Interview mit Evidence (Dilated Peoples)

rap.de: Ihr seid jetzt bei Rhymesayers und nicht mehr länger bei Capitol. Über die habt ihr eure letzten vier Alben releast. Hast du das Gefühl, dass ihr in dieser Zeit, in der ihr über einen Major releast habt, viele Kompromisse eingehen musstet?

Ev: Nein, wir haben nie etwas gemacht was wir nicht machen wollten. Keiner hielt uns eine Knarre an die Schläfe, hat uns zum Mic gedreht und gesagt: „Sag das!„. Keiner hat sowas getan. Es war einfach so, dass kurz bevor ein Album rauskam und wir sagten „Das ist der Song, den wir als Single rausbringen wollen“ sie sagten: „Das wird sich nicht verkaufen„. So ein Scheiß halt. Und dann mussten wir uns streiten und unser Manager musste sich streiten, der Präsident auch und wir waren dann immer so „Nein, wir bleiben dabei“ und die dann so „Ok, wie ihr wollt, aber wir werden dafür nicht so viel Geld ausgeben“ und da wurde es dann zu diesem ganzen … es wurde einfach zum Musikgeschäft. Dann lernst du die Geschäftsseite kennen, wenn du bei einem Major unter Vertrag stehst. Ich würde jedem raten einen Majorvertrag zu unterzeichnen, macht eure Erfahrung, mach das durch, lernt es kennen. Es ist toll, es ist eine tolle Erfahrung. Jetzt wo ich’s gemacht habe? Jetzt kann ich gebildeterweise, oder … ist das ein schlechtes Wort? Nein, das ist nicht das richtige Wort … Jetzt kann ich eine ehrliche Beurteilung darüber abgeben, was ich besser mag, weil ich beides gemacht habe, aber bevor du es nicht tatsächlich selbst ausprobiert hast wirst du es nie wissen. Vielleicht werden die großen Labels besser zu dir passen. Zu uns hat es nicht besser gepasst, denn es gab viele Turbulenzen und der Versuch unsere Message durchzusetzen ohne Kompromisse eingehen zu müssen. Das war das. Bei Rhymesayers war das so, dass ich mein Album abgab und sie mich fragten „Welches wird die Single? Die hier? Ok! Und welche ist deine zweite Single? Die hier?“ und ich würde sie dann fragen „Was denkt ihr denn?„, weil es mich interessiert hat und sie antworteten dann „Naja, wir mögen deine Entscheidungen eigentlich“ Dope! „Wie wär’s denn mit der hier? Die finden wir ganz gut“ Okay, vielleicht nehme ich diese, weil sie euch einfach gefällt. Ein Rapper soll seine Plattenfirma hassen. Das ist einfach das, was du sollst. Aber bei Rhymesayers ist das alles ein bisschen anders, denn es ist sowohl eine Crew als auch ein Label, es ist also ein kreativer Ort. Wenn das meine Vorstellung ist und es das ist, was ich unterstützen will und ich dahinter stehe und sie sehen können, dass mein Herz darin steckt, dann lassen sie mich tun, was ich will.

rap.de: Vor wenigen Tagen hast du getweetet, dass du gerade deinen letzten Part für „Directors Of Photography“ beendet hättest …

Ev: Ja, wir haben gesagt, dass wenn wir nach Europa gehen würden ohne das Album zu Ende zu bringen, dann hätten wir ein großes Problem.

rap.de: Okay, ihr seid also fertig mit dem Album?

Ev: Wir sind fertig.

rap.de: Weißt du, wann es etwa erscheinen wird?

Ev: Also zur Zeit sind wir auf Tour und es wird gerade gemischt und uns zugeschickt. Jeden Tag hören wir uns die Mixes an, ändern Sachen. Sobald wir alle Songs gemischt habe, was wahrscheinlich noch eine oder zwei weitere Wochen dauern wird, und ich aus Europa zurück komme, so Gott will, werden ich einen Termin zum Mastern buchen und von dort an werden es noch vier Monate sein. Denn das ist die Zeit, die ein Label braucht, um seine Arbeit zu entwickeln.

rap.de: Also es sollte eigentlich bis Mitte nächsten Jahres hier sein?

Ev: Ich würde sagen, wenn ich’s im Dezember mastern kann und sie es im Januar akzeptieren, könnten wir theoretisch sogar vor dem Sommer raus sein. Sommer wäre natürlich ideal um auch nach Deutschland zu kommen und auf Festivals zu spielen und so mit der neuen Platte.

rap.de: Auf „Lord Steppington“ habt ihr, du und ALC, auch ein paar Featuregäste mit drauf, wie z.B. Action Bronson und Domo Genesis, die offensichtlich sehr gefragt sind im Rapgame zur Zeit. Gefällt dir was heutzutage so alles passiert und hörst du dir auch gerne ein paar Mainstream Künstler an, wie z.B. Drake?

Ev: Yeah, 100 %. Ich weiß gerne, was in allen Bereichen abgeht. Viel Musikhören von dem, über das du sprichst, passiert, wenn ich Auto fahre. L.A. ist eine Stadt, die auf Autos basiert. Alles ist zu weit voneinander entfernt um zu laufen. Innerhalb des Stadtteils, in dem ich lebe, Venice Beach, kann ich auch laufen oder Fahrrad fahren, aber sobald ich irgendwo anders hin will, muss ich in mein Auto steigen. Deswegen fahre ich viel und dabei höre ich Satellit Radio und die ganzen bekannten Radiosender und hör diesen ganzen Kram. Dort höre ich, was mir präsentiert wird, weißt du was ich meine. Und dann kann ich entscheiden was mir gefällt und was nicht. Ich kenne jede J. Cole-Single, die draußen ist, jede Drake-Single die draußen ist. Kenn ich jeden Albumtrack, den es von ihnen gibt? Hab ich ihre Platte gekauft? Vielleicht nicht. Aber kann ich bei ihrem neuen Zeug mitsingen? Klar. Will ich sowas selbst machen? Nicht wirklich. Aber ich war auch der größte Pharcyde- und Freestyle Fellowship-Fan und wollte auch nicht das selbe Zeug wie die machen. Ich will gar kein Zeug wie irgend jemand anderes machen. Ich will Zeug wie ich machen. Meine Stimme macht nicht das, was Drakes Stimme macht, das wird sie nie. Vielleicht findet das der eine gut und der andere wiederum schlecht. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich das bestmöglichste Ich sein muss. Wie Domo und Action, Fashawn, Blu, Vince Staples, Aston Matthews, Joey Fatts, da gibt’s eine Menge neuen sicken Shit von Kids, die erst neunzehn, zwanzwig, dreiundzwanzig sind, verstehst du, aber für mich sind das alte Seelen. Sie sind einfach junge Kids, die diesen Shit spitten, den ich hören will und dann gibt’s die anderen Kids, die so drauf sind von wegen „Turn up“ und machen ihre Tänze und den ganzen Kram und das ist auch cool. Wenn ich in einen Club gehe, dann will ich nicht meine Musik hören, dann will ich Drake hören. Ich will das hören, was die Chicks zum Tanzen bringt. Ich will nicht, dass die Tanzfläche leer ist. Meine Musik ist für den Hausputz da, Autofahren, Kopfhörer drin und Joggen gehen, im Flugzeug, meine Musik ist eher diese Art von Erfahrung. Und für die Videos ist sie auch gut. Sie ist nicht für Stripclubs geeignet, nichts für Pop Clubs, sowas mache ich nicht. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich diesen Kram nicht mag und genieße. Es ist einfach nichts, was ich erschaffen soll.

rap.de: Danke für das Gespräch. 

Ev: Danke dir.