rap.de: Apropos nach vorne gucken: Du meintest eben, du hast ein Mixtape und eine weitere EP in der Pipeline. Dauert das jetzt wieder vier Jahre, bis die rauskommen oder sind die schon fertig?
Chefket: Nee, also eigentlich sind die komplett, ich muss die jetzt nur mehr Krizzfader nach Wien schicken. Also, ich hab alles mal kurz gefreezt, ich wollt die eigentlich vorher rausbringen, aber dann hab ich gemerkt, oh wow, ich muss jetzt anpowern bei der EP. Aber das einzige, was ich machen könnte, wäre Songs runter zu nehmen, von der Anzahl ist das kein Problem. Da sind auch coole Beats dabei, zum Beispiel von Figub Brazlevic. Das Mixtape heißt „Ein guter Tag„.
rap.de: Suchst du momentan ein Label, das deine Sachen rausbringt oder machst du das lieber selber?
Chefket: Ich mach es jetzt selber, mit eigenem Labelcode und selbstfinanziert. Mein Team um mich herum ist einfach cool, das sind alles Freunde, jeden, der was damit zu tun hat, kenne ich schon einige Jahre. So ist das irgendwie gesund. Ich sage aber nicht, dass es niemals so weit kommen wird. Aber ich bin von dem ganzen irgendwie nicht so berührt. Wenn ich so die News lese von irgendwem, der jetzt da einen Deal hat oder irgendwo gechartet ist, das ist mir vollkommen egal. Ich weiß, dass das den Leuten vielleicht wichtig ist für ihre Bio oder dafür wie sie draußen wahrgenommen werden, als Top Ten-Rapper oder so. Sowas hat mich aber nie interessiert. Was hat es denn für eine Bedeutung, wenn Leute wie DJ Ötzi oder andere aus der Schlagerszene Millionen Platten verkaufen? Was hat das für einen Wert?
rap.de: Unabhängigkeit ist dir also wichtiger als Verkaufszahlen.
Chefket: Ich habe mich nie richtig wohl gefühlt mit dem Gedanken, selber keine Kontrolle über die Sachen zu haben. Jetzt ist es so, wenn ich in meinem Studio nachts um drei was aufnehmen, genau mit dieser Stimmung und in genau dem Moment, kann ich das so aufs Album hauen. Ich änder das nichts an der Stimmung, denn die kommt ja nicht noch mal. Ich kann das nicht genauso nochmal einrappen und das will ich auch gar nicht. Es ist genau aus diesem Moment, ein Zeitdokument im Endeffekt. Das hat irgendwas, eine gewisse Magie, die man nicht erklären kann. Da kann jeder kommen und mir was erzählen, aber ich begeh lieber meinen eigenen Fehler, bevor ich auf jemanden höre. Wenn ich meine eigenen Fehler begehe, dann lerne ich daraus, weil ich dann genau weiß, wie ich mich das nächste Mal entscheide, weil ich weiß, welcher Impuls richtig ist. Es ist auch nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen mit der Musik, das ist schon hart, ich hab da mein Erspartes reingesteckt. Es ist auch wichtig, dass die Leute wissen, dass das für mich nicht so Larifari-ich-hau-jetzt-mal-was-raus ist. Da steckt viel Liebe drin. Das hat mich auch irgendwie voll krass geprägt. Ich hab gemerkt, dass die Macht des Wortes echt wichtig ist. Was man sagt, was man rauslässt in die Welt. Ich weiß, dass mich das auch weiter prägen und mich zu unerwarteten Sachen führen wird.
rap.de: Es kommt immer etwas zurück, wenn man etwas gibt.
Chefket: Ja, auf jeden Fall. Musik ist halt unsichtbar und du musst sie visualisieren. Die Leute hören heute sogar noch mehr mit dem Auge. Zu meiner Zeit wusste ich nicht mal, wie die aussehen oder wer die sind. Ich konnte nur die Texte mitrappen, manchmal auf Englisch, manchmal auf Fantasie-Englisch. Aber mittlerweile ist das ja ganz anders. Ich hab ja auch nichts dagegen. Aber wenn dann die Quantität über die Qualität gestellt wird, ist das halt traurig. Dann ist das so ein riesen Dschungel an Mucke. Die Sachen, die gehypet werden, kriegen die Leute mit. Ich bin aber immer ein bisschen angeekelt, wenn etwas zu viel Hype hat.
rap.de: Dass es alle gut finden war schon immer irgendwie scheiße (lacht).
Chefket: Mainstream muss ja nicht schlecht sein, es gibt ja auch gute Sachen. Ich versuche einfach, einen coolen Spagat zu machen zwischen all den Sachen. Ich weiß ja, wie das funktioniert, aber ich muss einfach das machen, was mein Bauch mir sagt. Das ist am wichtigsten und erfüllt mich auch. Meine Ideen zu verwirklichen und umzusetzen. Einfach eine Vision zu haben, das ist das Schöne an der Sache. Aber man wird auch unglücklich, wenn man zu perfektionistisch ist und dann gar nichts raushaut. So machen das viele, die ich kenne, die sehr gut sind. Das ist dann auch scheiße.
rap.de: Man steht sich oft selbst im Weg.
Chefket: Ja. Dann sind die Sachen alt und man fühlt sie nicht mehr so, dann will man wieder was neues schreiben. Das dreht sich alles im Kreis und das ist voll gefährlich. Du musst der Sache einfach ein Gesicht geben, weißt du. Du musst ein Album machen und paar Videos dazu und schon ist das irgendwie wie eine Person, die herumschwirrt in der Welt. Das ist einfach Wahnsinn, weil es aus nichts entsteht. Das ist schon geil, das Schöpferische an der Sache.
rap.de: Vielen Dank für das Gespräch.