Interview mit Chefket

Viele Grenzen sind gefallen. Vor allem die in den Köpfen. Rap ist offener geworden. Und trotzdem gibt es immer noch sträflich unterschätzte Künstler wie Chefket. Nun mag das zu einem Gutteil auch daran liegen, dass der gebürtige Heidenheimer sich den gängigen Marketing-Strukturen anzupassen. Wie man an aktuell erfolgreichen Alben sehen kann, ist ein guter Promoplan heutzutage kaum noch verzichtbar. Kaum – denn Chefket ist das egal. So abgedroschen es kingt – er macht seine Musik nicht für Geld, sondern mit dem Herzen. Er folgt keinen Businessplänen, sondern seiner Intuition. Und deswegen erscheint auch erst vier Jahre nach seinem Debütalbum „Einerseits andererseits“ seine neue EP „Identitäter“. Darüber, über seine eigene Identität sowie Hunde am Strand sprachen wir mit Chefket in entspannter Atmosphäre. 

rap.de: Dein Debütalbum „Einerseits andererseits“ ist mittlerweile schon vier Jahre her.

Chefket: Ja. Ist viel passiert.

rap.de: Stimmt. Bei dir, aber auch im Game. Wie du selbst sagst, war singen damals nicht ganz so populär…

Chefket: Also, wenn man gesungen hat war man – wie nennt man das? Ein Paradiesvogel!

rap.de: Hast du dich damals wie ein Paradisvogel gefühlt?

Chefket: Ich wusste einfach nur, dass es nicht geht, wenn ich mich verstelle. Aber das hat sich ausgezahlt. Bis jetzt. Weil das die Leute, wenn sie nicht dumm sind, einfach merken. Und ich will keine dummen Fans.

rap.de: Okay (lacht). Die armen Dummen. Willst du die denn nicht schlau machen, mit deiner Musik?

Chefket: Nee, ich glaube nicht, dass ich Dumme schlau machen kann. Ich denk auch nicht, dass ich Leute erleuchte mit meinen Erkenntnissen. Ich kann einfach nur Leute an Sachen erinnern, die sie vielleicht schon vergessen haben. Genauso wie mich selbst. Wenn ich mich selber höre, dann sehe ich auch nochmal eine andere Seite an mir und geh in meinem Wachstum nicht noch ein paar Stufen runter. Sondern es bleibt dann da und ich denk mir kuck, du hast schon mal nachgedacht drüber, also verarsch dich nicht selbst. Das heißt aber nicht, dass man seine Meinung nicht noch mal ändern kann. Wenn man dazu lernt, kann man das auf jeden Fall gern machen.

rap.de: Was ist denn konkret passiert seit deinem Debütalbum? Bei Edit bist du nicht mehr.

Chefket: Nee, bei Edit bin ich nicht mehr, schon seit über zwei Jahren nicht mehr. Das Album war draußen, wir haben alles gemacht, was in unsere Macht lag mit Edit. Danach hat sich alles so entwickelt, dass durch meine neue Bookingagentur (Four Artists – Anm. d. Red.) die ganzen Auftritte kamen, auch außerhalb Berlins. Es hat sich dann irgendwie rumgesprochen. Man konnte das Album bei mir kaufen und bei Edit und sonst nirgends. Ich hatte aber riesengroßes Glück. Ich habe vor Jan Delay gespielt in Ludwigsburg, DJ Werd war krank und ich habe einfach einen CD-Player genommen und vor 10.000 Leuten nur mit einer CD gespielt, ganz allein. Am 1. Mai, vor vielen Jahren, ist es mir auch mal passiert, dass ich alleine vor 10.000 Menschen gespielt habe und ich habe das dann einfach DJ Invisible gennant, das fanden die Leute lustig. Ich glaube, da war auch ein bisschen Mitleid dabei, weil sie einen Typen sehen, der da alleine steht, aber wenn man es dann killt, ist es halt krass. Es war jedenfalls krass ich hab da einfach mal so 100 CDs verkauft. Das war für mich so ein Erlebnis, wo ich mir gedacht hab, wow, es geht echt darum, dass ich die Texte so schreibe, wie ich sie schreibe, performe wie ich performe, das muss nur nach außen kommen, das müssen die Leute mitkriegen. Das hat sich bisher auch bestätigt, das ist eine der vielen Erfahrungen, die ich bis jetzt sammeln durfte. Es war wichtig, das zu erkennen. Dann habe ich den richtigen Partner gesucht, beziehungsweise das richtige Team. Das hat halt lang gedauert, aber jetzt hab ich mein Team.

rap.de: Wer ist denn jetzt dein Team?

Chefket: Naja das fängt an bei der Booking Agentur. Das sind ja auch nicht irgendwelche Leute mit Schlips, sondern wir sind befreundet. Dann Chris Berndt und Can, die mein Management machen. Auch die ganzen Videoleute die schon jahrelang immer mit am Start sind. Oder andere Leute, die mir Beats machen, also Farhot oder Nobody’s Face. Einfach Leute direkt aus dem Umfeld, das sind Freunde, mit denen man einfach jederzeit was machen kann. Ich habe jederzeit die Möglichkeit mit professionellen Leuten zusammenzuarbeiten, aber das hat halt ein bisschen länger gedauert. Da muss man einfach gucken, wem man vertraut, wer ist am Start, wer hat Bock? Das ist wichtig.