Duzoe und Kex Kuhl illustrieren mit Löffeln die „Kopf an Kopf im Stehen schlafen“-Metapher aus Frage 5.
Kex Kuhl, Duzoe und der nicht anwesende (Dollar) John sind nun zum dritten Mal gemeinsam auf Tour. Beim ersten Mal, der Rückkehr der Jägi-Ritter-Tour, kam kein besonders gehaltvolles Gespräch zustande – stattdessen gab es eine chaotische Sauforgie, deren Ablauf man hier nachlesen kann. Also ein zweiter Versuch – Interview mit Kex Kuhl & Duzoe.
Ihr seid jetzt das dritte Mal zusammen auf Tour. Wie ist es, endlich wieder auf Tour zu sein und wird es schon langsam zur Routine?
Kex Kuhl: Ich weiß nicht, ob man das Routine nennen kann. Es ist ja immer wieder eine neue Booking-Agentur für die Tour verantwortlich und es ist generell immer etwas Neues dabei.
Duzoe: Du kannst uns vielleicht auch als Arbeitnehmer sehen. Wir rennen wahllos zu den Leuten und werden dort eingestellt, aber auch relativ schnell wieder gefeuert.
Warum läuft das so?
Kex Kuhl: Wir sind oft unzufrieden und wir sind selbst nicht einfach. Dafür läuft unter uns alles gut, wir sind ein gut funktionierendes Gespann. Das kriegt man mittlerweile auch schwer auseinander. Es ist aber schwer, Leute weiter hinein in seinen inneren Kreis zu lassen.
Duzoe: Es ist letztlich eine Art Vertrauensebene, die man den Leuten schenkt, wenn man mit denen zusammenarbeitet. Ich halte nicht viel von Leuten, die mir Versprechungen machen, die aber leider nicht eingehalten werden. Genauso wie ich Leuten Versprechungen mache und versuche, diese einzuhalten, erwarte ich das auch von anderen. Wenn man merkt, dass irgendwie drum herum und nicht auf den Punkt gearbeitet wird, muss man manchmal einfach einen Strich ziehen. Ich glaube das ist der Grund, warum sich bei uns vieles ändert. Man kann nicht mit jedem zusammenarbeiten.
Betrifft das nur euer Booking oder alle eure Strukturen?
Kex Kuhl: Bei mir ist die Label-Situation momentan in der Schwebe, beziehungsweise wir befinden uns zurzeit in Gesprächen. Es wächst alles und wird größer. Ich war eigentlich sehr zufrieden mit Department, aber man wächst da halt auch mal raus. Es gibt momentan Projekte, bei denen kleinere Labels nicht mehr in der Lage sind, das zu stemmen. Nach der Tour folgen weitere Informationen.
Duzoe, wie sieht es bei dir, beziehungsweise bei ODMGDIA, aus?
Duzoe: ODMGDIA hat erstmal die Sache mit Chapter 4 beendet. Wir gucken jetzt, was passiert, was wir als Team zusammen machen. John ist produktiv, der baut gerade viele Beats für andere. Er produziert das neue Album von Ruffiction mit. Es ist nicht alles von ihm, aber der Hauptteil. Er ist auch jetzt gerade im Studio und macht zusammen mit Hauke eine kleine EP, deswegen ist er heute nicht dabei. John sagt nebenbei immer mal wieder, dass er an einem Soloalbum arbeitet. Wie weit er ist, kann man aber nicht so genau sagen. Bei mir ist es so, dass ich jetzt tatsächlich sehr viele Songs fertig habe. Ich habe ein Album und eine EP fertig. Wie sich das Ganze gestaltet, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Sagen wir es mal so: Im Gegensatz zu Taha (Kex Kuhl; Anm. d. Red) bin und war ich noch nie bei einem Label. Ich bin kein großer Freund von Labels. Ich bin kein Freund von Verträgen. Wenn ich mit jemandem zusammenarbeite, muss ich demjenigen zu 100 Prozent vertrauen können. Ich muss denken, dass wir das gleiche machen würden, auch wenn es keine Verträge gäbe.
Kex Kuhl sagte gerade schon, dass es zwischen euch gut läuft. Seid ihr aber strukturell nur über das gemeinsame Management verbunden?
Kex Kuhl: Im Grunde ist es so, dass, wenn ich zum Beispiel für ein Festival gebucht werde, ich die Jungs frage, ob sie Bock haben, mit dabei zu sein. Andersherum ist es genauso, deswegen sind wir schon als Team unterwegs. Wir haben dem Ganzen jetzt nicht wirklich einen Namen gegeben.
Duzoe: Das Ding ist, dass die erste Jägi-Ritter-Tour so gut funktioniert hat. Es ist schlichtweg einfacher, wenn man nicht nur ein Standbein hat. Du hast halt ein Team dabei und egal, wie besoffen du bist, du kannst einfach Kopf an Kopf im Stehen schlafen. Du brauchst nicht mal eine Couch und das klappt alleine nicht, wenn keine Wand da ist. Wir sind unsere eigenen kleinen Wände, die sich gegenseitig halten. Und es ist leichter, im Gespann zu arbeiten als alleine. Wenn es einmal gut geklappt hat, warum sollte man es nicht weiterhin machen.
Kex Kuhl: Never change a running System!
Bei der ersten Jägi-Ritter-Tour war aber noch Scotch dabei. Was ist mit dem passiert?
Duzoe: Malte ist Papa geworden. Der führt, im Gegensatz zu uns, ein ehrliches Leben. Ich will das gar nicht runterspielen, aber er ist ein bisschen sesshaft geworden. Er hat geheiratet und hat ein Kind. Ihm geht es gut.
All das ist seit der Jägi-Ritter-Tour passiert?
Kex Kuhl: Ja, so ziemlich. Er ist aber in Hamburg immer bei den Gigs dabei. Bei der letzten Tour hat er auch selber paar eigene Songs gespielt. Malte gehört zum inneren Kreis und ist jedes Mal ein gern gesehener Gast. Im Tourbus ist immer ein Platz für ihn frei.
Eine gemeinsame Schnittstelle von euch ist, dass ihr alle aus dem VBT kommt. Oft wollen ehemalige Teilnehmer nicht über diese Vergangenheit sprechen.
Duzoe: War doch heftig! Ich fand es krass!
Kex Kuhl: Ja für dich, weil du damit Geld gemacht hast. (lacht)
Duzoe: Darum geht es doch gar nicht. Alleine, was ich da alles ausgepackt habe. Die Runden sind doch heftig. In einer Woche haben wir so etwas auf die Beine gestellt und wir hatten damals keine Ahnung. Ich hatte nur so eine Digi-Cam, aber wir haben damit die Videos gemacht. Ich habe einfach Leute beleidigt, das habe ich in meinem Privatleben auch gemacht.
Kex Kuhl: Wenn man gewinnen kann, indem man besonders gut beleidigt, warum sollte man dort nicht mitmachen.
Du hattest ja schnell keinen Bock mehr…
Kex Kuhl: Ich bin leider zu spät eingestiegen. Das war 2013 und damals war es schon vorbei mit dem VBT. Ich habe das 2012er VBT verpasst. Ich glaube, wenn ich 2012 mitgemacht hätte, wäre das bei mir anders verlaufen. Bei uns in Süddeutschland hat man erst sehr spät mitbekommen, dass es das VBT gab.
Duzoe: In Bayern war Beleidigen erst später erlaubt (lacht). Das VBT hat schon unfassbar Spaß gemacht. Mir hätte es persönlich noch mehr Spaß gemacht, wenn es niemals diesen großen Hype gehabt hätte. Dadurch wurde es anstrengend, denn ich bin kein Typ, der im Privatleben oft angesprochen werden will. Ich will erst recht nicht auf eine Sache beschränkt werden. Ich glaube, dass das der Grund ist, warum so viele Leute nicht mehr darauf angesprochen werden wollen. Natürlich ist das VBT geil. Danke, dass es das gab. Ich konnte mich dadurch in verschiedene Richtungen entwickeln. Ich hätte mir aber diese Millionen Klicks nicht gewünscht. Ich war ein Foren-Kind, damals am Anfang war das noch richtig klein.
Kex Kuhl: In dem Jahr wo ich mitgemacht habe, bist du sogar ausgestiegen.
Duzoe: Ich bin jedes Jahr ausgestiegen. Einmal hatte ich keine Gegner, beziehungsweise diese hatten nichts eingereicht und dann hatte ich kein Bock mehr. Ich stand im Finale und dann hat mich dieser komische Up von Rappers.in angerufen, weil ich meinte, dass ich keine Runde mache. Er hat gesagt, dass wir die Frist auch verlängern können. Da dachte ich mir: Du zinkst das Ding gerade. Da hatte ich kein Bock drauf. Es gab immer intern Probleme, die kamen nie von draußen. Ich wollte niemandem auf die Füße treten, aber ich hatte oft Stress mit den Veranstaltern. Da kommen wir wieder auf die Vertrauenssache zu sprechen. Leute haben Sachen gesagt und gemacht, die ich nicht cool finde. Trotzdem hat man gesehen, dass man darüber was erreichen kann, deswegen habe ich auch immer wieder mitgemacht. Natürlich ging es auch irgendwo um Geld.
Hast du damit viel Geld verdienen können? Die Reichweiten waren ja riesig.
Duzoe: Für mich nebenbei schon, aber ich habe das Geld vom Merch wieder verloren, weil mein Vertrieb insolvent gegangen ist. Da habe ich 15.000 Euro verloren. Ich habe das bei denen gelassen, weil ich es nicht bei mir haben wollte. Deren Steuerberater hat die verarscht und so war mein ganzes Geld weg. Das Geld hat ansonsten für nebenbei gereicht, vor allem wenn man bedenkt, dass ich davor noch nie Geld mit meiner Musik verdient hatte.
Kex Kuhl: Ihr habt auch noch diese VBT-Touren gespielt.
Duzoe, hast du die Haltung, dass du nicht im Rampenlicht stehen willst, bis heute beibehalten? Betrifft das dein heutiges Schaffen?
Duzoe: Ich war schon immer nicht so selbstsicher. Selbstbewusstsein ist nicht unbedingt meine größte Stärke. Im Internet war es halt geil, dass du dich als irgendwas präsentieren konntest. Die Leute haben zwar was geschrieben, aber das hat mich nicht gejuckt. Im echten Leben damit konfrontiert zu werden, war für mich früher eine richtig ekelhafte Sache. Ich kam damit nicht klar, dass Leute mich angesprochen haben. Ich wollte auch kein Gespräch mit denen. Mittlerweile gehe ich aber viel offener damit um. Wenn mir jemand nicht passt auf der Straße, sage ich ihm das. Meine Musik handelt ja auch davon, dass ich überfordert bin. Im Internet konntest du dich selbst darstellen, aber irgendwann wird es zu deiner Realität. Alle dachten, dass ich ein Großmaul sei. Ich hätte mich auch draußen als Großmaul präsentieren müssen, aber das mochte ich nicht.
Das hat ja auch mit Authentizität zu tun. Du hättest auch sagen, dass du richtig reich bist und die Leute hätten es geglaubt.
Kex Kuhl: Die Leute haben sogar geglaubt, dass Duzoe Krebs hat. Alle dachten auch, dass Punch Arogunz blind ist, nur weil er weiße Kontaktlinsen drin hatte.
Kex, wie war es für dich?
Kex Kuhl: Für mich war es eigentlich entspannt. Das hat damals viel zu meinem Bekanntheitsgrad beigetragen. Ich habe da mitgemacht und auf einmal hieß es: Ey, du bist doch Kex Kuhl. Nachdem VBT hat mich jeder, den ich aus Augsburg kannte, angeschrieben. Ich habe zu der Zeit auch gerade angefangen, Film zu studieren und das hat mir super in die Karten gespielt. Ich hatte immer Equipment und jemanden, der filmt. Ich bin einfach in die Uni gegangen und habe dort gedreht. Ich habe jeden Raum ausgeschlachtet, der dort zu finden war.
Kennt ihr euch alle durch das VBT?
Kex Kuhl: Ja, ich habe Duzoe damals angeschrieben und er hat gesagt: Du bist doch der Typ mit den zu engen Hosen.
Duzoe: Stimmt. Ich meinte zu ihm: Du trägst doch immer viel zu enge Hosen, was ist denn los mit dir?
Das war genau die Zeit, als Hipster vogelfrei waren…
Kex Kuhl: …und ich der Typ mit den engsten Hosen im Turnier war. Ich habe halt schöne, lange und muskulöse Beine.
Duzoe: Also Taha hat mich zuerst angeschrieben und ich habe damals schon auf Beats von John gerappt, weil er bei Rappers.in Dubstep-Beats hochgeladen hat. Wir hatten zwar keinen Kontakt, aber ich habe seinen Beat gepickt. Ich habe John erst richtig persönlich kennengelernt, als ich über ein Wochenende spontan nach Hamburg gezogen bin. Ich habe ihn angerufen und ihn gefragt, ob ich bei ihm schlafen kann. Dadurch, dass ich praktisch in Johns Zimmer gezogen bin, ist quasi ODMGDIA entstanden.
Die Musik von ODMGDIA, also John und dir, unterscheidet sich stark von deinen Soloprojekten. Wie kommt das?
Duzoe: Wenn wir zusammen sind, lachen wir mehr als wenn jeder seine eigene Solomusik macht. Wenn ich alleine Musik mache, ist nur mein Kopf da und der ist dann auch mal etwas trauriger. Wenn der mit John zusammenarbeitet, wird der wütend. Nicht wegen John, aber weil wir einfach Arschlöcher sind und uns gerne über böse Sachen unterhalte. Ich glaube nicht, dass ich immer derselbe Mensch bin. Es ist der Situation, der Umgebung und der Emotion geschuldet. Das ist alles sehr ausschlaggebend für mich. Ich kann dir lachend in die Fresse hauen, aber im anderen Moment zuhause sitzen und darüber heulen, was ich für ein schlechter Mensch bin. Manchmal bin ich der netteste Mensch der Welt und manchmal ist es eben direkt umgekehrt.
Liegt da eine bestimmte Diagnose vor oder sind das deine Beobachtungen?
Duzoe: Die Diagnose war, dass ich eine schwere Depression ohne Psychose habe. Mehr habe ich nicht machen lassen. Danach habe ich aufgehört, zum Arzt zu gehen. Ich habe die Tabletten nicht genommen und dafür gekifft, um damit klarzukommen. Das ist alles sehr kompliziert, Taha kennt sich auch aus damit…
Kex Kuhl: Ich bin gerade dabei die Tabletten abzusetzen und das ist sehr anstrengend. Dass Duzoe die nicht genommen hat, war glaube ich sehr gut. Es ist aber generell in unserem Freundeskreis so. Ich habe wenig Freunde, die keine psychischen Probleme haben.
Glaubst du, dass das ein Phänomen der heutigen Zeit ist?
Kex Kuhl: Wenn du heute 20 bist, hast du nicht denselben Scheiß erlebt, den wir damals erlebt haben. Die Jugendlichen sind nicht mehr so oft draußen und gehen in keine Sportclubs mehr. Es wird sich nicht mehr sportlich betätigt und jeder scrollt nur noch seinen Twitter-Feed durch. Du vergleichst dich mit Leuten, die oft nicht das sind, was sie darstellen. Das beste Beispiel ist Shindy, der in einem Flugzeug von Ryan Air gesehen wird. Oder Kollegah, den man bei Lidl einkaufen gehen sieht. Die Jugendlichen kommen mit sich nicht klar und so entsteht das. Meine Angststörung wurde aber zum Beispiel vererbt, meine Mum und mein Dad haben das auch. Viele Traumata kommen bei mir aus der Kindheit, das habe ich ja schon oft breitgetreten. Die Zeit spielt aber heutzutage eben auch mit rein. Durch meinen Twitter- und Instagram-Grind bekomme ich heutzutage viel mehr schlechte Sachen mit. Früher konnte ich nicht mal kurz Hanau eingeben und sehen, dass die Hälfte der Leute, die darüber schreiben, Hurensöhne sind.
Duzoe: Ich könnte darüber stundenlang reden, denn es ist schließlich mein Job. Ich arbeite in einer Jugendhilfe. Bei mir liegt es persönlich hauptsächlich an der Scheiße, die ich erlebt habe, während ich groß geworden bin. Im Jugendalter kann das Internet, aber auch jede andere Sache, ein Faktor sein. Du kannst sowas nicht verallgemeinern. Diesen Monolog sollte ich aber vielleicht bei Markus Lanz führen, während Bushido neben mir sitzt.
Meinst du, dass das ein fruchtbarer Boden dafür ist?
Duzoe: Ich glaube, dass sich vieles gewandelt hat. Das Internet ist riesig geworden und du kannst dir alle Infos besorgen. Viele besorgen sich dann gar keine Infos mehr und schaffen sich ab. Du kannst in so etwas reingeraten, ganz egal, was für einen Weg du gehst. Bei mir war es so, dass ich mich früher als Arschloch gegeben habe und daraus habe ich viel gelernt.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Skinny
Transkript: Lukas Breit