RZA, Raekwon, Ghostface, U-God


Der Wu-Tang Clan gehört zu den festen Größen des HipHops. Eine Größe sind sie auch in Bezug auf ihre Mitgliederzahl. Der Kern bestand ursprünglich aus neun, nach dem Tod O.D.B.s aus acht Mitgliedern. "Acht" spielt in ihrem neuen Album eine wichtige Rolle, nicht umsonst heißt es "Eight Diagrams". Alle acht Mitglieder zu einem Interview zusammen zu bekommen ist fast unmöglich, daher war ich froh, als ich RZA, den Produzenten und Denker des Clans, sowie Raekwon, Ghostface und (teilweise) U-God interviewen konnte.

rap.de: Als Producer will ich dich erstmal paar technische Dinge fragen. Welches Equipment benutzt du?

RZA: Für dieses Album habe ich hauptsächlich eine Maschine von Roland namens MV-8800 benutzt. Oder den MV-8000, ich habe beide Modelle. Viele der Drums, viel von der Musik habe ich mit dem MV-8000 oder MV-8800 produziert.
rap.de: Mit welchem Equipment hast du ursprünglich angefangen?

RZA: Angefangen habe ich damals mit dem SP 1200. Also, eigentlich habe ich meine ersten Beats – wie damals in den alten Tagen die Songs gemacht wurden – mit zwei Turntables und einem Vierspurrekorder aufgenommen. Dann hatte ich natürlich den 606, den 909, einen Casio RZ-1. Ich meine, ich kaufe Equipment, seitdem ich 15 Jahre – sorry, ich lüge – seitdem ich 11 bin. Da habe ich mir nämlich zuerst einmal Straight Arm Turntables gekauft, mein erstes Echogerät und meine erste Beatbox, die keinen Beat hatte. Alles was sie gemacht hat war, klang so: "Whak be, whak be" Dann musste man die zwei Knöpfe gedrückt halten, um den Beat "rapbar" zu machen. Als ich dann in Anführungsstrichen "berühmt" wurde, war der ASR 10 das Gerät, das wirklichen den authentischen Wu-Tang Sound hat, den die Leute lieben lernten. Die ersten 100 bekannten Songs von Wu-Tang, außer vielleicht "Bring The Pain" und ein paar andere, wurden mit dem ASR 10 gemacht. Der ASR ist das Gerät, mit dem ich den Beat zuerst machte und dann fügte ich vielleicht noch Soundmodule oder andere Sachen solcher Art hinzu.
Ensoniq, die Firma, die den ASR produziert hat, ist ja inzwischen aus dem Geschäft draußen. Sie wurde von E-mu aufgekauft. Das ist lustig, weil E-mu die Firma ist, die auch den SP 1200 macht. Als Ensoniq den EPS 16 plus und den ASR 10 und den ersten EPS produzierten, hatten sie tatsächlich das Potential, die ganze Welt der Musikproduktion zu übernehmen, aber viele HipHop-Produzenten sind in ihrer Drummachine-Mentalität stecken geblieben, weil sie vom 808 oder 909 kamen und daher diese Drummachine gesteuerten Beats brauchten. Ich war wahrscheinlich einer der ersten Produzenten, die … Naja, RNS – kennst du diesen Typen namens RNS? Er hat das erste Album von Shyheim produziert ("The Lost Generation"). Er war der erste, bei dem ich einen EPS sah. Ich hatte einen SP 1200. Der SP 1200 war bekannter. Wir tauschten für einen Monat die Geräte. Er wollte den SP 1200 haben und ließ mir dafür seinen EPS. Und das veränderte mein Leben. Denn jetzt machte ich Beats mit einem Keyboard. Jetzt machte ich (macht eine Melodie vor): "Do do do do dum … brra! Dum dum, do do dum!" Ich war wahrscheinlich der erste Mensch, der Samples gespielt hat. Andere samplen und loopen, ich spielte das Sample. Ich habe das Sample gechopt. Ich war wahrscheinlich der erste, der das gemacht hat. Heute gibt es Sampler, da drückt man auf einen Knopf … „autochop“. (Lachen) Aber ich habe damit angefangen.

        

rap.de: 1992 habt ihr dann den Clan gründetet…

RZA: Für die Öffentlichkeit, ja. Wir hatten schon Jahre lang zusammen gerockt, aber ´92 war das Jahr, in dem wir „Protect Ya Neck“ rausgebracht haben und wo man sagen kann, dass der Wu-Tang Clan offiziell gegründet wurde. ’93 wurden wir dann berühmt, aber ’92 hat unser Label mit der Single "Protect ya Neck" mit der B-Seite „Epileptic Uptears“ die ersten Songs rausgebracht und das hat zu dem ganzen Phänomen geführt.
rap.de: Und da war ja dein Fünfjahresplan, der ziemlich berühmt wurde.

RZA: Ich sehe, er ist berühmt. Er ist berühmt, weil er funktioniert hat. (Lacht)
rap.de: Wie bist du damals darauf gekommen?

RZA: It took miles and miles of walking and talking to myself. It took a lot of walking and talking to myself. Der erste Tag, der mich inspirierte, war: ich war in einer sehr schlechten Situation. Ich war nicht wirklich unschuldig, ich war auch nicht schuldig, jemand wurde verletzt, ich musste vor den Richter und vors Gericht und gewann die Verhandlung. Schwarze Nigger gewinnen keine Gerichtsverhandlungen. Ich gewann die Verhandlung und hatte ein Lächeln auf dem Gesicht, das zwei Tage blieb. Und meine Mutter schaute mich an und sagte: „Hey boy“ Das war der Tag, an dem ich entschied, not to go negative, but to go positive. Das war der 22. April 1992. Um den 22. August 1992 gründete ich Wu-Tang Productions, gründete die Plattenfirma. Ich hatte schon zu meinen Leuten über diesen großen Plan gesprochen, eine Plattenfirma zu gründen und Platten zu verkaufen. Im Oktober 1992 wurde dann "Protect Ya Neck" aufgenommen. Im November 1992 wurde es DJs geschickt. Und das erste mal, dass ich es im Radio hörte, war im Dezember 1992.


rap.de: Warum, glaubst du, war dieser Plan so erfolgreich?

RZA: Es war real und es war Zeit. HipHop und Musik überhaupt teilt sich in "real" und "fake" auf. Zu dieser Zeit waren Leute wie Young MC, Tone Loc und Fresh Prince die Größten, an der West Coast gab es natürlich Dr Dre, der gerade am aufsteigen war, A Tribe Called Quest waren in ihren besten Jahren,… Aber echte Leute von den Straßen, echte Leute, die HipHop wirklich lebten und nicht nur machten,… – denn all diese sind große Künstler, sie machen Musik – aber wir leben eine HipHop Lebensweise. (Zu U-God) Wie oft hast du schon Graffiti auf eine Wand gemalt?

U-God: Pff! Mein ganzes fucking Leben!
RZA: Siehst du! Zu mir: ich bin ein DJ, ein Breakdancer, ein Graffitti… – nicht dass ich gut in Graffiti bin, aber ich tagge deine Wand – Graffititagger und MC. Das sind die vier Hauptsäulen des HipHops. DJing, Graffiti, Breakdancing, MCing. Richtig? Ich habe alles davon gemacht. Er (U-God) ebenso. Pop-locking, Human Beatbox,…
U-God: Ich war ein Beatboxer für Cappadonna. Wir machten unser Ding.

       

RZA: Es war also erfolgreich, weil es pur war, weil es echt war. Es ist wie, wenn du mit Drogen dealst. Wenn du normales Kokain kriegst, sagst du: "Ja, war cool!" Wenn es aber gutes Kokain war (lacht) (U-God: niiiuuu!!), wirst du einen erfolgreichen Drogendealer haben (Lachen). Das ist wie Leute auf den Straßen berühmt werden: weil sie besseres Gras oder bessere Drogen haben.
rap.de: Das ist wahr. Was die vier Elemente des Hip Hops angeht: Ihr habt HipHop um einige Elemente erweitert, wie Kleidung, Mode…

RZA: Alles! Filme, Videospiele, …
rap.de: Was denkst du heute darüber?

RZA: Ich glaube, was Wu-Tang in fünf Jahren gemacht hat, bleibt für zwanzig Jahre. Wenn du dir die Rapper heute anschaust: Was immer sie auch machen, wir haben es schon gemacht! (Lacht) Mindestens einer von uns hat es schon gemacht! Wenn du eine Zeitschrift anschaust (Nimmt ein Zeitschrift und zeigt auf das Cover) Das ist ein gutes Rapfoto, oder?

U-God: Ja, ich denke, es ist eines.
RZA: Ist das ein gutes Rapfoto?
U-God: Das ist Meth und Redman.
RZA: Ja! Das sind sie natürlich nicht, aber sie haben schon genau so ein Foto gemacht. (Lacht) Verstehst du? (Blättert das Heft durch) Du wirst überall irgendeinen Einfluss von uns finden. Ich meine, schau dir Fotos an, die vor unserer Zeit gemacht wurden. Auch das neue Timbaland-Foto – ich mag Timbaland, er ist mein Kumpel – aber auf dem neuen Titelbildfoto von ihm macht er das: (hält seine Hände wie Pistolen an seine Schläfen). Wer macht das? Das bin ich. (Lacht)


rap.de: Du bist ja auch unter anderem Schauspieler.  Du hast viel mit Filmen zu tun.

RZA: Ja, als Schauspieler, als Filmkomponist. Ich werde sogar bald bei meinem ersten Film Regie führen. Alles cool! Erst letztens hab ich in einem Film namens „Gospel Hill“ neben Danny Glover gespielt. Mein jüngstes Projekt ist ein Film namens „American Gangster“, der dieses Jahr rauskommt. Ich spiele einen Bullen. Außerdem hab ich schon für einige Filme Soundtracks produziert.
rap.de: Ich hab von dem Film „Afro Samurai“ gehört. Kannst du mir ein bisschen dazu erzählen?

RZA: "Afro Samurai" ist ein Zeichentrickfilm mit einem der größten Budgets für einen Zeichentrick jemals. Ich war verantwortlich für die Musik und ich hab auch mit ein paar Ideen beim Drehbuch mitgewirkt. Ich denke, er ist sehr einmalig. Ich liebe Animé, ich liebe Zeichentrick. Es gibt einen Zeichentrickfilm namens "Ninja Scroll", den fast jeder kennt. "Afro Samurai" ist für mich auf dem gleichen Level. Tatsächlich hat der Typ, der die Actionszenen für "Ninja Scroll" gemacht hat, auch die für "Afro Samurai" gemacht. Das ist der Grund, warum sie auf gleichem Level sind. (Lacht) Wir haben ihn uns geliehen. Also, er ist wirklich gut.

rap.de: Wie bist du zu dem Auftrag gekommen? Wurdest du gefragt?

RZA: Ja, sie haben mich gefragt. Sie haben mich gesucht und gefunden. Das war ein paar Mal so. Bei "Ghost Dog", hat mich Jim Jarmush ausgewählt. Bei "Kill Bill" war ich im Studio von Mr. Tarantino. Er liebte auch die Musik von Wu-Tang. Also sagte er: „Yo, du wirst mein Komponist sein. Du sollst den Soundtrack für mich produzieren!“

       

 rap.de: Wie siehst du die Beziehung zwischen Film und HipHop?

RZA: Was ich spontan sagen würde, dass beides ein künstlerischer Ausdruck ist. Viele HipHop-Künstler wollen sich ausdrücken. Wenn du HipHop-Künstler nach ihrem Namen fragst, sagen sie z.B. Redman. Das ist aber nicht der Name, den ihm seine Mutter gegeben hat. Das heißt, er ist eine Figur. Beim Schauspielern musst du in jedem Film eine neue Figur spielen. Für mich ist das wie verschiedene Texte zu haben, so sehe ich das. Daher denke ich, dass das Schauspielen eine großartige Institution für HipHop-Künstler, für wahre HipHop-Künstler ist.
rap.de: Aber beim Schauspielen ist die „Realness“ nicht so wichtig, oder?

RZA: Doch, sehr sogar! Die Realness ist sehr wichtig beim Schauspielen. Ich habe letztens in einem Film namens „Gospel Hill“ gearbeitet, da war ich im Down South, und spielte einen Typen aus dem Süden. Als ich zum Set kam, sagte der Regisseur, “Lasst uns anfangen“ und nach dem ersten Tag sagte er: „Ich mag dich. Ich mag deine Stimme!“ Am nächsten Tag ließ er zwei Leute aus dem Süden mit mir abhängen, die den ganzen Tag mit mir sprechen sollten, damit ich den Akzent ein bisschen annehme. Also muss es authentisch sein, es musst real sein, es muss scheinen, als sei es real.
rap.de: Denkst du, dass es das gleiche bei Rapmusik ist, dass man seine Rollen tauschen kann.

RZA: Ja, auf jeden Fall, das glaube ich.
Raekwon: In Musik überhaupt kann man sein, wer auch immer man sein will.
RZA:
Ja. Nicht dass ich sie deswegen verachte, aber viele Rock’n’Roll–Musiker waren schwul, die ganzen 80er waren schwul, oder? Viele meiner größten Stars stellten sich als schwul heraus. Rod Stewart, Bowie, und so weiter. Man betrachtet diese Männer trotzdem, als wären sie irgendwie besondere Menschen. Aber ihr privates Leben war nicht wie ihre Musik. Es gibt halt immer diese Möglichkeit, sich hinter seiner Kunst zu verstecken.

rap.de: Glaubst du, das ist gut so?

RZA: Ja, ich glaube, es ist gut. Nimm Paul Simon. Ich könnte sagen, dass Paul Simon der größte Lyriker in der Geschichte war und er würde wahrscheinlich keinen Dreck um mich geben. Aber ich kann die Texte, die er rausgebracht hat, nachvollziehen. Vielleicht hat er dieses Leben gar nicht geführt. Oder Leute wie Bob Marley: Er ist tot und doch spielt man etwas, was er 1973 geschrieben hat, und es bedeutet mir auch heute noch etwas.
Raekwon: Er ist immer noch der King.
rap.de: Und, RZA, du wirst auch lange der Producer-King bleiben. Danke für das Interview!


rap.de: U-God, warum, glaubst du, ist euer Clan so erfolgreich?

U-God: Strenght and Numbers, baby!

Raekwon: Weil wir Klassiker machen, wir sind eine Klassische Rapgruppe aus New York, Staten Island.
rap.de: Was macht euch zu Klassikern?

Raekwon: Unsere Fähigkeit zu performen, die Art, wie wir reimen, unser Reimstil. Wir haben Traditionen gesetzt, wir sind jetzt seit mehr als 15 Jahren im Game, wir sind Legenden. All dies ist durch unsere Kunst, unsere Musik geschehen. Das macht uns zu dem, was wir sind. Wir haben vor 15 Jahren Musik gemacht und es ist zeitlose Musik. Es ist wie heute ein Isaac Hayes oder Marvin Gaye des HipHops zu sein. Das sind wir. Nicht unbedingt Oldschool, aber Oldschool Newschool.

        

rap.de: Was euch zur Brücke zwischen Oldschool und Newschool macht, ist, dass ihr Trends gesetzt habt. Siehst du es positiv, wie diese Trends sich seit dem entwickelt haben?

Raekwon: Weißt du, eine Sache an Musik ist, dass es eine Sprache ist. Und es gibt verschiedene Generationen an Kids, die Musik hören. Als wir unsere Sache machten, war der durchschnittliche Jugendliche, der jetzt in meinem Alter, in seinen 30ern ist, vielleicht 22 oder 21. Die heutige Generation, die nach uns kam, war damals vielleicht 7 oder 8. Die Musik ändert sich also mit der Zeit und neue Player sind im Game. Aber gleichzeitig muss man sagen: sie machen nicht wirklich Kunst. Sie machen Duplikate, digitale Bilder, das ist keine wirkliche Leistung. Alles was sie geschafft haben, ist von anderen zu lernen, wie von uns, aber gleichzeitig ist heute alles so kommerziell. Es ist nicht mehr der „real Hip Hop“. Was ich versuche zu sagen: damals war die Musik anders als heute. Es gibt noch ein paar deiner alten Lieblingsgruppen, wie uns, die noch ihr Ding machen und von denen die Leute hoffen, dass sie es zurück bringen. Denn „Yo-Hiphop“ ist nicht ausreichend darauf gerichtet, was „real Hip Hop“ ist. Es ist nur Rap. Die Menschen wollen HipHop, sie wollen Kreativität sehen, sie wollen die Leute, von denen sie wissen, das sie es getan haben, es wieder tun sehen. Und da kommen wir ins Spiel. Daher ist es eine Ehre, immer noch hier zu sein – zehn, fünfzehn Jahre später. Jeder sollte HipHop als in Sparten unterteilt sehen. Es gibt diese Sparte, jene Sparte und noch eine andere Sparte. Wir kommen ins Spiel, wenn der Shit real wird. Wir gehören nicht zu der Sparte der kommerziellen Künstler, die sich ständig verändern. Das einzige, was Leute über Wu-Tang sagen könnten, ist dass sie Brüder sind, die ihr eigenes Business durchziehen. Sie sind normale Brüder, sie streiten, sie tun all die Sachen, die andere auch tun. Aber wir haben nie unsere Formel verändert, wenn es um Entwicklung geht. Man muss beachten, dass wir 36 Kapitel haben. Man darf nicht ein einzelnes Kapitel betrachten, man muss die vielen Kapitel betrachten. Jede einzelne individuelle Person hat seine eigene Welt, die er mit einbringt, um Wu-Tang zu dem zu machen, was es ist. Wir sind besonders. Ja, wir sind besonders, das musst du wissen.
rap.de: Wie du sagst, seid ihr schon viele Jahre dabei. Glaubst du, ihr werdet irgendwann aufhören, Musik zu machen? (Er versteht: Wirst du aufhören, Musik zu machen?)

Raekwon: Nein, wir haben so etwas nie gewollt. Wir wollten keine Abmachung, die uns verpflichtet, die ganze Zeit gemeinsam Alben zu machen. Nein! Er hat seine Art, zu denken, ich habe meine Art zu denken. Es ist viel interessanter, wenn man mal mich alleine hört und mal mit ihnen zusammen. Und genauso ist das bei den anderen auch. Daher sage ich, die Leute müssen verstehen, dass wir nicht dazu bestimmt sind, die ganze Zeit gemeinsam Musik machen. Wir sind dazu bestimmt, uns später zu verzweigen, aber immer noch zu erkennen, dass wir zusammen den Wu-Tang Clan bilden. Wir können uns Wu-Tang nennen, aber gleichzeitig heraus gehen und auch für unsere Familien große Sachen bewirken, statt ständig nur Wu-Tang-Alben aufzunehem. Immer nur Wu-Tang, Wu-Tang, Wu-Tang,… Es ist viel lustiger, nur alle paar Jahre gemeinsame Alben zu machen, weil man so die Möglichkeit für die Individuen schafft. Außerdem macht man auf diese Art mehr Geld. Komm schon, es geht uns natürlich auch um das Geld. 
rap.de: Was glaubst du, hält euch zusammen?

Raekwon: Ich glaube, die Tatsache, dass wir miteinander aufgewachsen sind und jeder von uns eine wahre Leidenschaft für HipHop hat. Als wir zusammen gekommen sind, wussten wir nicht, dass wir so stark werden würden. Mit einem Bruder wie RZA bei uns – er ist ein Denker, er macht beständig eine Art Musik, die conscious aber gleichzeitig auch unterhaltsam ist. Wir kommen zusammen und tun unser Bestes. Wir machen das für die Leute. Manchmal wollen wir andere Sachen machen. Aber wenn ihr uns ruft und sagt: „Wir brauchen ein Wu-Album von euch! Wir brauchen ein Wu-Album von euch!“ lässt uns das nach Hause gehen und denken: „Es ist Zeit, ein neues Wu-Album zu machen“ also geben wir es euch.



rap.de: Ghostface, was ist deiner Meinung nach der Grund für eueren Erfolg?

Ghostface: Zuallererst Gott. Gott steht an erster Stelle. Ohne ihn wäre all dies nicht möglich. Für den Erfolg vom Wu-Tang Clan ist außerdem verantwortlich, dass wir wussten, was wir wirklich wollten, und in uns geglaubt haben, in uns und in unsere Musik. Das haben wir von Anfang an getan. Wir wussten von Anfang an, dass wir etwas hatten, das besonders war und das die Welt lieben würde. Wir brachten es raus und es war gut.
rap.de: Worin siehst du die Kraft, die den Wu-Tang Clan zusammen hält?

Ghostface: In Gott. Gott ist alles. Wenn er nicht wäre, wären wir nicht hier, wir könnten dieses Interview nicht führen, du könntest nicht hier vor mir sitzen. Auch Wu-Tang könnte nicht hier sein. Gott hält alles zusammen. Er macht es möglich, dass wir zusammengekommen sind und dass wir immer noch stark sind.
rap.de: An was für einen Gott glaubst du eigentlich? Einen christlichen?

Ghostface: Weißt du, es gibt nur einen Gott, also ist es egal, wie du ihn nennst. Ich bin ein Muslim, Allah ist mein Gott. Aber bevor ich Muslim wurde, war ich auch Christ. Ich bin damit aufgewachsen, in die Kirche zu gehen, wie jeder andere, aber es geht darum, was du entscheidest. Ich weiß trotzdem, dass es nur einen Gott gibt. Er hat 99 Eigenschaften, 99 Namen. Du kannst ihn nennen, wie du willst, aber wir versuchen alle, zum gleichen Gott zu sprechen.
rap.de: Glaubst du nicht, dass die 99 Namen eine Begrenzung sind?

Ghostface: Das ist halt, was sie uns sagen. Er ist alles, man kann ihm jeden Namen geben. Es gibt keine Begrenzung, wenn es um Gott geht. Er ist unendlich.

         
rap.de: Apropos Unendlichkeit: Euer zweites Album hieß „Wu-Tang For Ever“. Glaubst du daran?

Ghostface: Natürlich.

rap.de: Rein musikalisch oder…?

Ghostface: Musikalisch und physisch. Selbst wenn meine physische Existenz, mein Körper weg ist, lebt meine Musik in einem anderen weiter. Verstehst du? Daher ist es ewig.
rap.de: Ja, euer musikalischer Einfluss ist offensichtlich. Wie siehst du die Entwicklung von HipHop? Positiv oder eher negativ?

Ghostface: Es geht in beide Richtungen. Man kann Spaß damit haben, man kann sich aber auch schlecht fühlen, wenn man HipHop hört. Aber es gibt natürlich auch HipHop, der zu gewalttätig ist und der richtig schlimm ist, weil er Menschen dazu veranlasst, schlimme Sachen zu tun. Er kann sie so weit führen, dass sie keinen Fick mehr auf irgendetwas geben. Es ist also zweiseitig. Entscheidend ist, in welchem Gemütszustand du gerade bist.

rap.de: Was sagst du zu den beliebten Themen Drogen und Gewalt in der Rapmusik?

Ghostface: Das ist halt das, was zurzeit in der Welt abgeht. Die Menschen reden über das, was sie sehen. Ich habe die Drogen nicht in die Welt gebracht oder in mein Land und auch die Waffen nicht. Das ganze ist größer als nur Rapmusik. Wenn Drogen nie in unsere Community gekommen wären, würden wir über etwas anderes sprechen. Und es gäbe viel weniger Gewalt auf der Welt. Denn Drogen lassen Menschen Dinge tun. Wenn du Drogen hast, heißt das, du kriegst Geld. Und das führt zu viel Gewalt, verstehst du. „Ich will dich ausrauben, ich will dich töten, ich will dich für deine Goldkette töten, ich will dich für dein Auto töten!“ Jeder will Geld haben. Und so kommt es, dass jetzt plötzlich jeder Drogen verkauft und dass es jetzt Menschen gibt, die das meiste Geld wollen. „Ich will dieses Gebäude haben, ich will dieses Crackhaus haben, da ich da das meiste Geld mache.“ Dahin führt das und das geht irgendwann zu weit. Es ist größer als Musik. Unser Präsident, unsere Regierung ist böse. Sie lassen alle dies geschehen, damit ihr Business läuft.

rap.de: Das ist wahr. Hast du irgendeine letzte Botschaft für die Leser?

Ghostface: Die Welt sollte versuchen, näher an Gott kommen. Fangt an, mehr zu beten! Bittet um Vergebung! Versucht eine engere Beziehung zu Gott zu schaffen. Nehmt Abstand von der Welt der Begierde. Das ist nicht die wahre Welt. Man muss es versuchen ohne Böses zu tun. Ich glaube, das hier ist ein Test. Aber fall dem ganzen nicht zum Opfer, denn es wird dir lange schmerzen. Ich weiß, dass es schwierig sein wird, da wir jeden Tag vor die Versuchung gestellt werden. Habgier, Begierde und Neid. All die Illusionen, verstehst du: „Ich will dieses Auto, ich will dies und jenes!“ Versuche, dich zurück zu lehnen und die Sachen als das zu verstehen, was sie sind und nicht als das, was sie zu sein scheinen. Ich denke, es würde besser klappen, wenn wir immer Gott an erste Stelle setzten, weil du ihm so zeigst, dass du ihn liebst. Denn er hat dich geschaffen. Wir sagen nie danke dafür, oder beten vor dem Essen, oder danken dem Himmel, wenn wir morgens aufwachen, oder danken, wenn wir über die Straße gehen, ohne von einem Auto überfahren zu werden. Wir überspringen all diese kleinen Dinge, wir halten nie inne und sagen: „Danke, Gott!“. Der einzige Zeitpunkt, wenn wir innehalten, ist, wenn wir scheißen gehen. Man sollte einfach mal eine Pause machen, spazieren gehen oder so. Aber man macht das nie. Wir übersehen die kleinen Dinge. Aber du rufst ihn, wenn du verletzt wirst, wenn du ins Gefängnis musst, wenn jemand stirbt oder dich einer töten will. Dann rufen wir „Oh, Gott, bitte nicht!“ Denkst du, er sollte dir dann antworten? Wenn du an keinem einzigen Tag in deinem Leben zu ihm gesprochen hast? Er hat viel zu viele andere Menschen auf seiner Liste. Er wird dich nicht beachten. Daher ist es gut, eine Beziehung mit ihm zu haben. Es ist wie, wenn du nie zuvor mit mir gesprochen hast und plötzlich Geld von mir leihen willst. Ich würde sagen: „Hell no!“ Aber wenn wir uns nahe sind und eine Beziehung zueinander haben, ist es kein Problem. So sollten wir es auch mit Gott halten.