KZ-Vergleiche und Geschmacklosigkeit: Skinny und Oli diskutieren über eine Marsi-Line

Wir alle erinnern uns noch an die Debatte um Farid Bangs Line – doch er ist keineswegs der einzige deutsche Rapper, der zum KZ-Vergleich gegriffen hat. Zum Beispiel tut das auch Marsimoto auf seinem neuen Album „Verde“. Ein Skandal? Nein. Shitstorm? Nirgendwo zu sehen. Aber kann man die beiden Lines vergleichen, gar gleichsetzen? Darüber diskutieren Oliver Marquart und Skinny in diesem Artikel – der eigentlich nur ein kopierter Chatverlauf ist, um euch an dieser ursprünglich privat geführten Debatte teilhaben zu lassen.

Oliver: „Tut mir leid für den Vergleich doch fühlt sich an wie im KZ/ Hör’n den ganzen Tag Hahnenkampf von KIZ“. Hm. Wenn Marsi das rappt, juckt es keinen, oder?

Skinny: Ist aber schon ein komplett anderer Kontext, muss man sagen.

Naja, er sagt halt vorher sorry. Aber es bleibt eine krasse Holocaust-Verharmlosung – wenn man die gleichen Maßstäbe anlegt wie bei Farid.

Er spricht halt aus der Chicken-Perspektive. Ich glaube, aus seiner Perspektive würde er das nicht so staten und das soll es auch nicht aussagen.

Hühner kennen keine begriffe wie „KZ“. Er setzt jüdische Menschen mit Hühnern gleich.

Quatsch. Hühner schreiben auch keine Rapsongs.

Eben, deswegen ist Hühner-Perspektive Unsinn.

Das kann man mit jedem Stilmittel machen.

Genau – das ist ja mein Punkt.

Ich finde doch auch, dass die Debatte um Farid aufgebauscht wird und von eigentlichen Problemen ablenkt. Aber die Marsi-Line hat trotzdem eine ganz andere Perspektive.

Sicher. Aber radikale Tierschützer sind auch nicht selten Nazis. Könnte man also auch skandalisieren, wenn man denn wollte. Das ist ja mein Punkt.

Ja, und Peta greift auch zu solchen vergleichen, was absolut daneben ist. Das wurde da ja auch schon kritisiert. Peta vergleicht Massentierhaltung mit dem Holocaust und kriegt dafür ordentlich auf die Finger – richtigerweise. Aber der Grund ist, dass das Leben eines zur Schlachtung gezüchteten Huhns nicht ansatzweise mit dem eines deportierten Juden gleichzusetzen ist. Aus der Perspektive des Huhns, wie Marsi sie einnimmt, macht das aber keinen Unterschied.

Finde ich extrem wacklig, die Begründung.

Genau, wie ein Ei zu bemalen, nicht der Akt ist, den Marsi aus Hühnchen-Perspektive darin sieht. Es werden natürlich keine Föten oder Baby-Kadaver verziert.

Der einzige Unterschied, den ich sehe, ist, dass Marsi keinen Humor hat. Einem Huhn ist das wurscht – Babymörder sagen nur Menschen.

Über das kognitive Bewusstsein eines Huhns können wir nur mutmaßen. Wie gesagt, es ist ein Stilmittel.

Klar, genau wie die Körper-Line.

Ja klar, aber die zielt auf eine Geschmacklosigkeit ab, nicht auf eine Herabwürdigung, aber auf eine Geschmacklosigkeit.

Eben, die ist wenigstens absichtlich geschmacklos. Die Marsi-Line ist es einfach, will aber moralisch sein.

Die Marsi-Line ist super plump, gelungen ist die auf keinen Fall. Aber weil sie ebenfalls nicht herabwürdigend ist, finde ich die Debatte auch sinnlos.