Mortis stammt aus dem Harz, hat sich nun nach Zwischenstopp in Hannover, wo er erste Schritte in der Musikszene machte, in Berlin niedergelassen und sich als Mortis One in der Underground-Rap- und Beatmaker-Szene einen Namen gemacht. Das „One“ hat er inzwischen gestrichen und – noch viel wichtiger – beim reanimierten Showdown Records seinen ersten Deal unterschrieben. Dort ist soeben seine EP „Der goldene Käfig“ (hier bestellen) erschienen, über die wir uns mit dem Rapper und Produzenten unterhalten haben.
rap.de: Was genau ist dein goldener Käfig?
Mortis: Mein goldener Käfig ist das Leben, dass ich mir vor ca. zehn Jahren ausgesucht habe, bzw. welches auf mich eingeprasselt ist. Dieses Künstlerding, um den Künstlerbegriff mal wieder zu nutzen. Als Künstler ist es für alle anderen von außen immer voll schillernd. Der muss ja das freiste Leben der Welt haben, der macht das, was wir alle nicht machen können. Aber wenn du dich einfach nur der Kunst verschrieben hast, ist es wie ein Käfig, weil du voll eingeengt bist und dich nur in diesem Mikrokosmos bewegen kannst. Denn das ist deine Komfortzone. Man lässt normale soziale Kontakte schleifen, man wird sehr weltfremd, weil man Jahre lang nichts anderes macht als Musik. Ich für meinen Teil hab halt keine sozialen Sportarten, kein soziales Gefüge in dem Sinne, ich habe seit sieben Jahren keinen Fernseher mehr, seit fünfzehn Jahren keine Playstation mehr gespielt. Man grenzt sich dadurch schon ziemlich ab. Ich würde sagen, dass ist mein goldener Käfig, was halt zwischen den Zeilen immer mitschwingt.
rap.de: Deine erste Videoauskopplung aus deiner EP „Der goldene Käfig“ ist „Zuhause“, in welcher es um das Leben in der Kleinstadt, bzw. im dörflichen Umfeld geht. Was genau ist für dich zu Hause? Wo fühlst du dich zu Hause?
Mortis: Man sagt ja so schön: Home is were the heart is – oder dort, wo man seinen Hut hinlegt. Bei mir ist das genau so. Ich kann mich innerhalb von zwei Tagen zuhause fühlen. Also das ist nicht geographisch gebunden. Das hat eher was damit zu tun, wo die Menschen sind, die ich mag und da bin ich zuhause.
rap.de: Bereits 2011 hast du in einem Interview erwähnt, dass du ein Album machen willst, das den Namen „Der Goldene Käfig“ tragen soll. Wie viel ist von der damaligen Idee auf der jetzigen EP vorhanden?
Mortis: Voll viel. Im Endeffekt sollte das Album so heißen. Jedoch ist mir dann aufgefallen, dass es thematisch eher zu diesem einen Kapitel dieser EP passt. Weil das alles Sachen sind, die für mich etwas paranoides und eingesperrtes haben. Obwohl man so viel Freiheit hat, sind all die Themen auf einen Punkt gerichtet. Du bist halt immer in einer Geschichte drin und das finde ich cool und darum hat das für mich da eher gepasst. Bei dem Interview, welches du angesprochen hast habe ich auch meinen Albumtitel dann gefunden. Weil ein Typ da drunter geschrieben hat: „Der Typ hat voll die Hollywoodpsychose, was der sich einbildet.“. „Hollywoodpsychose“ bin ich komplett. Ein Dorfkind kommt in irgend welche großen Städte und macht sich einfach größer als es eigentlich ist. Das Konzept fand ich einfach interessant, wenn du merkst wie sich der Künstler selbst innerhalb einer Platte komplett verändert. Diese ganz Doppelmoral und dass der Künstler permanent arbeitet, während du ihn hörst. Ich glaube, das ist echt interessant.
rap.de: Deine EP klingt sentimental, sehr düster und melancholisch. Du persönlich jedoch wirkst eher wie eine Frohnatur. Wie passt das zusammen?
Mortis: Im Endeffekt ist Musik nur Musik. ’ne EP ist da ein geiles Format, denn du kannst dich auf eine Grundstimmung stürzen, eher als bei einem Album da dieses länger ist und es so ganz schnell langweilig werden kann. Meine gesamte Grundstimmung ist einfach paranoid. Es geht um das paranoide Stadtleben und das was es mit dir macht. Es fängt halt mit dem „Gutmensch“ an, was ja die letzten Jahre meines Lebens rekapituliert. Im Intro hörst du alles, was dich menschlich von mir erwartet. In den anderen Songs dann eher meine Auffassungsgabe. Ich habe das ursprünglich auf irgendwelche Roc Marciano-Beats geschrieben. Dem nach einfach auf dem New York-Straßenfilm und nicht aus der Egoperspektive. Ich finde ein Mensch hat ja viele Facetten und ich habe mir jetzt einfach das Recht genommen etwas paranoides und dunkles zu machen, weil das die Musik ist, die ich am liebsten höre. Ich rede zwar eher von der Kehrseite dieser Medaille des Partylebens und trotzdem gehe ich ja auf diese Partys und lache und bin glücklich. Ich bin aber auch sehr cholerisch und prinzipientreu.
rap.de: Du hast Marteria als Feature dabei. Wie kam es dazu?
Mortis: Marteria war auch eher zufällig im Studio und hat die EP gehört und meinte er will da unbedingt drauf und das ist natürlich auch ne Ehre für mich. Und für „Engelsstaub“ kam Kid Simius, der nebenan sitzt und hat da einfach mal eine Gitarre eingespielt. Ne andere Sideinfo: Bei „Zuhause“ wurden die Backgroundvocals von Damion Davis eingesungen.
rap.de: Wo habt ihr die EP aufgenommen?
Mortis: Aufgenommen haben wir das alles bei Nobody’s Face im Studio. Vorproduziert und aufgenommen habe ich die ersten Skizzen jedoch bei mir zuhause.