HipHop besteht seit rund 30, die Nation of Gods & Earths (kurz: 5% Nation; s. auch www.rap.de/features/526) seit ziemlich genau 42 Jahren. Beide haben ihren Ursprung in der Süd-Bronx, New York City. Beide sprechen zuallererst die Jugend an. Dass es dabei zu Verflechtungen kommt, liegt auf der Hand. Doch als in den 1970ern immer mehr Jugendliche den Gangs den Rücken zukehrten, wandten sie sich nicht der 5% Nation, sondern mehrheitlich HipHop zu. Nichtsdestotrotz behielten die Five Percenter bei HipHop einen Stein im Brett: The World Famous Supreme Team, Rakim, Lakim Shabazz, Big Daddy Kane, King Sun, Poor Righteous Teachers, Brand Nubian, Wu-Tang Clan sind allesamt Teil der 5% Nation. Viele andere wurden zumindest von ihr beeinflusst, wie z.B. Nas und Busta Rhymes. „Word!“, „Peace“, „Drop The bomb“, „Droppin’ Science“, „Do The Knowledge“ – all diese Redensarten haben ihren Ursprung in der 5% Nation. Trotz alledem brauchte es bis in das Jahr 2006 bis auch das erste wirklich strikte Five Percenter-Album aufgenommen werden sollte, und zwar von Brand Nubian-Member Lord Jamar. Dieser veröffentlichte am 27. Juni sein Solodebüt: „The 5% Album“, das ab dem 14. Juli auch hierzulande erhältlich sein soll.
Doch wie KRS One schon 1992 kritisierte, als die Popularität der 5% Nation im HipHop ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte, genügt es nicht, nur Clarence 13X, den Gründer der 5% Nation, zu studieren. Für Antworten auf Fragen nach den Ursachen von Rassismus und wie man ihn bewältigen kann, braucht es weiter Malcolm X, Martin Luther King, Angela Davis, Huey P. Newton u.a. – oder als Crashkurs Michael Moores Kapitel „Los, killt die Weißen!“ („Stupid White Man“).
In folgendem Interview erzählt Lord Jamar von seinem persönlichen Verhältnis zur 5% Nation, sowie über ihren Wandel; äußert er sich zu „The Source“, beantwortet die „zwingende“ Frage nach today’s mathematics und stellt natürlich sein Album vor.
rap.de: Würde es dir was ausmachen, ein wenig über deine Familiengeschichte zu erzählen? Allein dein bürgerlicher Name klingt ja schon ziemlich international.
LJ: Okay, mein Name ist Lorenzo DeChalus. Dechalus ist eigentlich ein französischer Name. Familieninternen Gerüchten zufolge war einer unserer Vorfahren aus Frankreich. Ich weiß nicht, ob dieser Mann weiß oder schwarz war. Aber er war ein französischer Adliger, weißt du. Da drüben ist es ja so, wenn man ein „de“ als Präfix vor seinem Namen hat, dann bedeutet das, man ist adlig oder königlich oder so was, okay!? Und unser Name buchstabiert sich D-e-C-h-a-l-u-s. Aber dieser Mann jedenfalls hat angeblich dann aus Frankreich fliehen müssen, während irgendeines Krieges oder so `ner Scheiße. Er ging nach Französisch-Guayana, und von da stammt meine Familie väterlicherseits. Über die Familie meiner Mutter weiß ich nicht sehr viel. Von Französisch-Guayana kamen wir dann nach Amerika. Mir wurde von manchen Leuten auch schon gesagt, ich würde irgendwie asiatisch aussehen (lacht), keine Ahnung wie man darauf kommt! Vielleicht wegen meiner Augen.
rap.de: Heißt es nicht auch in den Lessons der Five Percenter: the Asiatic Black Man (lacht)?
LJ: Okay (lacht), da hast Du es (lacht)!
rap.de: Wann und wie bist du erstmals mit der Nation of Gods & Earths in Kontakt gekommen?
LJ: Wann und wie, okay! Also als ich zum ersten Mal von der Nation hörte, wusste ich noch gar nicht, was sie war! Ich hörte damals immer eine Underground-Radio-Show namens „The Supreme Team“, die einmal die Woche auf Sendung ging. Jedenfalls stellte sich heraus, dass die beiden Typen, die die Sendung machten in der Nation of Gods & Earths waren! Aber da wusste ich noch nicht, was das bedeutete…
rap.de: Und wann war das?
LJ: Das war so um 1981, würd’ ich sagen. Ich wusste also nicht, worum es da ging, aber ich wusste, dass ich ihre Musik liebte (lacht), verstehst du!? Die beiden waren auch DJ’s und bald machten sie ihre eigenen Songs. In ihren Songs kamen dann Mathematics und so vor und ich liebte ihren Kram einfach! Ich sang mit: „Knowledge, Wisdom, Understanding“, ohne zu wissen, was das eigentlich bedeutete! Aber ich wurde von ihren Worten buchstäblich angezogen, sie weckten meine Aufmerksamkeit. Etwa zur selben Zeit traf ich dann einen Typ namens Barkim. Er kam gerade aus dem Knast und arbeitete als Sicherheitsmann in der Mall in New Rochelle, Long Island, wo ich damals wohnte. Die Mall war, wie heute auch, der Treffpunkt der Kids, um auszuhängen und nach Mädels zu schauen. Da hing ich also ab. Ich schätze, ich bin Barkim dann irgendwann aufgefallen, denn er fing an, mich zur Seite zu nehmen und Sachen zu sagen wie: „Hey, junger Bruder! Wusstest Du schon, dass Du von einem großartigen Volk stammst?“ Er fing an, mir Sachen über Schweinefleisch und dies und das zu erzählen, Schritt für Schritt, verstehst Du!? Bald zeigte sich, dass er ein God war. Doch weil es damals noch keine Gods in New Rochelle gab, hielt er sich an die Nation of Islam. Er lud mich dann ein, mit zu einem der Tempel Nr. 7 in Brooklyn zu kommen. Ich sage einem der Tempel, weil es verschiedene Tempel Nr. 7 gab. Es gab Tempel Nr. 7 a, b, c, d und so weiter, aber das wissen viele nicht. Aber egal, irgendwann stand auf der Tagesordnung, nach Long Island zu gehen, weil Jesse Jackson gerade für die Präsidentschaft kandidierte und dort Wahlkampf machte. Erinnerst du dich daran?
rap.de: Na ja, ich habe davon gehört.
LJ: Das war Anfang der 80er. Jesse Jackson kandidierte für die Präsidentschaft und Farrakhan unterstützte ihn dabei. Also gingen wir zu der Veranstaltung in Long Island. Farrakhan und alle waren da, das war eine große Sache. Das war das erste Mal, dass ich bei so was mitmachte. Aber: sie alle trugen Anzüge und Fliegen und das war nichts für mich. Meine Mutter war Zeugin Jehovas und ich wuchs damit auf, zur Kirche zu gehen. Also sprach mich der Kleidungsstil der Nation of Islam nicht an. Was mich aber ansprach, war ihr Wissen! Ich distanzierte mich also etwas von Barkim. Und etwa ein Jahr später, so um 1983, würd’ ich sagen, traf ich einen Bruder namens True King, der gerade von Queens nach New Rochelle gezogen war. True King war in der Nation of Gods & Earths. Ihn lernte ich zuerst durch irgendeinen HipHop-Scheiß kennen. Aber als wir uns dann länger unterhielten, fing er an, to build with me und auch ich sagte ihm, was ich bereits wusste. Er meinte: „Du hast ja schon ne Menge Knowledge! An meiner Seite kannst du noch weiterkommen! Allerdings musst du ein paar Regeln beachten. Du wirst z.B. kein Schweinefleisch mehr essen dürfen.“ Dabei hatte ich schon aufgehört, Schweinefleisch zu essen, als ich Barkim traf! Also sagte ich: „Ich esse schon lange kein Schwein mehr!“ Verstehst du, was ich meine!? Jedenfalls we just started building. Ich entwickelte mich gut und hatte bald meine eigenen Schüler und so. Von da nahm alles seinen Lauf. Ich erhielt mein Wissen in New Rochelle als es dort kaum Leute mit Knowledge gab. Dadurch wurde ich zu einem der Brüder, die dafür sorgten, die Nation in New Rochelle bekannt zu machen. Als ich dann jemand war, zu dem man aufsah, auch weil ich DJ und sozusagen ein wilder Typ war, da zog ich die Leute buchstäblich an, verstehst Du!?
rap.de: Wie alt warst du zu der Zeit?
LJ: Scheiße, ich war so 14, 15 als ich zur Nation kam. Die 120 Degrees habe ich wohl erreicht, da war ich 17. Die 120, 240 und 360 Degrees erreicht man, indem man sie studiert, verstehst du!? Die Lehrer vermitteln dir das Wissen nach und nach. Du erhältst die Mathematics, und wenn du die hast, geht es weiter mit den Alphabets. Dann bekommst du die 12 Jewels, dann die 1 bis 10 (The Student Enrollment), die 1 bis 36 (English Lesson No. C-1), die 1 bis 14 (The Lost & Found Muslim Lesson No.1), die 1 bis 40 (The Lost & Found Muslim Lesson No.2) und schließlich die Actual Facts und Solar Facts. Die 120 Grad zu erreichen, heißt alle Lessons zu kennen. Doch sobald man anfängt zu studieren, wird man reicher an Wissen, verstehst du!?
rap.de: Nachdem ich nun sowohl mit Wise Intelligent als auch mit dir gesprochen habe, ist mein Eindruck, dass du eher den kulturellen Aspekt der Five Percenter repräsentierst, während Wise mehr um den politischen Teil bemüht ist. Was würdest du sagen?
LJ: Hm… Also ich denke, dass auch ich die politischen Seiten repräsentiere. Es ist nur so, dass die meisten Leute wegen des kulturellen Teils auf mich zukommen, weißt du, was ich meine!? Ich glaube, ich werde halt hauptsächlich darauf angesprochen. Es hängt auch davon ab, was Du unter „Politik“ verstehst! Das kann verschiedenes bedeuten, verstehst du!?
rap.de: Okay, ich dachte dabei insbesondere an Wise Intelligents soziales Engagement im Rahmen seiner Non-profit-Organisation Intelligent Muzik Pro oder an seinen Song „A Genocide“ (s. „SOUND & VIDEO“).
LJ: Okay, aber ich mache doch auch Songs, wie „Love vs. Hate“, weißt du, was ich meine (lacht)!? Ich behandle insbesondere die Politik des Unterdrückers gegen den Unterdrückten. Ich denke, das tue ich viel. Es geht mir nicht ausschließlich um die 5% Nation. Sie ist zwar mein Fundament, das es mir ermöglicht, das Leben von einer klareren Perspektive aus zu betrachten, verstehst Du, was ich meine!? Aber ich nehme stets jedes neue Wissen in mich auf! Ich bemühe mich, mitzubekommen, was weltweit politisch vor sich geht.
rap.de: Interessant, dass du das ansprichst, denn vor kurzem interviewte ich Brother J, der in Kürze ein neues XClan-Album veröffentlichen wird. Er wies einerseits darauf hin, wie wichtig und nützlich die Science der 5% Nation ist, erklärte aber auch, dass die 5% Nation nicht für lange Mitgliedschaften bestimmt sei. Wie denkst du über diese Aussage?
LJ: Ich kenne einige Leute, die sehen das so nach dem Motto: „Okay, als ich jünger war, hatte ich mal damit zu tun, aber heute bin ich erwachsen und mache was anderes, Metaphysik…“ oder was weiß ich, aber die waren meiner Meinung nach von Anfang an nicht richtig bei der Sache. Ich stimme mit Brother J’s Aussage also nicht überein. Ich meine, ich bin 37 Jahre alt, ich verfüge über dieses Wissen seit ich 15 war und bin immer noch in der Nation! Wenn man es also ernst meint, wenn man in die Nation eintritt, dann bleibt man auch dabei. Trittst du aber bloß ein, um Schutz zu erlangen… Denn viele der Gods waren damals ziemlich stark, noch dazu waren wir sehr zahlreich, verstehst du!? Hattest du also ein Problem mit einem God, dann hattest du ein Problem mit uns allen! Davon fühlten sich viele angezogen… Manche glaubten sogar, einer Gang beizutreten! Dieses Vorurteil, wir seien eine Gang, versuchen wir immer noch auszulöschen. Doch viele Leute sind nur in der Absicht, sich einer vermeintlichen Gang anzuschließen, beigetreten, verstehst du!? Von dem Zeitpunkt, an dem sie sie nicht mehr brauchen, weil sie zu Männern geworden sind und keine Angst mehr zu haben brauchen auf der Straße angegriffen zu werden und so ’ne Scheiße, wollen sie plötzlich nichts mehr mit der 5% Nation zu tun haben! Aber ich kenne sehr viele Leute, die in der 5% Nation aufgewachsen sind und immer noch dabei sind. Ich muss mich also damit abfinden, in diesem Punkt nicht einer Meinung mit Brother J zu sein – und trotzdem ist er immer noch mein Bruder, den ich nichtsdestotrotz liebe.
rap.de: Was würdest Du sagen, ist der Unterschied zwischen der 5% Nation der 80er Jahre und heute?
LJ: Ich glaube, in den 80ern waren wir deutlich präsenter, sowohl in den Medien als auch auf der Straße. Zum Beispiel trugen damals viel mehr Gods als heute ihre Kronen in der Öffentlichkeit. Eine Krone ist so was ähnliches, wie ein Kufi, den die Moslems tragen, nur dass an unseren Troddeln herunterhängen. Verstehst Du, sogar im ästhetischen Sinne waren wir stärker repräsentiert als heute. Heute gibt es Götter, die man als solche gar nicht mehr erkennt, erst dann wenn man mit ihnen spricht, was vielleicht nicht so gut ist. Es hat beides seine Vor- und Nachteile! Man will ja auch nicht immer sein Wissen offen mit sich herumtragen, verstehst Du!? Auch HipHop-mäßig waren wir stärker repräsentiert. Außerdem glaube ich, waren die Brüder, die damals über Wissen verfügten, „härtere“ Typen (lacht), verstehst Du, was ich meine!? Von dieser Sorte habe ich damals viele gesehen. Heute fühlen sich mehr Akademiker als damals von der 5% Nation angezogen, während es damals umgekehrt so war, dass der Thug erst durch die 5% Nation Zugang zu akademischen Dingen bekam, verstehst Du, was ich meine!? Wir hatten sowohl einen physischen als auch einen geistlichen Strang in der Nation. Das sind ein paar der Unterschiede, die ich zwischen den 80ern und heute sehe.
rap.de: Es ist merkwürdig, dass die 5% Nation einerseits in den 80ern sichtbarer war, aber andererseits Leute, wie Rakim und Just-Ice, es ablehnten sich in der Öffentlichkeit zur 5% Nation zu äußern. Einige HipHop-Journalisten damals bezeichneten die 5% Nation schon als die Freimaurer des HipHop. Was ist passiert, dass heutzutage, vielleicht seit Wu-Tang, so freimütig über die 5% Nation gesprochen wird?
LJ: Also ich würde ja sagen, dass sich das seit Brand Nubian geändert hat (lacht). Damals gab es… Ich will nicht von „Paranoia“ sprechen, aber damals war die 5% Nation sehr stark behütet. Man war sehr bedacht, sie zu schützen, verstehst du!? Schließlich verfügen wir über Jewels (Weisheiten, Wissensschätze; Anm. d. Verf.)! Man will ja nicht jedem x-beliebigen seine Schätze unter die Nase binden. Selbst heute, die Sachen, die ich auf mein Album gepackt habe, sind zwar tiefgründiger als es alles vorher da gewesene, aber dennoch gebe ich nicht alles preis, verstehst du!? Ich gebe euch eine Basis, ein Basiswissen. Ich gewähre euch einen gewissen Einblick, aber ich weihe euch nicht gänzlich ein, denn dafür muss man sich würdig erweisen, verstehst du!? Und ich bin sicher, dass vielen Göttern damals beigebracht worden war, über gewisse Dinge nicht zu sprechen… Aber im Laufe der Zeit, glaube ich, haben viele Leute erkannt, dass wir möglicherweise zu behutsam mit manchen Dingen umgegangen sind. Civilize the uncivilized, heißt es bei uns, also muss man den Menschen auch einen Zugang zur Nation verschaffen. Außerdem denke ich, dass viele Brüder durch ihre Musik die 5% Nation bekannter machten, und sich dadurch die Meinungen änderten. Man sah, dass gewisse Dinge offen ausgesprochen wurden, ohne dass die Nation dadurch zerstört worden wäre oder so. Diese Behutsamkeit hat sich also etwas gelegt.
rap.de: Hast du schon Rückmeldung bekommen von der 5% Nation, bzw. wird es über dich auch einen Artikel in der Zeitung der Five Percenter geben?
LJ: Yeah, bis jetzt trifft es auf gute Resonanz. Und einen Artikel wird es auch geben. Ich schätze um die Zeit, in der mein Album raus kommt. Erst vor zwei Tagen habe ich mit dem Bruder Dasun Allah, der auch für „The Source“ schreibt, gesprochen. Innerhalb der nächsten Tage werden wir ein Interview für die Five Percenter-Zeitung führen.
rap.de: Er schreibt auch für „The Source“, hast du gesagt?
LJ: Ja, er war Chefredakteur bevor diese verrückte Scheiße losging. Aber ja, das ist mein Mann. (Im September trat Dasun Allah die Nachfolge von Joshua „Fahiym“ Ratcliffe an. Im Oktober wurde David Blanks, wie Dasuns bürgerlicher Name lautet, angeklagt, weil er zuvor ein Gebäude der Zeugen Jehovas in Harlem, New York, mit Farbe besprüht hatte. Daraufhin musste er im Januar seinen Posten als Chefredakteur wieder räumen. Darüber hinaus wurde er am 24. Mai zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, nachdem er laut Anklage im Januar in Harlem mit einer mit Kies gefüllten Tasche ohne erkennbares Motiv auf zwei Passanten eingeschlagen haben soll; Anm. d. Verf.).
rap.de: Ich wusste nicht, dass ein Five Percenter Chefredakteur der „Source“ war…
LJ: Genauso sieht’s aus! Es gibt viele Five Percenter in Positionen, von denen niemand weiß! Trotzdem sind sie in Machtpositionen, weil wir diejenigen sind, that rise to the top like cream! We the cream that rise to the top and never stop! Wir sind in allen möglichen Genres vertreten! Es gibt Götter, die sind Ärzte oder Rechtsanwälte, nur davon hört man nie! Aber wir haben viele intelligente Leute in der Nation! Filmemacher, Maler, alles mögliche, verstehst du!? Wir sind sehr vielseitig vertreten, aber vielen von uns sieht man halt einfach nicht an, dass sie in der Nation sind!
rap.de: Dein Album heißt „The 5% Album“. Meines Wissens ist es das erste strikte Five Percenter-Album der HipHop-Geschichte.
LJ: Richtig.
rap.de: Was war dein Motiv?
LJ: Nun, ich liebe sowohl meine Nation als auch HipHop. Und beide sind nicht voneinander zu trennen! Trotzdem fand ich immer, dass die 5% Nation doch stets etwas im Hintergrund stand, sogar bei Brand Nubian! Ich wusste, dass sich der Fokus immer noch etwas mehr auf die 5% Nation hätte richten können, mehr als es bisher der Fall war. Mir war also klar, dass es dafür einen Markt gibt, aber auch dass es für mich mit diesem Album einen Platz in der Geschichte gibt, denn so wie ich hat es bis jetzt noch keiner gemacht.
rap.de: Letzten Sommer wurden in einem Artikel über dich noch Wise Intelligent, Rakim und Shabazz the disciple als Gäste für dein Album angekündigt. Jetzt sieht es so aus, als würde keiner von ihnen auf deinem Album zu hören sein, stattdessen aber RZA, GZA, Raekwon, Grand Puba und sogar Dein Sohn Young Lord J…
LJ: Stimmt schon, aber vielleicht kriege ich `Bazz noch aufs Album! Denn `Bazz ist auf jeden Fall mein Mann! Ihn muss ich eigentlich dabei haben, also wird das vielleicht auch noch klappen. Rakim habe ich auch kontaktieren können, und er wollte auch mitmachen, aber wir haben es nicht geschafft, zu koordinieren. Außerdem läuft mir die Zeit davon, um noch neue Songs zu machen. Letztes Jahr hatte ich halt meine Wunschliste von Leuten, die ich dabei haben wollte, und ich habe auch versucht, sie zu verwirklichen. Aber ehrlich gesagt, so wie das Album jetzt ist: selbst wenn ich keine Gäste hätte (lacht), wäre der Scheiß immer noch dope! Aber ich habe z.B. ein paar Götter dabei namens 40 Bandits aus Long Island, die noch keiner kennt! Sie sind zwar nicht bekannt, aber ihr Scheiß ist echt irre. Das sind ein paar aufsteigende Motherfuckers, verstehst du!? Das steht etwa in derselben Tradition, wie die Sache mit Dead Prez und so. Das hier ist der nächste Schritt, verstehst du!? Neue Talente im HipHop zu beleuchten, so was mach ich gerne, weißt du.
rap.de: Was werden RZA & Co. auf dem Album machen. Rappen, produzieren?
LJ: Sie reimen, rappen. Ein Song ist mit Young GZA, GZA’s Sohn, mit Ol’ Dirty’s Sohn und meinem Sohn! Nur die drei auf einem Song! Ich bin gar nicht dabei! Das ist total verrückt (lacht), verstehst du!? Und Young GZA hat auch den Beat gemacht.
rap.de: Das ist interessant.
LJ: Außerdem ist es hot! Okay (lacht)? Der Song heißt „The Young Gods“, verstehst du!?
rap.de: Wie alt sind die denn alle?
LJ: Mein Sohn ist 13. GZA’s Sohn kenne ich, ich würde sagen, er ist ungefähr 15. Ol’ Dirty’s Sohn habe ich noch nicht kennen gelernt, aber ich glaube, er dürfte so um die 17 Jahre alt sein. Sie sind alle im Alter von 13 bis 17. Save the babies! Es geht doch darum, die Kinder zu erreichen, verstehst du!? So hat Father Allah (der Gründervater der 5% Nation, auch bekannt als Clarence 13X, 1928-69; Anm. d. Verf.) auch angefangen. Die Nation of Islam war in der Lage die Älteren zu erreichen. Denn als Father Allah in der Moschee der Nation of Islam war, fiel ihm auf, dass es an jungen Menschen fehlte! Also ging er raus auf die Straße, um die jungen Leute zu erreichen. Und so fing alles an. Die seeds, also die jungen Götter auf der Platte zu haben, ist also ganz in der Tradition der Philosophie von „Save the babies“, weißt du. Der Song mit Puba ist ein weiterer Banger (lacht), verstehst du!? Und um ehrlich zu sein, den Kram mit RZA habe ich noch gar nicht gehört (lacht)! Ich bin aber sicher, dass er heiß wie Feuer sein wird (lacht). Die Typen sind nämlich gerade auf Tour, also mussten sie ihren Teil unterwegs aufnehmen. Wir konnten also gar nicht gemeinsam ins Studio.
rap.de: Aber wie kommt es, dass ausgerechnet Wise Intelligent, neben dir einer der Five Percenter im HipHop, nicht dabei ist?
LJ: Vielleicht klappt das auch noch. Ich habe morgen nämlich eine Show in Trenton, New Jersey, wo Wise Intelligent wohnt. Da werde ich ihn bestimmt treffen. Ich muss ihn nur mal ernsthaft darauf ansprechen, Mann. Neulich erst haben wir gemeinsam ne Show für die Götter in Chicago gegeben. Er ist auf jeden Fall immer am Start, nur wohnen wir so weit auseinander, verstehst du!? Er ist in Trenton, New Jersey, das ist schon fast bei Philadelphia, und ich bin hier in Staten Island. Im Grunde ist auch das nur ne Frage der Koordination, aber vielleicht klappt es ja noch.
rap.de: Wie würdest du dein Album in musikalischer Hinsicht beschreiben?
LJ: Verdammt, wie würde ich das beschreiben!? Es hat viel Soul, ja, aber auf ne ganz bestimmte Weise angewandt. Ich weiß gar nicht, wie ich das erklären soll! Ein paar Songs haben auch `nen Old School-Vibe, wie z.B. „Supreme Mathematics“, wo ich den Beat von „Hoboscratch“ vom Supreme Team und Malcolm McLaren benutzt habe. Erinnerst Du Dich an den Song von Malcolm McLaren und The World Famous Supreme Team? Oder an „Buffalo Gals“ von früher? Na ja, und dieselben Typen, die diesen Song gemacht haben, sind das Supreme Team mit der Radio Show, von der ich anfangs erzählt habe! Die haben dann ein paar Platten gemacht und hatten, ich würde sagen, bestimmt drei ansehnliche Hits! Und „Buffalo Gals“ war einer davon in den 80ern. Ich habe einen ihrer Beats gesamplet und einen neuen Song daraus gemacht. Allerdings habe ich das nicht in der Absicht getan, Old School zu klingen, vielmehr soll es eine Hommage an die Old School-Götter sein, verstehst du!? An die Götter, die mich zuerst auf HipHop aufmerksam gemacht haben, verstehst du!?
rap.de: Und du hast das komplette Album selbst produziert?
LJ: Nein, nein, ich habe auch ein paar andere Produzenten dabei.
rap.de: Und wer sind die?
LJ: Ich natürlich habe den Großteil gemacht. Aber dann ist da noch ein Typ namens Preservation, sowie mein jüngerer Bruder Reality Allah, der einen Joint produziert hat. Reality ist mein jüngster Bruder. Dann ist da noch mein Mann Big Throwback, einer meiner Beat-Schüler. Young GZA. Und ein Typ ist dabei, den ich durch Myspace (lacht) kennen gelernt habe. Er heißt Gensu Dean. Er hat zwei Joints produziert.
rap.de: Wir nähern uns dem Ende des Interviews. In anbetracht deines so strikten Five Percenter-Albums, wieso sollten „Weiße“ dein Album kaufen?
LJ: Sie sollten es kaufen, wenn sie auf guten HipHop stehen. Wenn sie guten HipHop hören wollen, denn es ist ein Album, dass sie vom Anfang bis zum Ende unterhalten wird! Wenn sie mehr über die 5% Nation, oder über Schwarze allgemein, lernen wollen, dann sollten sie sich das Album holen! Aber das war nicht die Idee hinter dem Album, verstehst du!? Die allererste Intention war, dieses Album für die 5% Nation zu machen! Nicht, dass ich mich nicht freuen würde, wenn auch Weiße es haben wollten! Aber das war nicht mein Motiv! Es ist ähnlich rein, wie das erste Album von Brand Nubian. Wir dachten damals nicht daran, Platten für das Radio zu machen oder dies und das und Blabla. Die Sachen, die wir machten, machten wir in der Hoffnung, dass die Leute in unserer Umgebung sie mögen würden. Und ich hoffte, dass es den Göttern gefallen würde und es anerkennen würden und so. Außerdem wollte ich es im Radio laufen hören! Das war mein Ziel, und mein Ziel war sehr bescheiden damals, aber genau deswegen hat es auch so stark eingeschlagen, verstehst du!? Und danach, vielleicht nach „In God We Trust“, haben wir Verschiedenes ausprobiert, um vielleicht auch mehr kommerziellen Erfolg zu haben oder so, verstehst du!? Das brachte uns ab von dem Fokus, mit dem wir ursprünglich überhaupt angefangen hatten! Ich nahm also wieder folgende Haltung an: „Ich werde niemanden um etwas bitten. Aber wenn die Weißen es haben wollen, dann sollen sie es bekommen!“ Aber ich werde niemandem zuliebe ein Blatt vor den Mund nehmen, nur um zu vermeiden jemanden zu nahe zu treten! Ich denke, wer guten HipHop mag und so, der sollte es sich kaufen! Ausgerichtet ist es allerdings auf die Leute der 5% Nation.
rap.de: Okay, schließlich habe ich noch eine letzte Frage…
LJ: Okay.
rap.de: Wie lauten die Mathematics des heutigen Tages, dem 10. März?
LJ: Knowledge (1) und Cipher (0) werden zu Knowledge (1)! Knowledge ist das Fundament aller Dinge, die existieren, genauso wie der schwarze Mann das Fundament seiner universalen Familie ist, genauso wie die Sonne das Fundament unseres Sonnensystems ist und dem Planeten Erde Licht spendet. Auf die gleiche Weise ist der schwarze Mann das Fundament seiner universalen Familie und bringt Wahrheit und Licht zu seinem Volk und seiner Familie. Die Cipher ist der Kreis, der aus 360 Grad besteht. Knowledge besteht aus 120 Grad. Wisdom besteht aus 120 Grad. Und Understanding besteht aus 120 Grad. Insgesamt ergibt das 360 Grad, was die Cipher komplett macht. Es gibt nicht mehr als 360 Grad! Allerdings wird in dieser Welt häufig behauptet, es gäbe weitere sechs Grad, also 366 Grad! Das erklärt die Unzufriedenheit der Menschen, dass sie etwas haben wollen, was nicht existiert, wie z.B. diesen unsichtbaren Gott! Verstehst du, was ich meine!? Deshalb bleiben wir bei den 360 Grad: Knowledge, Wisdom, Understanding, denn wir wissen, dass das der vollständige Kreis ist und es keine weiteren sechs Grad gibt. Verstehst du!? Wenn man also die 1 und die 0 zusammenfügt, führt das direkt zurück zu Knowledge (1 + 0 = 1), was das Fundament ist. Und das sind die Mathematics des heutigen Tages, Bruder!
rap.de: Okay, cool. Das war’s dann auch mit dem Interview!
LJ: Cool, danke.
rap.de: Peace!
LJ: Peace!