Man könnte es sich jetzt wieder einfach machen und den Artikel über Liquit Walker mit dem berühmten Savas-Zitat „Ihr habt lange genug gewartet, dass…“ einleiten. Okay, das wäre vielleicht ein bisschen billig. Aber: Bei welchem anderen Rapper derzeit trifft dieser Satz so dermaßen ins Schwarze wie bei dem stolzen Ostberliner? Buchstäblich seit Jahren angekündigt ist sein Album. Nun aber steht es wirklich kurz bevor – auch dank des Signings bei den Freunden von Niemand. „Unter Wölfen“ heißt das Debütalbum, mit dem Liquit den Schritt vom gefürchteten Freestyle-Battle-Gegner zum ernstzunehmenden Album-Rapper schaffen will.
rap.de: Du bist einen ziemlich langen Weg gegangen. Das erste Mal, als ich dich wahrgenommen habe, war 2005 auf einem Freestyle-Battle, das Staiger moderiert hat. Da hießt du noch Liquit One.
Liquit Walker:Das war alles für total überwältigend, weil ich erst Ende 2004 aufgehört hatte, andere Texte nachzurappen und versucht, Sachen selber zu schreiben. Mitte 2005 war ich dann relativ weit fortgeschritten. Ich hatte kein Equipment, keine Studio, wo ich aufnehmen konnte, keine Connection, kein Cash. Folglich bin ich auf Battles gegangen. Was auf jeden Fall gut funktioniert hat.
rap.de: Du hast diverse Titel einheimsen können.
Liquit Walker: Ich habe bei keinem Battle so richtig krass verkackt. Meist war ich mindestens im Finale. Damals war es so, dass du als Berliner in der Battle-Szene nicht so beliebt warst. Die Battle Szene war eine sehr reale Szene, mit vielen Backpackern. Berlin war zu der Zeit aber in der Hochphase von Aggro Berlin. Das war so, wie wenn du in eine andere Stadt gehst und sagst, dass du Bayern München-Fan bist. Natürlich haben die den meisten Erfolg, aber gleichzeitig auch die meisten Hater. Und so wurde ich dann beim Battle of the Months-Deutschlandfinale komplett geopfert. In der ersten Runde habe ich gleich ausgepackt „Hier ist der Berliner, ich mach jeden kaputt“. Dann haben die mich ge-Eko-t und mir eine Flasche an den Kopf geworfen. Ich bin dann komplett ausgerastet und hab in die Crowd getreten.
rap.de: Dieses Battleding hat dich sehr als Rapper geprägt, oder?
Liquit Walker: Dieses Battleding war wirklich alles für mich. Ich bin Berliner und war schon immer Patriot. Egal wo ich hingegangen bin, bin ich mit wehenden Flaggen um die Ecke gekommen. Wenn ich dafür auf die Fresse bekommen habe, weil die Leute meinten Berlin sei scheiße, dann war das eben so. Ich werde meinen Patriotismus, meine Stadt, meine Heimat, meine Herkunft, meine Liebe nicht verbergen, niemals. Und so war es auf den Battles auch.
rap.de: Wann hast du das erste Mal darüber nachgedacht ein Album aufzunehmen?
Liquit Walker: Einer meiner heute noch besten Freunde hat sich damals ein bisschen Geld besorgt und sich davon ein Mikrophon gekauft. Er hatte einen Computer mit Cubase drauf. Das war um 2006, 2007 herum. Ein Album zu machen stand für mich zu der Zeit überhaupt nicht zur Debatte. Ich hatte keinen wirtschaftlichen Antrieb, bestimmte Ziele zu erreichen. Aus meinen Battlehintergrund heraus wollte ich einfach nur Respekt bekommen. Wenn ich Texte geschrieben habe, dann habe ich auch immer nur gebattlet. Für mich war es immer ich und meine zwei, drei Kumpels gegen den Rest der Welt.
rap.de: Wie hast du dich die ganze Zeit über Wasser gehalten?
Liquit Walker: Ich war eine Zeitlang arbeitslos, bin aber nicht zu irgendwelchen Ämtern gegangen. Da hab ich wirklich gestruggelt und mich mit Moderationsjobs und einzelnen kleinen Auftritten über Wasser gehalten. Aber ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass ich mich in meinem Leben noch nie hingesetzt, ein halbes Jahr lang gewartet und mich auf Vater Staat ausgeruht habe. Ich bin immer straight arbeiten gegangen, brauchte mein Geld dann aber auch, um Essen und Miete zu zahlen und um mich um meine Familie zu kümmern.
rap.de: Wer hat dich beeinflusst, als du angefangen hast?
Liquit Walker: Raptechnisch war ich komplett unbeeinflusst. Es gab in meinem Umfeld, auf meiner Schule, zwei oder drei Leute, die Rap gehört haben, die aber nicht zu meinem direkten Freundeskreis gehörten. In der 10. Klasse gab es dann ein paar Jungs, die Rap gehört haben. Zu der Zeit ging es dann mit Samy los. Das habe ich gepumpt und gefeiert und nicht so wie die meisten Berliner gehatet, konnte mich aber letztlich nicht zu 100% damit identifizieren, weil das Hamburg war. Ich habe auch Savas gehört, konnte es mir aber nicht anhören wegen des Kellersounds. Ich war vom Sound her ein großer 3p-Fan. Die erste Xavier Naidoo-Platte die ich gehört habe, da waren Songs drauf, alles vorbei! Von „Freisein“ gab es damals einen Remix mit Drums, der hat alles zerstört. Der Berlinflavor mit der rotzigen Attitude von Savas, gepaart mit dem Battleding von Samy und dem Sound von 3p – das wäre es für mich gewesen! Aber sowas gab es leider nicht.