Olli Banjo: Rapper, Musiker, Allroundtalent. Der in Köln wohnhafte MC ist seit einiger Zeit bei Headrush unter Vertrag und bringt nach den beiden Alben "Erste Hilfe" und "Shizogenie", sowie dem Feature-Album "Sparring", nun dessen Nachfolger "Sparring 2" an den Start. Viele feiern ihn bereits seit seinem Debütalbum, manche kennen ihn nur vom Hörensagen, doch Banjo wird im Jahr 2006 mehr denn je im Licht der Rap-Öffentlichkeit stehen. Die Featureliste seines neuen Streetalbums ist einmal mehr ein Hinweis auf seine einmaligen Skills und seine Anerkennung bei MCs, deren Namen für den allgemeinen deutschen Rapfan sprichwörtlich wie Musik in den Ohren klingen. Unterstützung bekommt er unter anderem von Sido, Samy Deluxe, Afrob, Curse, Jonesmann, Ercandize, Harris & Bintia, Illmatic,..
Wir trafen uns am Donnerstag, dem 8. Juni, einen Tag vor seinem Releasedate und dem Anpfiff der, auch von Olli Banjo, sehnsüchtig erwarteten Fußball WM in Berlin. rap.de sprach mit einem der wahrscheinlich vielfältigsten deutschen Rapper über Musik, seine Vergangenheit, weitere Pläne und – wie sollte es auch anders sein? Über Fußball, das derzeitig wichtigste Thema der Nation.
rap.de: Zuerst die Standardfrage: Wann bist du das erste Mal mit Rap in Berührung gekommen? Wer hat dich beeinflusst?
Olli Banjo: Rap habe ich erstmalig im Jugendzentrum gehört, als ich ungefähr 11 oder 12 Jahre alt war. Beeinflusst haben mich damals Leute wie Public Enemy oder Eric B & Rakim, das waren so die ersten Sachen, die ich gehört habe. Da hat alles angefangen.
rap.de: Wann kam dir der Gedanke, selbst Musik zu machen? Kannst du ungefähr sagen, wann du angefangen hast professionell zu rappen?
Olli Banjo: Das war eher ein schleppender Prozess. Es kam nicht plötzlich, dass ich gesagt habe: "So, jetzt will ich Musik machen", das hat sich mit der Zeit so entwickelt. Ich wollte erst Profifußballer werden. Hätte ich dafür ein bisschen mehr trainiert, würde ich mich heute vielleicht auf das Spiel morgen vorbereiten (WM-Eröffnungsspiel: Deutschland gegen Costa Rica; Anm. d. Red.) , würde sicher auch ein bisschen mehr Geld haben und müsste nicht mehr mit dem Zug fahren, sondern hätte sicher einen Privatjet oder so. (lacht) Auf jeden Fall, ich habe damals so langsam in der Schule gemerkt, dass das alles nichts für mich ist, mit normalem Beruf und so. Von daher war das wie bei einem Ghettokind aus Amerika, entweder Sport oder Musik. Und ich habe mich für die Musik entschieden. Richtig professionell rappe ich seit ungefähr 8 bis 9 Jahren. Vorher habe ich natürlich auch schon Lyrics geschrieben, die waren aber eben noch ziemlich whack, aber irgendwann steht man natürlich immer am Anfang.
rap.de: Du bist sehr vielfältig und kannst keiner bestimmten Richtung und keinem speziellen Camp zugeordnet werden, hast aber zum Beispiel auf deinen Streetalben viele verschiedene Features. Was muss ein Rapper mitbringen, damit er zu dir passt und ihr einen Track zusammen machen könnte?
Olli Banjo: Er muss auf jeden Fall irgendetwas Freshes an sich haben, nicht unbedingt der Übertechniker sein, sondern ein Character. Ich muss etwas bestimmtes gut finden. Entweder seinen Flow oder seinen Wortwitz oder, wie gesagt, er muss ein Character sein, den man aus einem anderen Grund gut findet. Aber einen genauen Grund kann ich jetzt auch nicht nennen.
rap.de: Wie würdest du deinen eigenen Rapstil beschreiben?
Olli Banjo: Ich achte auf jeden Fall auf coole Flows, ich selbst bin Fan von Leuten, die geil stylen und gut mit Worten umgehen können. Ich schreibe natürlich auch gerne lustige Vergleiche. Mein Style ist nicht unbedingt zu technikverliebt. Ich gehe thematisch in alle Richtungen, alles was mein Leben angeht, darüber schreibe ich.
rap.de: Du giltst als einer der besten deutschen Rapper, dennoch nicht als der große Star. Denkst du, dass du in Zukunft noch kommerziell erfolgreicher sein wirst? Was sind deine Ziele?
Olli Banjo: Es kommt immer darauf an, ab welchen Verkaufszahlen ist man ein "Rapstar"? Das Problem ist immer, dass du halt abhängig von MTV und VIVA bist. Wenn die dein Video spielen, verkaufst du eben nicht mehr wie jetzt, 20.000, sondern 50- oder 60.000. Ich sag mal, mit den Möglichkeiten, die wir als Independent-Label haben, ist das sehr cool, wir holen das Maximum raus. Alles andere, ob man nun Mainstream geht oder nicht, entscheidet man ja nicht selbst, auch nicht der Konsument, sondern die, die dazwischen stehen. Das sind die Medien, wenn die einem eine Chance geben ist das cool, wenn nicht ist es halt ein härterer Weg.
rap.de: Bist du damit bisher zufrieden oder willst du noch mehr?
Olli Banjo: Support von den Mainstream-Medien habe ich bisher noch nicht bekommen. Vielleicht passiert das ja beim nächsten Soloalbum, wenn das Video auch läuft…. Aber es geht ja vielen Leuten so wie mir, dass das Video eben nicht läuft und wenn das der Fall ist verkaufst du eben nicht so riesige Stückzahlen im Bereich von 60- oder 70.000, whatever. Trotzdem habe ich mir eine coole Fanbase aufgebaut, die kaufen mittlerweile meine Platten. Wir haben auch gute Verkaufszahlen, deswegen bin ich schon zufrieden.
rap.de: Deine Streetalben heißen "Sparring". Das Wort beschreibt beim Boxen ein Warm-Up, eine Vorbereitung auf den eigentlichen Kampf. Auch bei dir dürfte man das als Vorgeschmack, Überbrückung, zum neuen Album sehen. Du hast auch sehr viele Featuregäste auf "Sparring" 1 & 2. Bist du die Sache so angegangen, dass du dir gesagt hast: "Ich werde dieses Projekt jetzt experimenteller angehen."? Hast du mehr ausprobiert?
Olli Banjo: Ne, eigentlich ist das genau umgedreht. Wenn man mit anderen Leuten Tracks macht, muss man sich immer in einem gewissen Maß einigen, entweder auf ein Thema oder den Flow usw. Insofern kann man natürlich bessere Experimente machen, wenn man allein eine Platte macht, das geht zumindest mir so. Trotzdem war es cool für mich, weil ich ja normalerweise Soloartist bin und es war ein gutes Gefühl auch einmal in so einem Gruppengefüge zu arbeiten, auch mal darauf zu hören, was ein anderer sagt. Deswegen ist es für mich auch immer cool mit anderen einen Track zu machen.
rap.de: Du hast also in Bezug auf andere Artists schon ein Stück weit ausprobiert, bist aber nicht so weit vom üblichen Olli Banjo Style abgewichen?
Olli Banjo: Ja, es ist auf jeden Fall so, dass man immer versucht auf den anderen einzugehen. und sich auch einmal ein bisschen von einer anderen Seite zu zeigen.
rap.de: Ohne jemanden in den Schatten stellen zu wollen: Welche Features haben dir auf deiner neuen Platte am besten gefallen?
Olli Banjo: Ich bin natürlich stolz auf alle, die auf der Platte sind, aber vor allem der Track mit Samy ist etwas ganz besonderes geworden. Ein absolutes Killerding. Ich bekomme extrem viele Resonanzen, weil er schon auf der Juice-CD war. Die Leute drehen durch auf diesen Track. Darauf bin ich sehr stolz. Aber, wie gesagt, auch auf die anderen Songs bin ich stolz. Mit Jonesmann das Ding ist geil geworden, der Track mit Curse, um nur einige zu nennen.
rap.de: Zu Rap in Deutschland. Interessierst du dich für andere Artists der Szene?
Olli Banjo: Natürlich! Ich bin ein sehr interessierter Mensch aber vieles berührt mich auch nicht. Es gibt schon einige Leute, die ich cool finde. Ich bin allerdings auch nicht so ein übertriebener Plattendigger, dass ich jetzt immer die neuesten Sachen am Start hätte. Wenn jemand einen Geheimtip für mich hat, einen krassen Newcomer oder so, kann er mir das immer gerne sagen. Ich hör mir das gern an.
rap.de: Auf der aktuellen Juice CD #64, hast du einen Track als Seitenhieb gegen Sentino beigetragen. Bleibt es jetzt dabei, oder wird sich in diese Richtung noch mehr entwickeln?
Olli Banjo: Nein, absolut nicht. Die Sache mit Sentino ist jetzt eigentlich kein Beef oder so etwas. Ich hab jetzt auch seine neuen Sachen gehört, er hat ja jetzt auch bei Roman aufgenommen (Roman "Roe Beardie" Preylowski, Produzent und langjähriger Weggefährte von Olli Banjo; Anm. d. Red.). Die Sachen, die ich da gehört habe sind auch echt gut, es gefällt mir jetzt auch wirklich. Ich habe manchen Leuten ja immer vorgeworfen, dass es nicht komplett eigen ist, was sie machen, dass es sich oft sehr an Dipset und so orientiert. Ich muss sagen, seit ich nun die neuen Sachen von Sentino gehört habe, muss ich das auch ein bisschen zurücknehmen. Ich habe ja auch schon auf dem Splash! mit ihm geredet, weil er ja auch schonmal etwas in meine Richtung abgelassen hat, letztendlich ist das gegessen. Von daher gibt es da auch kein böses Blut. Ich habe das Ding gesagt, dazu stehe ich auch, weil ich den Track gegen Samy absolut nicht cool fand, aber ich sehe es auch als mein gutes Recht an, so etwas zu sagen. Das ist auch kein behinderter Diss, es ist einfach ein Statement. Trotzdem, Props für seine neuen Sachen. Dabei bleibt es. Feierabend.
rap.de: In letzter Zeit gingen Gerüchte um, dass beispielsweise ersguterjunge seine Internet-Community aufgestockt haben soll, womit erreicht werden sollte, dass das abgelehnte Saad-Video doch noch gezeigt werden sollte. Manchen Rappern wurde vorgeworfen, Ghostwriter zu haben. Wie stehst du zu diesen angeblichen Marketingstrategien und Gerüchten, die im Rapgeschäft immer häufiger werden?
Olli Banjo: Dazu kann ich nichts sagen. Es ist bekannt, dass viele Leute zum Beispiel ihre Platten selber aufkaufen, davon habe ich schon gehört. Aber ich weiß nicht, ob solche Dinge stimmen oder nicht… Aber Gostwriter… ich weiß nicht. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass irgendein Rapper einen Ghostwriter hat. Im Rap geht es ja darum, dass Du etwas von Dir erzählst, deswegen kann ich mir das nicht vorstellen. Ich weiß es aber nicht.
rap.de: Du ist kein Bravo-Rapper, viele sagen, man könnte dich nur lieben oder hassen. Wie sieht also der durchschnittliche Fan auf einem Banjo-Konzert aus?
Olli Banjo: Der ist auf jeden Fall Open-Minded. Er versteht mich als Artist, ich bin nicht nur Rapper, sondern auch Musiker. Beispielsweise mache ich demnächst noch eine Metall-Platte. Ich kann nicht sagen, ich habe den bestimmten Fan. Nur Gymnasiasten oder nur Hauptschüler, das ist auf jeden Fall gemischt. Ich glaube einfach, Leute, die Bock auf freshen Rap haben, das sind meine Fans. Leute, die auf Flows usw achten. Ganz einfach.
rap.de: Um noch einmal auf deine Metall-Platte zu kommen: Hast du Connections zur Szene aufgebaut, kennst du schon einige Künstler?
Olli Banjo: Ne, noch nicht wirklich. Ich hab zwar eine Single auf "Shizogenie" gemacht, "Wie Ein Schuss", auf der ich auch schon mit Gitarren gearbeitet habe. Dafür habe ich auch Props von Leuten aus der Rockszene bekommen. Ich habe zum Beispiel ein bisschen Kontakt mit dem Drummer von den H-Blockx, Steddy,und so weiter. Die haben mir Mails geschrieben, worüber ich mich auch sehr gefreut habe. Es ist aber nicht so, dass ich jetzt einen totalen Kontakt zur Metall- oder Rockszene aufgebaut hätte.
rap.de: Hast du schon eine Band für das Album zusammengestellt?
Olli Banjo: Ne, aber ich spiele ja die Gitarren und den Bass selbst ein. Aber natürlich braucht man auch eine Liveband, die das umsetzt, die habe ich aber noch nicht. Ich kann ja aber hier bei euch den ersten Aufruf starten: Wenn Leute Gitarre spielen, Bass, Schlagzeug, jung sind und Bock haben auf die Musik, bewerbt euch einfach. Ihr müsst natürlich auch etwas von dem HipHop Flavour mitbringen, cool drauf sein. Schreibt einfach an office@headrush.de, schreibt mir Mails, schickt natürlich Fotos mit, ein kleines Demo. Bevor ihr euch verseht, seid ihr bei mir in der Band, ganz einfach.
rap.de: Zwei deiner bekanntestenTracks heißen "Polizei" und "Deutschland". Wie stehst du zu dem Land, in dem du lebst und welche Erfahrungen hast du bisher mit der Polizei gemacht?
Olli Banjo: (rappt) "Ich mag Deutschland, ich liebe Sauerkraut und Jägerschnitzel, aber warum reimt sich Jägerschnitzel auf Negerwitze?" Das ist aus einem neuen Track, dem Intro zu "Sparring 2". Das sagt natürlich alles über Deutschland aus. Ich liebe es, aber es hat auch seine Schattenseiten, aber natürlich bin ich morgen, wenn die spielen 100%ig für Deutschland und wünsch mir auch, dass sie Weltmeister werden. Mit der Polizei habe ich, vor allem wegen meiner Hautfarbe, immer mehr Probleme gehabt, als beispielsweise der "typische Deutsche". Man muss eben öfter seinen Ausweis zeigen usw, es ist nicht so, dass ich jedes mal rausgezogen werde, aber es ist schon auffällig, dass man sich immer ausweisen muss, wenn man in einer fremden Stadt am Bahnhof ankommt. Man wird auf Drogen untersucht, muss sich dumme Sprüche anhören, insofern mussten die einfach mit einem solchen Track rechnen. Das haben die auch voll verdient.
rap.de: In der Wicked hast du vor 3 Jahren gesagt, dass du deinen Zustand als "psychisch labil" ansiehst. Wie steht es heute um dich?
Olli Banjo: Ich habe eben früher viel gefeiert, viel gekifft, auch mal Ecstasy und Pillen geschmissen. Ich sag mal, es gibt schlimmeres, ich bin jetzt nicht hängengeblieben auf dem Zeug, sonst würde ich wahrscheinlich jetzt nicht hier sitzen, aber ich hatte schon meine Probleme. Insofern hatte ich schon kleine Fehler, ich bin jetzt aber relativ stabil, it’s all good. Ich bin mit Sicherheit kein Psycho, der irgendwie nachts mit einem Messer durch die Gegend rennt oder so.
rap.de: Morgen beginnt die Fußball WM, du hast schon gesagt, du wirst Deutschland die Daumen drücken. Wer ist dein Favorit?
Olli Banjo: Natürlich Brasilien. Die haben die stärkste Mannschaft, eigentlich können die nur gewinnen. Aber Geheimtip ist Tschechien, die sind ja eh jedes mal Geheimtip. Holland könnte natürlich passieren, was in Deutschland keiner will. Frankreich, die haben auch immernoch ein gutes Team mit guten Leuten, da hat es jetzt aber länger nicht mehr geglappt, mal schauen. Italien jetzt wohl nicht mehr, obwohl die eine super Mannschaft haben, aber die haben zu viel Stress im eigenen Land. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt.
rap.de: Was darf man in Zukunft musikalisch noch von dir erwarten?
Olli Banjo: Vor allem arbeite ich natürlich gerade an meinem Soloalbum. Ich habe jetzt auch mit den Arbeiten zu meinem Metall/Rock Album begonnen. Es wird höchstwahrscheinlich ein Kollabo-Album mit Jonesmann geben und Ende des Jahres werde ich ein Projekt mit Xavier Naidoo, Cassandra Steen, Danny Fresh und Patrick Nuo machen. Das sind alles Leute, die an Gott glauben, zu denen ich auch gehöre. Deswegen machen wir eine Platte zusammen. Ich habe zur Zeit wirklich sehr viel zu tun. Den aktuellen Fortschritt kann man immer auf meiner Homepage checken. 2006 ist für mich auf jeden Fall ausgefüllt.
rap.de: Gibt es abschließend noch etwas, dass du den Lesern sagen möchtest?
Olli Banjo: Oh ja! Die Leute sollen sich nicht wundern, dass hinten auf der CD der Track 19 mit Curse nicht aufgeführt ist. Ich weiß nicht, wie das passieren konnte, ich habe mich tierisch aufgeregt. Auch innen steht der Track mit auf der Liste und ist natürlich auf der Platte drauf. Nicht, dass jemand denkt, der wäre nicht dabei. Leute, der Track mit Curse ist drauf! Einer der besten Tracks des Abums. Punkt.