Skinnys Abrechnung #30: Lil Yachty zeigt, dass Rapper sich nicht nur mit Ja-Sagern umgeben sollten

Es ist ein Prinzip, so alt wie die Zivilisation selbst (ich bin kein Historiker, aber ich nehme es mal stark an): Eine Person wird erfolgreich mit dem, was sie tut. Sie wird wohlhabend und einflussreich – ich nenne ihn „den Überflieger“. Andere Personen wollen davon profitieren. Sie schmeicheln sich bei dem Überflieger ein, um sich in dessen Solvenz und Privilegien zu suhlen – ich nenne sie „die Speichellecker“. Der Überflieger nimmt die Komplimente der Speichellecker dankend an, treiben sie doch sein Ego in luftige Höhen.

Dann gibt es noch die paar Personen mit Rückgrat. Die nenne ich mal „Ehrenmänner“. Diese Ehrenmänner sind keine opportunistischen Speichellecker. Es ist wahrscheinlich, dass sie den Überflieger auch schon vor dessen Durchbruch kannten und ihnen auch menschlich etwas an ihm liegt. Nun sind diese Ehrenmänner nicht nur darauf aus, im Windschatten des Überfliegers ihren eigenen Profit zu machen und diesen unter keinen Umständen zu verprellen. Denkt der Überflieger also aufgrund seines absurd beflügelten Egos, er könne sich benehmen, wie er will – schließlich ist er ja der Überflieger – liegt es an den Ehrenmännern, ihn auch ab und an von seinem hohen Ross auf den Boden der Realität zurückzuholen.

Es erfordert Mut und Courage vom Ehrenmann, seinen Mund aufzumachen. Doch er tut es. Der Überflieger aber, hat viel zu oft einen verklärten Blick aufs Geschehen. Benebelt von den Schmeicheleien und substanzlosen Bestätigungen der zahlreichen Speichellecker, sieht er in der berechtigten Kritik des Ehrenmannes lediglich Neid und Missgunst. Der Ehrenmann gönne ihm nicht seinen hart erarbeiteten Erfolg, er sei eine Schlange und ein falscher Freund, so legt der Überflieger es sich zurecht. Mit diesem Verhalten schadet er in erster Linie einer Person: Sich selbst.

Dieses Prinzip greift quasi überall. Auch im Rap schart jeder seine braven Ja-Sager um sich. Ein perfektes Beispiel, wenn auch beinahe schon eine Karikatur dessen, ist der aktuelle Cello-Fauxpas, der Lil Yachty unterlaufen ist. Der erklärte nämlich vor wenigen Tagen für den YouTube-Kanal der Lyric-Datenbank Genius.com die poetischen Ergüsse seiner Hitsingle „Peek A Boo“. Die beinhaltet die Zeile „My new bitch yellow / She blow that dick like a cello“. Dem aufmerksamen Leser sollte an dieser Stelle nicht entgangen sein, dass es sich bei einem Cello um ein mit Saiten bespanntes Streichinstrument handelt. Ein Blowjob-Vergleich, der auf ein Blasinstrument abzielt, ist an dieser Stelle also denkbar ungeeignet.

Yachty erklärt beschwichtigend, dass er der Meinung gewesen sei, Thaddäus aus der TV-Serie „Spongebob Schwammkopf“ spiele Cello. „He don’t. That’s a flute.“ erklärt der sichtlich ernüchterte Rapper weiter, was zwar auch nicht ganz richtig ist – Thaddäus spielt grauenhaft Klarinette – aber der interessante Teil ist der, in dem er die Schuld für den Fehler auf sein Umfeld schiebt. Sein A&R, also quasi sein Betreuer beim Label, habe den Song mehrfach gehört und die Veröffentlichung von „Peek a Boo“ in dieser Form freigegeben. Auch sonst habe niemand, der den Song gehört hat, je einen Ton gesagt oder ihm einfach mal ein Foto von einem Cello unter die Nase gehalten.

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Ich erzähle diese Anekdote aus zwei Gründen. Erstens: Weil sie verdammt witzig ist. Zweitens, und das ist viel wichtiger: Weil sie weiter oben Beschriebenes perfekt illustriert. Es kann sein, dass der Denkfehler einfach niemandem aufgefallen sein mag – was komisch ist, denn schon 2016 rappte das kleine Boot auf dem Song „IDK“: „Baby come blow a young fellow like cello“ – und stellte anschließend via Twitter fest, dass die Zeile wenig Sinn macht. Im wirren Kopf eines Yachty, zumindest stelle ich ihn mir so vor, gerät sowas natürlich schnell in Vergessenheit. In dem des wichtigsten Beraters eines weltweit bekannten Musikers wohl weniger. Logische Schlussfolgerung: Lil Yachty ist absolut nicht kritikfähig und nicht eine Person, der der Song vorab präsentierte wurde, hatte den Arsch in der Hose, einfach mal deutlich zu sagen, was für ein Schwachsinn da gereimt wird.

Selbst wenn dieser Nonsens wirklich von einer ganzen Reihe Qualitätskontrollen unbemerkt blieb: Das Prinzip greift. Sei es ein inhaltlicher Fehler in den Lyrics, die schier niedrige Qualität eines Songs oder menschliches Fehlverhalten. Wenn die eigene Wahrnehmung aussetzt, muss einen jemand darauf hinweisen. Passiert das nicht, wird man nach und nach unweigerlich zu einem schlechten Künstler oder gar menschlich zum Arschloch. Stoppt niemand einen Fall, geht er weiter.

Und kommt ein Künstler nicht damit klar, gestoppt zu werden, springt er selbst ins Verderben. Egal ob dieser Fallstopper ein guter Freund, ein Berater vom Label oder – wenn es dumm läuft – erst schlechte Kritik aus Reihen der Fachpresse sein muss. Wenn man das nicht über sich ergehen lassen kann, weil man nur geheuchelte Lobhudelei und Ja-Sager an sich heran lässt, dann tritt man einfach nur sich selbst in die Eier. Wirklich fest.

Also lasst euch den Honig, der euch tagtäglich in den Arsch geblasen wird, schmecken, liebe Rapper. Aber jammert dann nicht, wenn ihr Blowjobs von Cellos kriegt und niemand euch gewarnt hat!


Skinnys Abrechnung #21: Review-Ausraster

Das schönste Gefühl für einen Musik-Redakteur ist es, eine wenig positive Review zu veröffentlichen und daraufhin aus allen Richtungen beleidigt zu werden. Traumhaft, in den Facebook-Kommentaren als „Hurensohn“ bezeichnet zu werden, via Twitter mitgeteilt zu bekommen, dass man ja gar keine Ahnung habe, im E-Mail Postfach die Mail eines erbosten Managers vorzufinden und am besten noch von […]

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Ach, und das hier ist übrigens eine Flöte:


Yamaha YRS23 Sopran Blockflöte
  • Ein häufiger Irrtum: Häufig werden die Doppellöcher C/Cis und D/Dis (Sopranblockflöte) als Kennzeichen der barocken Griffweise angesehen. Die Doppellöcher sind aber bei beiden Griffweisen möglich