DEAN

Alle, die schon eine Weile die Entwicklung des deutschen Rap mitbekommen haben oder vielleicht sogar daran beteiligt gewesen sind, denken an eins, wenn sie den Namen Dean Dawson hören: Gras, Becks & Zärtlichkeit – kurz Spezializtz . Und jeder, der Dean und Harris in den letzten acht Jahren in ihrem Tun erlebt hat, sollte mitbekommen haben, dass die beiden sich derzeit verstärkt auf ihre eigenen Projekte zu konzentrieren scheinen. In Deans Fall geht es beispielshalber um dessen eigenes Label Streetlife Records , welches er zusammen mit DJ Desue und einigen alten Freunden auf die Beine gestellt hat. Im Interview mit ihm war klar: der Typ ist noch einer von der alten Schule! Man konnte ihm deutlich, in jedem Satz, anmerken, dass er noch mit einem etwas anderen – als vielleicht dieser Tage geläufigen – Verständnis von HipHop aufgewachsen ist. So fallen im Gespräch Sätze wie: "Weißt du, in Amerika kaufen die Headz nicht nur ein Album, sondern direkt drei – eines für Zuhause, eines fürs Studio und eines fürs Auto. Das ist dann Support!" Ein sehr gechilltes Interview mit dem Typen, der "aus Tash" kommt.

 

rap.de: Der Titel deiner aktuellen Single „HipHop Music (Will Never Die)“ sagt ja schon mal Einiges aus und soll ja auch als Tribut an HipHop zu verstehen sein. Ich verstehe die Aussage aber auch ein bisschen als Diss gegen die deutsche Rap-Szene. Du bist ja nun auch schon echt lange – oder relativ von Anfang an – dabei. Was würdest du sagen, hat sich in der Szene inzwischen verändert?

Dean: Seit damals hat sich auf jeden Fall sehr, sehr viel verändert! Vor allem, was die deutsche Szene angeht. Im Prinzip ist der Song aber einfach nur ein klassischer, schöner HipHop-Track, der einfach noch mal das Statement ausdrückt, worum es eigentlich geht. Da werden halt viele Sachen kurz mal angesprochen – z. B. wie Kiddies das ganze Game heutzutage sehen. Die meisten wollen natürlich auch Gangster sein, aber wenn es wirklich mal ernst wird, sind die sowieso nicht da. Dann geht das genauso weiter, wie es angefangen hat, und als ich damit angefangen habe, und wie es mich beeinflusst hat. „HipHop-Music“ ist die erste Single, weil das Statement darauf wichtig ist und man sich gleich darunter vorstellen kann, worum es sich bei uns dreht. Das ist schon die ganze Geschichte. Aber wirklich ein Diss gegen die ganze Szene ist es nicht. Eher ein Diss gegen die, die meinen, HipHop ist tot.
rap.de: Du sprichst davon, was dich beeinflusst hat. Du bist Halbamerikaner – da liegt recht nah, mit welcher Mugge du aufgewachsen bist und was dich in deiner Musik beeinflusst hat.
 
Dean: Ich denke mal, bei der älteren Generation ist das immer dasselbe: Funk, Soul, der ganze Old-School-Shit… Bis ich dann, als ich sechs Jahre alt war, von meiner Tante ein Run-DMC-Tape bekommen habe. Ab dem Punkt ging es für mich eigentlich los. Dann kam Kool Moe Dee und die ganzen anderen Sachen, die man dann so mitbekommen hat. Mit der Zeit hat sich das halt entwickelt. Das ist halt das Ding, das heute den meisten leider einfach fehlt, weil sie HipHop nicht so erleben können, wie wir es konnten. Heutzutage heißt das schon, dass du deine Hausaufgaben machen musst, um zu wissen, wo das alles wirklich herkommt und wer diejenigen waren, die es wirklich so weit gebracht haben, dass man jetzt in Deutschland Platten verkaufen kann.
rap.de: Es geht also um die Geschichte des HipHop und seiner Elemente an sich, und dass halt viele ins Rap-Bizz einsteigen wollen, ohne zu wissen, was vorher war und wie das alles zustande gekommen ist?

Dean: So sieht das nämlich aus! Ich meine, auf der einen Seite können sie ja auch nix dafür. Es ist eben der Vorteil meiner Generation und der vorher, dass wir halt alles von Anfang an miterleben durften. Diese ganze Entwicklung von dem kleinsten Battle auf der Straße bis hin zu gefüllten Stadien. Diesen Prozess konnte man genau miterleben, und man hat auch gesehen, zu welcher Zeit was raus kam und wie die Leute damit umgegangen sind.

rap.de: War es schwerer, sich damals durchzusetzen?

Dean: Ja, das auf jeden Fall. Jetzt ist man aber auch wieder an dem Punkt angekommen, wo es wieder schwerer wird. Man muss sich selber schon auch bei den Eiern packen und das Ding ein bisschen nach vorne treiben, damit es in Deutschland auch weiter so bleibt, dass nicht nur Ami-HipHop hier gespielt wird sondern auch nationaler HipHop. Und das ist auch die Aufgabe von jedem Künstler: Das Bestmöglichste aus sich selbst rauszuholen! Heute versucht doch jeder nur in irgendeiner Art und Weise ein paar Wörter zu reimen, und dann heißt es: „Ich bin ein Rapper“. Es versuchen sich viele einfach Akzeptanz zu verschaffen, indem sie sich halt einfach irgendeine Marketing-Schiene in den Vordergrund schieben und sich als Gangster darstellen.
rap.de: Dürfte ich da mal nachfragen, ob sich das an jemanden Bestimmtes wendet?

Dean: Ich sage es dir einfach nur so: Ehrlicher Rap – man spürt ja Sachen in der Musik. Vibe, Ausstrahlung, solche Sachen. Ich bin einfach nur der Meinung, jeder soll machen, was er will, solange er mich nicht anpisst! Wenn es nicht so ist, muss man halt zurück in alte Zeiten gehen. Aber es interessiert mich nicht, was alle Anderen machen. Ich konzentriere mich auf meine Sache und auf unser Label. Hauptsache, jeder macht seinen Job gut! Wir machen ja alle eigentlich dasselbe. Jeder will seine Platte auf den Markt bringen. Aber es gehen eben auch eine Menge Karrieren dabei unter.

 

rap.de: Lass und doch mal über dein Label Streetlife Records und deine Zusammenarbeit mit Harris sprechen.

Dean: Also die Geschichte mit Harris ist einfach die: Wir nähern uns jetzt dem zehnjährigen Jubiläum, und wir waren bestimmt acht Jahre davon tagtäglich zusammen, haben Live-Shows gemacht ohne Ende. So um die 180 Dinger im Jahr. Das sind einfach Rekorde, die muss man erst mal brechen. Aber natürlich ist es bei jedem Menschen irgendwann so, dass man sich auch weiterentwickeln muss, und vielleicht auch in eine andere Richtung geht. An dem Punkt sind Harris und ich damals angekommen, und er macht nun halt sein Ding – er hat ja letztes Jahr sein Album released, und wir haben jetzt seit eineinhalb Jahren an unserem Label – ein Jugendtraum von mir – herumgebastelt. Wir haben unseren Arsch hochgekriegt, dieses Label endlich zum Laufen gebracht, und jetzt ist es so weit, dass die Single kommt. Wir haben ein Video draußen, und alles ist schön.
rap.de: Die Single ist auf Streetlife Records erschienen, und das Album soll da vermutlich auch rauskommen, oder? Ihr kooperiert ja auch z.B. mit X-Cell Records .

Dean: Alles Kommende wird auf unserem Label erscheinen. Wir arbeiten in Kooperation mit X-Cell Records, aber Streetlife Records ist ein eigenständiges Label, mit eigenen Musikproduktionen. Wir bestimmen alles selbst. Der Sinn eines eigenen Labels ist ja einfach, alles selbst zu machen. Und das tun wir halt auch. Die Kooperation mit X-Cell hat den Zusammenhang, dass sie die Distribution für uns machen. Die vertreiben die Platten für uns. Ferrari ist ja auch ihre eigene Firma, aber ohne Bridgestone könnten sie nicht fahren. Und das ist genau der Punkt: Man will einfach das Bestmöglichste rausholen, was geht. Und dafür braucht man ganz einfach auch die besten Leute.
rap.de: Was können wir uns von deinem kommenden Album erwarten? Was geht an Features?
 
Dean: Also ein paar Features sind drauf – unter anderem das einzige ASD -Feature. Und mein Boy Flame ist am Start. Ich habe auch mit Joy einen Murder-Track gemacht. Es sind auch noch ein paar No-Names dabei, wie Reeza , der ein Kumpel von uns ist, oder Omar aus München. Außerdem sind noch Charnell und Autodidakt mit drauf. Insgesamt sind es, glaube ich, sechs Features von dreiundzwanzig Sachen, die auf dem Album drauf sind. Also es passiert schon einiges. Ich sag einfach mal nur, der Begrifft Vielseitigkeit beschreibt mein Album!
rap.de: Vielseitig. Inwiefern, unabhängig von den Features?

Dean: Vielseitig für alles Mögliche. Was Vibes angeht, Storys, Battles, was schöne Dinge angeht, was Frauen angeht – es sind so viele Sachen, die da zusammen kommen und schön verpackt worden sind. Wenn man mich nach einem Konzept fragen würde, würde ich sagen: die Vielseitigkeit war das Konzept von dem Album.

rap.de: Und die Beats sind alle von Desue?

Dean: Nee, die Beats sind nicht alle von Desue. Er hat sechs oder sieben Dinger gemacht. Dann sind noch zwei Dinger von Montana – einer unserer Hausproduzenten. Der hat in Kooperation mit DJ Rocky auch noch einmal 2 Dinger produziert. Dann die Frankfurter "Bock auf´n Beat" – mit denen haben wir auch ein paar Tracks aufgenommen. Plus: Ich hab mit Reeza noch zwei Dinger produziert. Also alles in allem: viel passiert, schön zu hören, schön anzusehen.
rap.de: Mit DJ Rocky hast du doch schon mal einen Titel gemacht, der dann auf dem „2Fast 2Furios“-Soundtrack war. Was war denn da der Hintergrund, und wie kam es dazu?

Dean: Ich bin halt ein Motorrad-Freak und selber auch Biker. Ich wollte damals einfach einen schönen Biker-Track herausbringen und dem Ganzen wieder mal ein bisschen Tribut zollen. Das war einfach mal ein schönes Experiment, was wir halt machen wollten. Nächstes Jahr werde ich noch so ein Ding starten. Das wird noch mal alles toppen. Streetlife-Riders! Wir haben von der letzten Sache 10.000 Exemplare gemacht, und die sind auch alle weggegangen. Bei denen war, wie bei der neuen Single, auch ein Video drauf. Warum sollte man den Shit auch wegschmeißen, wenn er nicht mehr im Fernsehen läuft? Ist doch cool, wenn man das auf CD hat! Umso mehr Leute erreicht man ja auch.

 

rap.de: Vielen geht es im Rap ausschließlich um Geld oder den Fame. Um was dreht es sich bei euch?

Dean: Ganz wichtig ist doch Musik & Entertainment, also Unterhaltung zu transportieren, durch Musik. Darum geht es doch. Wir wollen alle Spaß haben! Wir wollen uns nicht gegenseitig dissen, und nicht gegenseitig die Köpfe abreißen, sondern rappen.
rap.de: Schade, dass viele nicht so denken!

Dean: Ja, aber hey, der Mensch ist so ein komplexes Individuum – eine Verbindung, die da im Kopf nicht stimmt, kann den Menschen komplett verrückt machen. Eine Verbindung, die nicht stimmt, und du bist ein Vergewaltiger. Eine Verbindung, die nicht stimmt, und du stehst auf Männer. Eine Verbindung, die nicht stimmt, und du hast Sex mit Tieren. Am Ende hat jeder Mensch irgendwo einen Knicks, weil nicht jede Verbindung so perfekt stimmen kann.
rap.de: Wie sieht es denn bei euch aus mit Live-Gigs oder Auftritten generell?

Dean: Also live sieht das so aus, dass Desue und ich auf Club-Tour gehen. Heißt: Wir werden ein bisschen Spaß haben, den Leuten zeigen, wie man Party macht, und noch einiges mehr!
rap.de: Gibt es abschließend noch irgendwas, was du den Leuten da draußen mitteilen möchtest?

Dean: Das einzige, was ich sagen kann, ist: Ist mir scheißegal, ob ihr mich mögt oder nicht! Aber bleibt, wie ihr seid! Wenn ihr nicht bleibt, wie ihr seid, werdet ihr irgendwann ein Scheißproblem bekommen! Also nicht von mir – das Leben wir euch bestrafen!