Echo 2018: Kollegah & Farid, Campino und viel Heuchelei

Der Echo 2018 war wie alle Echos zuvor: Peinlich. Das ist erwartbar, schließlich handelt es sich nicht, wie viele denken, um einen Musikpreis. Sondern um einen Preis für diejenigen, die den meisten Umsatz generieren. Extrem spannend.

Dieses Jahr allerdings wurde ein neues Level der Peinlichkeit etabliert. Man hatte es zuletzt im Zusammenhang mit der Verleihung des Bambi an Bushido erlebt. Es ist ein kleines Drama und nennt sich: Das deutsche Bürgertum beschließt, wer dazu gehören darf und wer nicht.

Antisemitismus? Darum ging es nie

Denn: Um Antisemitismus ging es bei dem künstlich aufgeblasenen Skandal um Kollegah und Farid Bang zu keiner Sekunde. Die geschmacklose Line gibt das auch nicht her. Über die wahre Problematik wurde selbstverständlich nicht gesprochen: Der verschwörungsideologische Zeitgeist, den Kollegah in seiner Verteidungsstrategie so gerne und taktisch klug bedient.

Aus marketingtechnischer Sicht hat er damit alles richtig gemacht. Politisch aber leider nicht. Da wäre es weitaus geiler gewesen, er hätte sich hingestellt und klar benannt, was da von Heuchlern wie dem unsäglichen Pseudo-Punk Campino, der gestern den Grüßaugust des Bürgertums spielen durfte, tatsächlich getan wird. Es nennt sich im Fachjargon Othering, bestimmte Menschen zu Anderen, zu Fremden machen.

Diese Menschen waren in diesem Fall Kollegah und Farid Bang. Nicht, dass ihre Texte nicht hier und da tatsächlich sehr problematische Stellen hätten, etwa die heftigen Lines, in denen Klischees über vergewaltigende Flüchtlinge verbraten werden. Aber: An den Antisemitismus-Pranger wurden sie nur aus einem Grund gestellt: Weil sie muslimischen Glaubens sind.

Böse Muslime, gute Deutsche

Und damit passen sie in das Schema einer anderen großen deutschen Diskussion, die derzeit läuft: Das Märchen vom „importierten Antisemitismus“. Der gute, echte Deutsche hat schließlich aus der Geschichte gelernt. Vorbildlich. Sowas können Muslime selbstverständlich nicht. Auch dann nicht, wenn sie so deutsch sind wie Kollegah. Denn: Muslime können in den Augen bestimmter Idioten ja per se keine Deutschen sein.

Diesen Aspekt hat Kollegah nicht aufgegriffen. Er weiß vermutlich, dass er damit nicht sehr weit kommen würde. Erfolgsversprechender war es, den eigenen Fans vorzugaukeln, das irgendwelche finsteren Mächte den Boss und den Banger mundtot machen wollen – bisschen Verschwörung geht immer gut, schafft zudem eine Opferrolle, die für Support und Solidarität, ja, bedingungslosen Gehorsam sorgt.

Der Rest ist Schweigen

Somit war der Echo 2018 der angemessene Schlusspunkt für eine von vornherein unehrliche Diskussion, die von keiner Seite mit den richtigen Argumenten geführt wurde. Das wiederum passt zum Echo, der sich nur nach Verkaufszahlen richtet – denn finanziell ziehen alle Seiten natürlich ihren Nutzen daraus.