aufstegt, denn vielleicht würde ein solcher sportlicher Erfolg Separate neu beflügeln. Warten wir ab, wie sich Separate entscheidet und hoffen wir auf weitere Alben aus Mainz, bis dahin bleibt seine Empfehlung bestehen: "Kauft mein Album, es lohnt sich."