Vor einem Monat haben Gizem und Lucia ihre erste Hoe__mies Party veranstaltet. Der Zulauf, die lange Schlange und die Begeisterung der Gäste gaben den beiden Berlinerinnen recht: HipHop, deine Partys haben ein Problem…
Gizem und Lucia, der Name eurer Partyreihe ist provokant. Wie waren die ersten Reaktionen darauf?
Gizem: Die meisten Reaktionen waren super positiv. Vor allem Frauen und genderqueere Leute, quasi unsere Zielgruppen, feiern den Namen. Die Kritik, die wir dafür bekommen haben, kam ausschließlich von Männern. Die haben diese Form der Wiederaneignung nicht verstanden.
Lucia: Das Wort Hoe dient ja dazu uns zu kontrollieren und unsere Sexualität einzuschränken. Mit dem Wortspiel nehmen wir dem Ausdruck die Kraft uns Frauen zu beschämen und schaffen gleichzeitig eine positive Konnotation.
Wie kamt ihr auf die Gründung eurer Veranstaltungsreihe Hoe__mies?
Gizem: Es gibt eine Party, die den Schwerpunkt auf R’n’B und HipHop legt. Mir gefiel der Fokus, weil im Programm stand, dass nur Musik von Frauen aufgelegt wird – also Musik, mit der ich aufgewachsen bin. Als ich da war, habe ich gemerkt, dass das Line Up durchweg männlich war. Obwohl Weiblichkeit zelebriert werden sollte und damit geworben wurde, gab es nur Männer im Line Up. Erst dachte ich, es wäre ein Zufall, aber bei dem nächsten Abend war es dasselbe. Ich habe im Facebook-Event nach einer Erklärung gebeten, weil es ja der Anspruch der Party war, Weiblichkeit zu repräsentieren. Da ist eine Diskussion losgebrochen, denn andere haben sich auch daran gestört. Der Veranstalter hat mich zu der nächsten Party eingeladen und wir haben versucht darüber zu reden. Das Fazit war, dass er zur mir sagte: Wenn es dir nicht passt, mach deine eigene Party. Am nächsten Tag habe ich einen wütenden Facebook-Post geschrieben und habe einen Gegenentwurf vorgeschlagen – und daraufhin nur Unterstützung erfahren.
Lucia, wie bist du zu dieser Musik gekommen?
Lucia: Ich bin eigentlich in der Techno-Szene Zuhause. Dass ich kaum noch auf HipHop Partys gehe, hängt auch hauptsächlich von dem Vibe dort ab. Als Gizem mich ansprach, sah ich die Möglichkeit mich bei einem neuen Partykonzept einzubringen. Wichtig war mir vor allem der Aspekt, dass wir den Fokus auf alle Gruppen ausweiten, die im HipHop zu kurz kommen.
Woran liegt es, dass bei Techno-Partys der Vibe oft positiver ist? Was hat HipHop für ein Problem?
Gizem: Männliche Dominanz wird immer wieder reproduziert, meist in negativer Abgrenzung zu Frauen und queeren Personen. Diese werden dann nicht nur in den Texten und in Musikvideos abgewertet oder objektifiziert, sondern ihre zahlenmäßige Unterlegenheit ist der beste Beweis dafür, dass HipHop eine Art von Safe-Space für Hetero-Männer ist. Das versuchen wir zu durchbrechen und viele Artists steuern schon dagegen. Es gibt immer mehr Diversität von Gendern und Stilrichtungen in dem Bereich. Und wenn du eine Partyreihe schaffst, um die Reichweite dieser Artists zu vergrößern und alles andere, was frauen-, homo- und transfeindlich ist auszublenden, dann hast du was geschaffen, wo sich mehr Menschen wohlfühlen können.
Lucia: Ich finde es schwierig diese beiden Szenen zu vergleichen. Und ehrlich gesagt, würde ich auch nicht sagen, dass es bei Techno oder Electro funktioniert. Auch auf diesen Parties legen mehr Männer als Frauen auf.
Visa Vie wird ja zum Beispiel bei den Beste-Partys immer gehypet, weil eine Frau mal an den Decks steht, die ein Standing hat. Aber so wie eure Party angenommen wurde, zeigt es ja auf, was für eine Lücke es da gibt.
Lucia: Ich kenne die Party leider nicht. Aber wenn es da so eine Besonderheit ist, dass da mal eine Frau auflegt, dann verstehe ich auch, warum unsere Party für viele etwas Neues ist. Unser Fokus auf Frauen, die Queer- und Transszene soll erreichen, dass so ein Auftritt von Visa Vie nicht mehr besonders ist, weil sie als Frau auflegt, sondern wenn, weil sie geil auflegt.
Gizem: Es ist wichtig, wen du ans Pult stellst. Die Gäste identifizieren sich mit dem DJ, fühlen sich sicherer und lassen sich gehen. Typen feiern zu Musik, die mehrheitlich auch von Männern stammt. Daran merkt man, wie wichtig Repräsentation ist.