Interview mit Kobito

rap.de: Inwieweit kann Rap zu einer Veränderung beitragen? Denkst du, dass du mit deinem Album deine Message verbreitest oder hören dir sowieso nur Leute zu, die ohnehin deiner Meinung sind?

Kobito: Also, ehrlich gesagt bin ich nicht missionarisch unterwegs. Ich mache Songs, auf die ich selbst gewartet habe. Ich versuche zu machen, was mir fehlt. Ich wollte zum Beispiel endlich mal begründen, warum ich meinen Freundeskreis toll finde. Nicht immer nur sagen, meine Leute sind die besten, weil ihr seid halt meine Leute. Ich wollte ganz konkret machen, was meine Leute vom Mainstream unterscheidet. Wenn ich in der Uni Leute kennenlerne, bin ich ehrlich gesagt oft ziemlich distanziert. Nach dem dritten Mensa-Gespräch denke ich, joah, reicht auch, wenn wir uns „hallo“ sagen. Ich muss nicht mit euch abhängen. Obwohl ich überhaupt kein Menschenfeind bin, aber mit ganz vielen Leuten komme ich nicht klar. Da bin ich lieber in meinem kleine Kreis.

rap.de: Ist das ein ideologisches Problem, das du mit denen hast?

Kobito: Nee, es ist nicht so einfach. Sagen wir mal, ich wäre im Matrix tanzen. Da hängen halt Leute rum, wo ich aus meiner Lebenserfahrung weiß, wenn ich mit euch über gewisse Themen labern würde, dann würdet ihr so einen Scheiß vom Stapel lassen. Natürlich sind das auch Vorurteile. Aber das meine ich, das passiert in der Uni. Nach dem dritten Gespräch kommt man vielleicht auch mal auf persönliche Sachen, auf Einstellungsfragen, und dann merke ich halt, okay, wir sind einfach nicht so kompatibel. Und natürlich geht es da auch um Politik. Das meine ich nicht so Chefideologen-mäßig, „Oh mein Gott, du hast das falsche Wort benutzt! Ich stehe auf und gehe!„, sondern wirklich vom Herz. Dass ich denke, wo liegt denn eure Toleranzschwelle, was findet ihr dumm, was findet ihr eklig? Klar, auch was für ’ne Worte benutzt ihr, aber vor allem einstellungsmäßig bin ich oft nicht kompatibel und denke mir, ich suche keine neuen Freunde.

rap.de: No new friends. Das bezieht sich auch auf Rap, oder? Ihr habt euren Kreis und sucht nicht notwenig nach Kontakt zu anderen Crews.

Kobito: Leider ist es wirklich ein kleiner Kreis und der ist nicht so durchlässig. Manchmal wird einem das als Intoleranz ausgelegt. Aber das ist wirklich eine Herzensangelegenheit. Ich will nicht jemand auf meinem Album haben, der nachher auf die Bühne geht und sagt… keine Ahnung, den üblichen Bullshit halt. Ich sage nicht, so etwas darf nicht stattfinden, aber auf meiner eigenen Releaseparty würde es mich einfach richtig krass ärgern. Deshalb ist das schwierig. Wenn man jetzt mal so, Hand aufs Herz, in die Rapszene guckt, da gibt es viel zu wenig. Aber es gibt schon ein paar Leute, die ich auf dem Schirm habe. Amewu, Chefket… bei wem ich es immer schade finde, dass er manchmal so einen Unsinn redet, ist MoTrip. Der hat so schöne Songs, „Feder im Wind“ ist unfassbar gut.

rap.de: Und er hat den einzigen NSA-Song in Deutschland gemacht.

Kobito: Stimmt, den habe ich aber noch gar nicht gehört. Da war ich noch in der Produktionsphase. Ansonsten, Hiob finde ich schon seit Jahren krass. Und der macht zum Beispiel was ganz anderes. Aber in dem was er tut, und so geschlossen, wie seine total antik anmutenden Geschichten sind, das feiere ich seit Jahren sehr. Ich mag auch die Beats, auf die Rick Ross rappt. Ich feiere jemanden nicht nicht, weil er meine Einstellung nicht teilt. Ich kann immer noch sagen, der oder die macht das total gut. Damit ich aber als Kobito sage, das feiere ich richtig, checkt das mal ab, dafür muss schon viel stimmen. Marteria finde ich auch ziemlich cool, wobei ich seinen Auftritt in der „Aspekte„-Sendung enttäuschend fand, weil er sich da so flach gemacht hat. Das fand ich schade, denn „Kids“ finde ich einen richtig geilen Song. „Bengalische Tiger“ fand ich als Song nicht so cool, dachte mir aber, okay, fühlt sich ja fast an wie Zeckenrap.

rap.de: Womit bist du eigentlich sozialisiert? Du hast ja eine Curse-Referenz auf dem Album.

Kobito: Ich habe auch ein Cora E-Zitat auf dem Album. Aber gerade bei Cora E müsste ich lügen. „Schlüsselkind“ habe ich schon gehört, aber dafür bin ich ein bisschen zu jung. Aber Curse, auf jeden Fall. „Feuerwasser„, das erste Album, da war ich 14. Und „Blauer Samt“ war übertrieben für mich. Ist bis heute eins der krassesten Deutschrap-Album. „In deinen Armen„, Alter, was für ’ne Story. Freundeskreis, „Quadratur des Kreises“ hab ich auch viel gehört. Aber als ich so 16 wurde, habe ich sehr viel Kool Savas und MOR gehört. Wie für alle anderen Jugendlichen damals war das am besten geeignet, um meine Mutter zu schockieren. Ich hab meiner Mutter irgendwann mal die Kopfhörer mit „Pimplegionär“ in die Ohren gesteckt. Ich wollte eigentlich, dass sie voll ausrastet, aber sie hat mir die Kopfhörer ganz ruhig zurückgegeben und meinte nur „Den sollte man erschießen!“ und ist gegangen. (Gelächter) Ich war natürlich enttäuscht. Ab 2004 habe ich dann sehr viel V-Mann gehört, die ganzen Funkviertel-Sachen. Auf das neue Damion Davis-Album bin ich auch sehr gespannt.

rap.de: Sonst noch was?

Kobito: Ich bin sehr gespannt, was mit dem Album passiert. Es ist die bisher rundeste Sache von mir. Die beste Beschreibung, wie ich mir Mucke vorstelle. Das erste Album von mir, das ich selber hören kann. Ich hoffe, dass es ein paar Ohren findet, weil ich finde, dass wir auch skillmäßig und produzententechnisch gewachsen sind. Das muss sich defintiv nicht mehr verstecken, das ist kein quatschiger Polit-Rap.