Der Coronavirus-Guide für Rapfans: Wie sich Covid-19 auf Konzerte, Festivals, Releasedates uvm. auswirkt

DJs ohne Auträge

Doch auch für die Künstler*innen, deren Absagen den Clubs ein Loch in die Tasche reißen, ist die Situation ernst – schließlich sind auch sie auf die Einnahmen solcher Veranstaltungen angewiesen. Im DJ-Business kann man glaube ich sagen: Wir sind alle richtig gefickt.“ bewertet Josi Miller – DJ, Produzentin und Podcasterin – die Situation. 

„Diese kurzfristigen Absagen – damit hat keiner in diesem Ausmaß gerechnet. Ich wusste, dass Veranstaltungen bedroht sind und habe gedacht, dass alles wo ich sonst so auflege – bei Messen und größeren Veranstaltungen – abgesagt wird. Aber dass es jetzt jeden kleinen Club-Gig trifft, egal ob da 50 oder 500 Menschen hinkommen, war mir so nicht bewusst. Ich bin tatsächlich auf einen Schlag komplett auftragslos geworden und das mindestens für die nächsten acht Wochen. Danach ist noch nichts abzusehen“

Doch trotz ihrer misslichen Lage ruft auch Josi zu Unterstützung für jene auf, die Notlage noch härter trifft: In meinem Fall gilt jetzt, dass ich den Podcast weiter mache und selber Mucke machen, um an Spotify- und Streammoney zu kommen, damit ich mich überhaupt in dieser Zeit irgendwie über Wasser halten kann. Vorbereitet bin ich darauf nicht, allerdings hab ich schon so ein paar Rücklagen, wodurch es für mich jetzt kein Problem sein wird, die nächsten acht Wochen über die Runden zu kommen.

Vor allem gilt meine Solidarität den Menschen, die es noch viel krasser trifft. Es fängt an im Kleinen, in der Familie, im Freundeskreis. Alle arbeiten in der Gastronomie, im Eventbereich. Bis hin natürlich zu den großen Krisen Europas, wo in meinen Augen jetzt das nötige Geld und Engagement fehlt, sich auch dort um die Probleme an den türkisch-griechischen Grenzen zu kümmern.“

Battles & Konzerte in leeren Hallen

Wer kein zweites Standbein hat, ist entweder auf Hilfe von außen angewiesen, oder muss erfinderisch werden, wie es Jamie Seidl-Curtis und sein Team bei der Battle-Liga Don’t Let The Label Label You tun. Noch während wir uns unterhalten, ändert sich die Situation um das mittlerweile abgesagte DLTLLY-Event immer wieder. Nun überlegt man, auf private Veranstaltungen im kleinen Kreis zu setzen, um wenigstens Battles für YouTube und das On-Demand-Angebot zu produzieren. Ganz private Veranstaltungen wären dann nur mit Einladung möglich – also wenn es jetzt wirklich hart auf hart kommt. Dann wären es nur die MCs und wir. Das sehe ich nicht als unverantwortlich, sonst dürfte man ja monatelang gar nicht das Haus verlassen, egal wie gut man sich fühlt.“. Immerhin eine kleine Kompensation. Die Belastung ist trotzdem enorm, schon weil DLTLLY die Gagen der MCs normalerweise direkt aus den Ticketeinnahmen bezahlt. Die 257ers feilen übrigens gerade an einer ähnlichen Überbrückungslösung und wollen ein kleines Festival per Livestream austragen. 

Alben könnten verschoben werden

Doch nicht nur der Veranstaltungssektor ist betroffen: Das öffentliche Leben wird momentan weitgehend lahmgelegt. Auch Albumreleases hängen allerdings mit einer langen Produktionskette zusammen – schließlich werden schon unter Normalbedingungen regelmäßig Erscheinungsdaten verschoben, weil der Inhalt irgendeiner Deluxe Box nicht rechtzeitig produziert und geliefert wurde. Kristof Jansen vom HipHop-Vertrieb Groove Attack schätzt die Lage folgendermaßen ein:

Ich glaube, dass momentan schon viele Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, um auf den schlimmsten Fall vorbereitet zu sein. Mögliche Verschiebungen von Veröffentlichungen kann man momentan nicht komplett ausschließen, weil zum Beispiel die Beilagen für Deluxe Boxen oftmals aus der ganzen Welt kommen. Dadurch könnte es Probleme bei Zulieferungen geben. Im Moment lässt sich das noch nicht genau absehen. Bisher gab es sowas noch nicht, aber es fällt mir schwer zu prognostizieren, dass es so bleiben wird. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es zu Verschiebungen kommen wird. Abgesehen davon, können an anderer Stelle Leute fehlen, wenn zum Beispiel der Produzent ausfallen würde. Der Künstler kann natürlich auch selbst betroffen sein.“

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