Jugo Ürdens ist ein Wiener Rapper, der genauso gerne auch produziert wie rappt. Er hat sich selbst den Titel als „schönster Mann von Wien“ verliehen – nur zum Spaß. Denn vieles, das Jugo Ürdens macht, dient dazu, ihm selbst Spaß zu bereiten. Zu rappen, Beats zu bauen, in seinen Texten leicht zu übertreiben. Er ist diese Art von Rapper, die sich selbst nicht zu ernst nimmt, die eine Kunstfigur geschaffen hat, die einfach aus Bock und Intuition heraus agiert. Wir trafen Jugo Ürdens, um mit ihm über sein erstes Album, Authentizität und das Musikbusiness zu sprechen.
Beginnen wir mal am Anfang deiner Karriere mit dem Song „Österreicher“. Du sagst ja selbst, du findest das Lied mittlerweile anstrengend und schlecht. Der Track wird auch gerne politisch und gesellschaftskritisch genommen. Nervt es dich mittlerweile, dass du für immer in diese Jugo-Schublade gesteckt werden wirst?
Ja voll, es nervt wirklich, aber zum Glück wird das eh immer weniger. In Deutschland ist das zum Beispiel gar kein Thema, in Wien wird es auch immer weniger. Aber grundsätzlich versuche ich, mich da aus dieser Schublade wieder raus zu kämpfen.
Du bist dir deiner Kunstfigur bewusst. Du sagst, dass es für dich dazu gehört, ein bisschen überspitzt zu agieren. Kannst du privat und beruflich gut trennen? Bist du privat mehr Hipster oder Jugo?
Privat bin ich schon mehr Hipster. Aber ich merke selbst, dass die Grenze zwischen privat und beruflich mittlerweile immer mehr verschwimmt. Ich werde immer ehrlicher, echter, angreifbarer.
Du hast dir selbst den Titel des schönsten Manns in Wien gegeben. Auch deine Videos sind sehr ästhetisch und künstlerisch. Du sagst aber, du interessierst dich nicht allzu sehr für Mode, genauso nimmst du das mit deinem Aussehen nicht so ernst – irgendwie nimmst du alles nicht so ernst und es klappt trotzdem. Ist das dein Mittel zum Erfolg?
Zu sagen, dass ich jetzt schon Erfolg hätte, ist Ansichtssache: Es ist überall noch Luft nach oben, aber es ist ein guter Anfang. Mit Mode kenn‘ ich mich nicht aus, ich bin auch nicht in dieser Preisklasse. Ich glaube, der Horizont erweitert sich mit dem Kontostand, deswegen bin ich nicht in diesem Mode-Kosmos.
Auf dem Song „Sag mir“ rappst du: „Sie geben neues Handy, neue Kleidung, danke schön / Ich schwör‘ ich weiß nicht mehr wie es ist sich anzustellen / wandelndes Werbeschild“. Das kommt schon sehr dem Instagram-Influencer-Lifestyle nahe. Bist du einer?
Das ist komisch, weil ich so wenige Follower habe und trotzdem immer wieder Anfragen bekomme. Aber wenn jemand mir ein Handy anbietet, dann nehme ich, was ich bekommen kann – wenn es geil ist.
Du bist mittlerweile bei Gerards Label Futuresfuture. Was hat sich verändert, seitdem du deine Musik nicht mehr all by yourself machst?
Ich mache immer noch 90 Prozent selber. Natürlich ist es anders, professioneller, aber ich mach immer noch sehr viel selbst.
Findest du es in Zeiten von Streaming überhaupt noch notwendig, bei einem Label zu sein?
Notwendig finde ich es nicht, aber mir persönlich hat es wirklich geholfen, weil ich hatte keine Ahnung von irgendwas. Ich war einfach froh, dass dann jemand kam und mir alles mal erklärt und gezeigt hat.
Die österreichische Rap-Szene ist ja eher beschaulich. Früher sind Künstler wie RAF Camora nach Berlin gegangen, weil sie irgendwie in Österreich nie diesen Erfolg bekommen haben. Fühlst du dich respektiert und angenommen in Österreich oder ist Deutschland dein nächster Stop?
Auf jeden Fall finde ich, dass ich den Support von hier bekomme – vor allem in Wien, hier kennt man mich. Ich weiß noch nicht genau, wie ich es nach Deutschland schaffen soll, aber in Österreich gibt es nicht viel mehr außer Wien, also ist Deutschland definitiv mein nächster Stop.
Der Song „Immer“ hört sich irgendwie nach einer Kritik an die Musikindustrie an. Du erzählst von einer Begegnung mit jemandem aus dem Business und es kotzt dich hörbar richtig an. Was nervt dich?
Ich wurde zu einer Veranstaltung eingeladen und habe dort Bekanntschaft mit ein, zwei Personen gemacht. Die haben sich 15 Minuten lang richtig ekelhaft ignorant und arrogant präsentiert, und ich dachte mir nur so: „Erstens hast du noch nicht das Level erreicht, um so arrogant sein zu dürfen, und zweitens warum bist du überhaupt so?“. Aber die Musikindustrie ist wie sie ist, das Lied war eher Abfuck aus dem Affekt heraus.
Du bist selbst großer Rap-Fan. Was feierst du aktuell so? Was geht gar nicht?
Ich will jetzt kein Namedropping machen und irgendwen haten. Also das letzte Cro-Album fand ich echt gut, und sonst eh alles so ein bisschen – außer wenn ich nochmal so einen Dancehall-Beat höre – ich kann nicht mehr.
Ich hab‘ mich letztens durch eine Dancehall-Spotify-Playlist geskippt und das war echt schlimm. Aber jeder soll sein Ding machen, wenn es wenigstens Geld bringt.
Also nichts gegen die Originals aus Frankreich und so, aber alles was danach gekommen ist, kann ich einfach nicht mehr hören. Irgendwie geht es immer um das Gleiche und alles klingt gleich.
Bist du selbst auch so ein Rap-Gossip-Girl, das Instagram-Storys schaut und alle Beefs verfolgt, oder interessierst du dich primär nur für die Musik?
Wenn ich Langeweile habe, dann bin ich wirklich wie so ein 13-jähriges Kind vor dem Computer und schaue mir alles an: Was hat Capital Bra gemacht? Was passiert gerade bei EGJ? Dann verfolge ich jede Story.
Es scheint irgendwie so, als wäre es dir nicht allzu wichtig, in der Rapszene Anerkennung zu finden – du willst lieber in die Woman (ein österreichisches Frauenmagazin) als in die Juice – in beide Magazine hast du es mittlerweile geschafft. Wie wichtig ist es dir aber, von der Szene selbst akzeptiert zu werden?
Der Track „Woman“ ist schon älter, damals war es mir echt egal. Langsam wird es schon wichtig, hier einen Platz zu haben. Aber ich hab noch sehr viel Zeit und sehr viel Luft nach oben.